Die Eiszeiten in den nördlichen Ostalpen.

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Die Eiszeiten in den nördlichen Ostalpen

Penck, Albrecht: → Die Alpen im Eiszeitalter. Erster Band: Die Eiszeiten in den nördlichen Ostalpen. Leipzig 1909. 420 Seiten.

Die Moränengürtel des Attersees

Die Jung-Endmoränen heben sich morphologisch deutlich hervor. Von Schörfling an, wo sie sich an den Abfall des Häfelberges schmiegen, umschlingen sie das Nordende des Attersees und ziehen sich in weitem Bogen über Kemating zum Buchberge am Westufer des Sees. Am Nordabfalle dieses Inselberges erheben sie sich bereits auf 640 m; zwischen ihm und den zusammenhängenden Erhebungen auf der Westseite des Sees stülpen sie sich weit nach Nordwesten bis an die Dürre Ager hin aus. Treffen wir bei Schörfling nur auf einen Moränenwall von 520 m Höhe, so zählen wir in dieser Bucht deren sechs, und einzelne ihrer Kuppen erheben sich auf 600 m Höhe. Auf der Südseite der Ausbiegung aber steigen sie bis 680 m an. Da der angrenzende See sich bis auf 340 m Meereshöhe herabsenkt, so haben wir uns über dem nördlichen Attersee einen mindestens 340 m mächtigen Gletscher zu denken. Weiter südlich scheinen die Moränen die Wasserscheide zwischen Dexelbach und Wangauer Ache zu bilden; wenigstens verzeichnet hier die Gebietsaufnahme moränenartig verlaufende Wälle, die, auf 760 m ansteigend, den benachbarten Seegrund um 450 m überragen. Endlich treffen wir südlich vom See, rund 20 km von seinem Nordende, auf der Ostseite des Schafberges im Bereiche der Eisenauer Alm deutliche Ufermoränen in beinahe 1000 m Meereshöhe. Hiernach ergibt sich ein mittleres Oberflächengefälle des Attersee-Gletschers von 2,5 %, und es dürfte die Eismächtigkeit im südlichen, 171 m tiefen Seebecken 650 m überschritten haben. So war es denn ein sehr stattlicher Gletscher, der den Attersee erfüllte. Die Wannentiefe ist durchschnittlich rund ein Drittel seiner Dicke.

Der Attersee ist ein inneralpines Zungenbecken; er ragt nirgends über die Flyschzone heraus; im Süden reicht er gerade an die steilen Abstürze des Kalkgebirges heran. Sie erstrecken sich hier auf seiner Ostseite etwas weiter nach Norden als auf seinem Westufer. Am Abfalle des Kalkgebirges haben die meisten Seitenthäler deutliche Stufenmündungen, nur das Außerweissenbach-Tal mündet gleichsohlig; Burggraben und Klausbach winden sich in engen Klammen zu ihm herab; ihre Talböden brechen in fast 200 m Höhe über seinem Spiegel ab. Auch die Flyschtäler münden nicht gleichsohlig; alle ihre Gerinne haben im Unterlaufe eine Strecke relativ stärkeren Gefälles, als im Mittellaufe, doch treten bei der Weichheit der Bergformen die Stufenmündungen weniger auffällig entgegen. Unverkennbar ist ferner der Abfall einiger Flyschberge gegen den See hin steiler als sonst. Die Spezial-Karte zeigt dies namentlich bei Seeleithen, Nußdorf und am Abfalle des Gahberges nördlich Weyregg. Auch erweitert sich das See-Tal nach Norden trichterförmig. Inmitten des stattlichen Mündungstrichters erhebt sich der Inselberg des Buchberges wie ein Pfeiler, an dem sich die Zunge der letzten Vergletscherung und mutmaßlich auch die der Riß-Eiszeit spaltete.

Irrsee und Mondsee

Die Moränenablagerung nördlich des Irrsees spielt die Rolle eines Wasserteilers. Sie wird zwar von einer sichtlich vom Wasser ausgestalteten Talung durchsetzt, die sich nur 9–10 m über den Spiegel des Irrsees erhebt, so fließt dieser doch nach Süden zum Mondsee hin ab. Wir haben also wieder im Gletschergebiete das auffällige Phänomen einer alpeneinwärts gerichteten Entwässerung vor uns. Es wird in erster Linie durch neuere Moränenanhäufung bedingt; denn bereits bei Straßwalchen, 7 km vom Irrsee, liegt die von Niederterrassenschottern hoch aufgeschüttete Sohle des Mattigtales im Niveau von dessen Boden. Denken wir uns Moränen und Schotter weggenommen, so fließt der See nach Norden ab und verschwindet vielleicht gänzlich. Wenn aber eine solch unbedeutende eiszeitliche Aufschüttung genügen konnte, um eine ganz außergewöhnliche Richtung des Abflusses zu verursachen, so war dies nur möglich infolge des Umstandes, dass wir südlich vom lrrsee tieferes Gelände finden. 5 km von ihm erstreckt sich in nur 479 m Meereshöhe der 6S m tiefe Mondsee. Es sind Moränen, die sich zwischen beide Seen schalten. Ist der Irrsee wahrscheinlich nichts anderes als eine von Moränen aufgedämmte Talstrecke, so spielt der Mondsee die Rolle des in festes Gestein eingesenkten Zungenbeckens. Er liegt dort, wo das Eis des großen alten Traungletschers sich teilte, um einen Arm im Tal des Irrsees nach Norden zum Alpenvorland und einen zweiten in die breite Furche des Thalgaues an der Griesler Ache längs der Grenze von Kalk- und Flyschzone nach Westen zu entsenden. Er findet seinen Ausfluss in keiner von den beiden Richtungen, nach welchen das Eis hinfloss, sondern in der, von welcher es mutmaßlich teilweise kam, nämlich zwischen Flysch- und Kalkzone zum Attersee. Es sind hier zwei Zungenbecken im Innern des Gebirges ausgiebig gegeneinander geöffnet, und zwar längs einer durch den Gebirgsbau vorgezeichneten Linie. Zwischen das Mondsee-Irrsee- und das Atterseetal schaltet sich das der Dürren Ager ein. Seine oberste Strecke ist ihm entfremdet und wird als Wangauer Tal zentripetal zum Mondsee entwässert. Die Geländedarstellung der Gebietsaufnahme lässt keinen Zweifel darüber, dass die Wasserscheide zwischen beiden Tälern bei Großenschwand den Jung-Endmoränen angehört, welche also auch hier eine alpeneinwärts gerichtete Entwässerung zur Folge haben.

Fuschlsee und Wolfgangsee

Neben dem vom Mondsee ausgehenden, an der Griesler Ache aufwärts reichenden Zweig hat der Traungletscher noch einen zweiten nach Westen entsendet, nämlich in der Richtung des Ischltals über den Fuschlsee hinaus, an dessen Ufern das Eis nach noch bis 900 m reichte. Beide nach Westen gerichtete Arme stießen, einander berührend, mit dem von Westen kommenden Salzachgletscher zusammen. Das Grenzgebiet ist durch die außerordentlich mächtigen Moränenablagerungen bezeichnet. Sie dürften es sein, welche das Tal des 67 m tiefen Fuschlsees absperren und diesen aufstauen. Sein Abfluss schneidet nirgends das feste Gestein an. Es ist die Griesler Ache, die ihm in der Richtung nach Westen entströmt, dann aber nach Osten umbiegt, um den Mondsee zu erreichen. Sie bleibt durchweg innerhalb der jüngsten Moränen des alten Traungletschers; auch hier bilden die Jung-Endmoränen, wie am Irrsee, die Wasserscheide zwischen Salzach und Traun.

Der Fuschlsee wird vom Ischltal durch einen felsigen Riegel getrennt und auf diesen legen sich unweit St. Gilgen neuerlich Endmoränen. Sie umrahmen das Westende des Wolfgangsees, der sich in der obersten Partie des Ischltals erstreckt. Man hat hier, wie es scheint, ein ähnliches Verhältnis vor sich, wie zwischen Irrsee und Mondsee; es tritt in der nicht unbeträchtlichen Entfernung von 9 – 12 km von der Grenze der Jung-Endmoränen noch ein Moränenzug auf; staut der Hauptzug der Jung-Endmoränen den Irrsee und Fuschlsee auf, so umrahmt der innere Zug das Gebiet des eigentlichen Zungenbeckens, des Mondsee dort und des Wolfgangsees hier. Ganz im Bereiche der Kalkalpen gelegen, trägt das Tal des letzteren alle Merkmale der Übertiefung. Seine Zuflüsse haben Stufenmündungen, so vor allem der vom Schafberg kommende Dittelbach und der gegenüber mündende Zinkenbach; beide führen in tiefen Klammen zu ihm herab und an beiden hebt sich eine Stufenfläche in 650–650 m Höhe hervor, während sich der Seeboden bis unter 380 m Meereshöhe erstreckt, also rund 300 m tiefer liegt. Der See wird gleichfalls alpeneinwärts entwässert: in ostsüdöstlicher Richtung fließt die Ischl zur Traun. Seine größte Tiefe beträgt 114 m und er ist der Hauptsache nach Felswanne.