Die ersten Tauchgrabungen, Fundbergungen und Restaurierungen

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Exzerpt aus Kunze 1972, Walter.: Pfahlbauten am Mondsee. Prähistorie und Archäologie in OÖ; Kulturzeitschrift OÖ 1972/73, Linz, Oberösterreichischer Landesverlag. S. 3–5.

Eine Wiederaufnahme der Pfahlbauuntersuchungen am Mondsee brachte das Jahr 1960. Dem Heimatmuseum Mondsee stellte sich aus eigenem Antrieb eine Tauchergruppe aus Salzburg zur Verfügung. Das Entgegenkommen der Graf Almeidaschen Gutsverwaltung als Seebesitzer und von Frau Cäcilia Reich., der Wirtin des Gasthofes See als Besitzerin der angrenzenden Seegründe, ermöglichte die Wiederaufnahme der Fundbergungen in der Pfahlbaustation See. Dem Verfasser als Leiter des Unternehmens schwebte zunächst vor, eine Ausgangsgrundlage für eingehende Unterwasseruntersuchungen zu schaffen, Erfahrungen zu gewinnen und vor allem Funde zu bergen, um im Rahmen des Heimatmuseums eine Pfahlbausammlung aufzubauen und damit eine möglichst umfassende Vorstellung von der Pfahlbaukultur am Mondsee vermitteln zu können. Als Rahmen für die Arbeiten wurde ins Auge gefasst: Feststellung des genauen Umfanges der Pfahlbausiedlung See, Klarheit über die allgemeine Beschaffenheit des Seebodens und des Reliefs im Bereich des Pfahlfeldes, Gewinnung von Hinweisen über Siedlungs- und Hausform, Erkundung von Vermessungsmöglichkeiten unter Wasser und vor allem Bergung von Funden; als ferneres Ziel galt die Untersuchung des gesamten Mondsees nach weiteren Pfahlbauten.

Die technische Ausrüstung der Taucher bestand aus Pressluft-Rückengeräten, Nasstauchanzügen und dem üblichen Zubehör für Taucharbeiten. Am Ufer wurde ein Kompressor stationiert. Die Taucher kampierten 1960 in der Hauptsache in Zelten in nächster Nähe der Tauchstelle.

Die Fundbergung brachte mit Hilfe der Taucher ein umfangreiches Material zutage. Gearbeitet wurde im ersten Jahr von einem Trauner aus, einem am Mondsee üblichen Flachboot. Dieses wurde über dem Pfahlfeld verankert und war Stützpunkt, Transportmittel und Arbeitsplatz zugleich.

Die Funde stecken in der sogenannten Kulturschicht, einer über dem festen Seeboden lagernden, in der Hauptsache aus Schlamm und verschiedenen Abfällen organischer Herkunft bestehenden, im Durchschnitt einen halben Meter dicken Schicht. Es gilt, diese im geplanten Platz abzuheben und an die Wasseroberfläche zu befördern. Das Abheben erfolgte mit der bloßen Hand, um etwaige Funde nicht zu beschädigen. Diese Arbeit wird dadurch erschwert, dass mit dem Berühren der Kulturschicht die Sicht durch Wassertrübung vollkommen genommen wird und die Taucher ausschließlich auf ihr Tastgefühl angewiesen sind. Für das Bergen des Materials wurden Kistchen mit Siebboden verwendet. Im gefüllten Zustand wurden sie von den Tauchern schwimmend an die Oberfläche befördert und in das Boot entleert. Daran schloss sich am Ufer das Sieben des geborgenen Materials. Auf die Erfahrungen des ersten Jahres aufbauend, konnte im Jahr 1961 die Bergungstechnik verbessert werden. Als Stützpunkt über dem Wasser wurde ein Floß gebaut, dessen mittlerer Teil gegen die Wasseroberfläche zu offen war. Darüber wurde eine Kurbelwinde befestigt, die für das Hochziehen der unter Wasser gefüllten Siebkisten diente. Um für die Arbeit unter Wasser beweglicher zu sein, verwendeten die Taucher das sogenannte Nargilé-Gerät. Auf dem Floß war hierzu eine große Pressluftflasche gelagert, von der eine lange Schlauchleitung zum Atmungsgerät des Tauchers führte. Um eine Kiste unter Wasser zu füllen bedurfte es im Durchschnitt der Arbeit einer halben Stunde. Nach dem Heraufwinden der gefüllten Kiste folgte auf dem Floß die Siebarbeit. Hier galt es, auf kleinste Spuren zu achten und genau zu sortieren. Ein wichtiges Hilfsmittel für die Unterwasser-Archäologie ist heute allgemein die Unterwasserkamera. Sie ermöglicht Aufnahmen des Pfahlfeldes, das Festhalten der Fundverhältnisse und der Beschaffenheit des Grabungsbereiches und zeigt untrüglich auf, was früher unter Wasser im Dunkeln blieb. Der Einsatz der Taucher ermöglichte eine genaue Untersuchung des Pfahlfeldes hinsichtlich seiner Ausdehnung und der Beschaffenheit der Pfähle. Sie ragen verschieden lang aus dem Seeboden, im Durchschnitt einen halben Meter; manche ragen nur gering aus der Kulturschicht heraus, und andere sind zur Gänze darunter verborgen. Der im Wasser steckende Teil besitzt eine gewisse Härte, das im Boden verankerte Holz ist weicher. Der Durchmesser der Pfähle beträgt zwischen 10 und 25 cm. Sie stehen scheinbar ungeordnet nebeneinander – wie beiläufig eingerammt. Bisher ist es nicht gelungen, daraus Hausgrundrisse zu erkennen. Aus dem Seeboden gezogene Pfähle ließen an ihrer Spitze deutlich die Schlagspuren der Steinwerkzeuge erkennen.

Die in den Jahren 1962 und 1963 vom Heimatmuseum Mondsee fortgesetzten Grabungen durch Taucher in der Station See brachten ebenfalls eine reiche Ausbeute. Die vielen Bruchstücke von Gefäßen, es handelt sich um etliche tausend, wurden in Kistchen verstaut und in die vom Heimatmuseum eingerichtete Restaurierwerkstätte transportiert, wo Oberlehrer i. R. Karl Fornather jahrelang sich der überaus mühsamen Arbeit des Zusammensetzens der Bruchstücke unterzog. Restaurierbar ist ein Gefäß nur dann, wenn es als Ganzes in seiner Form gesichert erscheint. Das Profil vom Boden bis zum Mundstück muss lückenlos vorhanden sein. Liegen im allgemeinen bei einer Landgrabung die Teile eines zerbrochenen Gefäßes nahe beisammen, so sind sie auf dem Seeboden oft weit verstreut und wurden in der Kulturschicht durch mancherlei Einflüsse umgelagert. Durch die Taucher kamen hier erstmals Gefäße von einer Größe, allerdings in zerbrochenem Zustand, zutage, wie sie bis dahin in Pfahlbausiedlungen Österreichs noch nicht geborgen worden sind. Es handelt sich vermutlich um eine Art von Vorratsgefäßen, mit einer Höhe von 40 bis 50 cm.

An das Restaurieren schloss sich das Inventarisieren. Jedes Gefäß wurde vermessen, in seiner Größe und Form festgehalten und schließlich auch photographiert. Anschließend wurden die Funde der Pfahlbausammlung des Heimatmuseums Mondsee eingeordnet.

Dass Restaurieren auch ein spannendes Abenteuer sein kann, zeigt die Geschichte des Wiedererstehens des größten der gefundenen „Vorratsgefäße“. Wesentliche Bruchstücke dieses dickwandigen Gefäßes waren bei den Taucharbeiten eines Sommers gefunden worden. Der Bestand reichte aber nicht aus, um es in seiner ganzen Form wiedererstehen zu lassen. Am Profil fehlte das obere Ende – das Mundstück. Bei den Grabungen im folgenden Jahr wurde durch einen glücklichen Zufall in der Wirrnis der Kulturschicht das fehlende Stück gefunden. Nun konnte das Gefäß in seiner ursprünglichen Form rekonstruiert werden.

Von den Pfahlbauuntersuchungen 1960 bis 1963 am Mondsee wurde unter dem Titel „Jahrtausende tauchen aus den Fluten“ ein Film hergestellt. Darin wurden die Grabungsarbeiten unter Wasser, das Bergen von Funden, die verschiedenen Bergungsmethoden, das Pfahlfeld in der Station See und die Restaurierungsarbeit festgehalten und wird schließlich versucht, die Mondseekultur an Hand der geborgenen Funde lebendig werden zu lassen.