Pfahlbauprojekts von FWF und ÖNB

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big>Ruttkay 1995, Elisabeth: Neue Hoffnungen. Das Pfahlbauprojekt vom Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung und der Österreichischen Nationalbank. Arche, Zs. f. Geschichte und Archäologie in OÖ, Heft 10, 1995:18–19.


Das Pfahlbauprojekt entstand einerseits, um die bereits laufenden Forschungsarbeiten der Abteilung für Bodendenkmale des Bundesdenkmalamtes im Pfahlbaubereiche, mit Schwerpunkt auf den Pfahlbaustationen in den Salzkammergut-Seen unter der Leitung von J. Offenberger, zu unterstützen, andererseits, um das vorhandene umfangreiche Fundgut der Stationen mit modernen Methoden zu archivieren. Initiator des interdisziplinären Pfahlbauprojektes war Univ.-Prof. Dr. Herwig Friesinger. Vorab waren nur Archivarbeiten vorgesehen.

Das Bundesdenkmalamt entschloß sich bereits 1970 zu einer Rettungsaktion der in den Seeufern noch vorhandenen gefährdeten Denkmälern. Zu Beginn sollte eine Bestandsaufnahme erstellt werden. Die damalige Leiterin der Abteilung Bodendenkmale, Dr. Gertrud Moßler, hatte sich bereits früher als Pfahlbauforscherin bewährt. Sie leitete am Anfang der 50er Jahre die ersten interdisziplinären Pfahlbauuntersuchungen in den österreichischen Seen, namentlich im Keutschachersee, Kärnten (Moßler 1954). Erst nach etwa 30 Jahren konnte Johann Offenberger eine von den Naturwissenschaften unterstützte Forschung in den Salzkammergut-Seen wieder einleiten.

Die Bestandaufnahme des Bundesdenkmalamtes mit Hilfe des Union Tauchclubs Wels konnte mit großem Erfolg verwirklicht werden (Offenberger 1986). Berichte von Karl Czech, dem Leiter des Tauchclubs, sind in den Fundberichten aus Österreich kontinuierlich erschienen. Anfang der 80er Jahre kam es dann zu einer intensivierten Geländetätigkeit in der Station See/Mondsee, wobei neben einer Detailvermessung auch ein Suchschnitt eröffnet wurde. Bei diesen Aktivitäten wurden Sedimentproben und Proben von Siedlungsholz entnommen. Dieses für die Paläobotanik und Xylotomie vorbereitete Untersuchungsmaterial auszuwerten, bildete eine der wichtigsten Aufgaben des Pfahlbauprojektes. Dr. Otto Cichocki versuchte neben Holzartenbestimmung auch Siedlungsstrukturen für die Station See zu erfassen. Mag. Barbara Pawlik bestimmte die botanischen Großreste der Sedimentproben. Beide Botaniker waren im Projekt 5 Jahre lang tätig. Für die prähistorische Archäologie standen zwei, gelegentlich drei halbe Akademikerposten zur Verfügung.

Dr. Michaela Lochner, Dr. Walpurga Antl-Weiser und Mag. Jörg Obereder waren mehrere Jahre, Dr. Annaluisa Pedrotti und Dr. Veronika Holzer waren je für ein Jahr in das Projekt eingebunden. Im letzten Jahr konnte Mag. Christian Schappelwein als Mitarbeiter gewonnen werden. Das Projekt wurde 4 Jahre lang vom Fonds zur Förderung der Wissenschaftlichen Forschung und im letzten Jahr vom Jubiläumsfonds der Österreichischen Nationalbank gefördert. Zwei Botaniker und zwei Archäologen waren die ständigen Projektmitglieder. Spezielle naturwissenschaftliche Aufgaben wurden von Dr. Ernst Pernicka, Max-Plank-Institut Heidelberg (Archäometallurgie) und Dr. Gerhard Niedermayr, Naturhistorisches Museum Wien - Mineralogische Abteilung (Paläopetrographie) übernommen. Dr. Erich Pucher (Archäozoologische Sammlung) bestimmte die neu zutage geförderten Tierknochen aus der Station See/Mondsee. Sein Beitrag ist bereits in Druck.

Am Anfang des Projektes war die primäre Aufgabe der prähistorischen Archäologie die Bestandsaufnahme aller Funde der Pfahlbausiedlungen. Obwohl international seit über 100 Jahren Gegenstand der Forschung, wurden bisher erst zwei monographische Bearbeitungen der Mond- und Atterseestationen publiziert. Diese entsprachen dem damaligen Forschungs- und Publikationsstand (Franz und Weninger 1927), Willvonseder 1963-68).

Im Rahmen des Projektes wurde die systematische Erfassung aller Pfahlbaufunde angestrebt, nach einheitlichen Richtlinien in Formblättern beschrieben, in Bleistift- und Tuschzeichnungen dargestellt, und diese Informationen im Computer gespeichert.

Im Laufe der Arbeiten wurde klar, daß mit einer Archivierung nur die Hälfte der notwendigen Leistung erbracht werden kann. So entstand eine Umstrukturierung, die neben der Bestandsaufnahme auch die Vorlage der Funde vorsah. Das bedeutet die Aufnahme und Publikation aller rund 8.000 bis 10.000 Funde. Der zu Projektbeginn nur schätzbare Umfang der tatsächlich vorhandenen Funde ergab, daß zwar ein Großteil der Arbeit verwirklicht werden konnte, jedoch eine Fülle, besonders der Atterseefunde, noch offen blieb.

Die Mondsee-Stationen (See, Scharfling, Mooswinkel) wurden komplett bis auf die Altfunde der Muchsammlung, die in einer Wiener Dissertation von Margit Bachner untersucht werden, erfaßt. Die Keramikfunde der Grabung von Johann Offenberger und von Walter Kunze sind als Katalog vorgelegt worden bzw. befinden sich noch in Druck. Im fortgeschrittenen Zustand sind weitere Manuskripte: Walpurga Antl-Weiser: Die Silices der Station Mondsee (über 2000 Stücke), Veronika Holzer: Die Schnüre und Geflechte der Station Mondsee. Ernst Pernicka und Jörg Obereder bearbeiteten die Metallfunde aus Kupfer und Bronze aller Stationen. Es wurden über 70 Neutronenanalysen erstellt. Ein Kurzbericht ist bereits erschienen (Obereder, Pernicka, Ruttkay 1993). Dieses Manuskript wird noch bearbeitet. Die monographische Bearbeitung der Attersee-Stationen wurde mit der Aufnahme einschlägiger Funde von der Station Misling und Seewalchen begonnen. Es liegen bereits die Tuschzeichnungen und computermäßig erfaßten Kataloge aller Funde vor. Die Aufarbeitung von Misling durch Veronika Holzer ist fast fertig. In der Zukunft sollen die Station Weyregg und Attersee und die neuentdeckten Stationen (Abtsdorf 1, 2 und 3, Aufham 2, Kammer, Litzlberg, Litzlberg Nord 1 und 2, Nußdorf), die aber kein umfangreiches Fundgut besitzen, aufgearbeitet werden. Die Berichte erscheinen in den Mitteilungen der Prähistorischen Kommission der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.

Das Projekt wurde in der Prähistorischen Abteilung des Naturhistorischen Museums angesiedelt. Die Direktoren dieser Abteilung, Hofrat Dr. Wilhelm Angeli und Dr. Fritz Eckhart Barth, unterstützten die Bemühungen des Projektes mit Arbeitsplätzen und allerlei anfallenden Hilfeleistungen wie z.B. dem Transport der zur Bearbeitung vorgesehenen Funde aus regionalen Museen. Auch Dr. Walter Kunze, Direktor des Mondseemuseums, stand immer mit Hilfe und Wohlwollen dem Projekt gegenüber. Diesen Herren, dem Fonds zur Förderung der Wissenschaftlichen Forschung und dem Jubiläumsfonds der Österreichischen Nationalbank fühlt sich die Projektleiterin zu aufrichtigem Dank verpflichtet.

Literatur:

Franz, Weninger 1927: Leonhard Franz und Josef Weninger, Die Funde aus den prähistorischen Pfahlbauten im Mondsee, Materialien zur Urgeschichte Österreichs 3, 1927.

Obereder, Pernicka, Ruttkay, 1993: Jörg Obereder, Ernst Pernicka, Elisabeth Ruttkay, Die Metallfunde und die Metallurgie der kupferzeitlichen Mondseegruppe – ein Vorbericht. Archäologie Österreichs 4/2, 1993, 3 ff.

Offenberger 1986: Johann Offenberger, Pfahlbauten, Feuchtbodensiedlungen und Packwerke – Bodendenkmale in einer modernen Umwelt, Archaeologia Austriaca 70, 1986, 205 ff.

Moßler 1954: Gertrud Moßler, Neues zum vorgeschichtlichen Pfahlbau im Keutschacher See, Beiträge zur älteren europäischen Kulturgeschichte, Festschrift Rudolf Egger 3, 1954, 76 ff.

Willvonseder 1963/68: Kurt Willvonseder, Die jungsteinzeitlichen und bronzezeitlichen Pfahlbauten der Attersees in Oberösterreich, Mitteilungen der Prähistorischen Kommission der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 11/12, 1963/1968.