„Salzkammergut-Zeitung" am 23. Jänner 1936

Aus atterpedia
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Verabschiedung von Dora Kottulinsky von St. Georgen in: → „Salzkammergut-Zeitung", 23. Jänner 1936, Seite 14


Zum Ableben der Gräfin Theodora Kottulinsky.

St. Georgen i. A. 19. Jänner 1936.

An den Folgen einer Lungenentzündung starb am 16. Jänner um 19.30 Uhr in Salzburg Exzellenz Gräfin Theodora Kottulinsky geb. Freiin Mayer von Melnhof, geheime Ratswitwe, Dame des Elisabethordens 1. Kl., Ehrenbürgerin von St. Georgen im Attergau, Unterach, Eggenberg u. Neudau in Steiermark, nach Empfang der hl. Sakramente im 79. Lebensjahre. Samstag den 17. d. um ½ ll Uhr vormittags fand die erste feierliche Einsegnung in der Wohnung in Salzburg, Karolinenplatz 4, statt. Um ½ 3 Uhr nachmittags kam das Leichenauto mit der Toten in ihrem Lieblingsaufenthalt Schloß Kogl an. Eine halbe Stunde vor ihrem Sterben beauftragte sie ihren Chauffeur, das Auto zu richten, mit den Worten: „Einmal möchte ich noch Kogl sehen". Unter den Klängen der Kirchenglocken St. Georgens trugen die Förster die geliebte Herrin in die Schloßkapelle.

Hunderte von Personen umsäumten die Zufahrtsstraßen. „Jung-Vaterland", Reichsbund, Heimatschützer, Kriegsbündler, Veteranen, Förster und Feuerwehrleute hielten Ehrenwache an der Bahre der Toten und mit den Anverwandten stehen in Trauer ergriffen die vielen, die der verehrungswürdigen Frau nahe gestanden sind und der überaus große Kreis derer, denen sie Gutes erwiesen hat.

St. Georgen verliert in ihr die größte Wohltäterin, die im Wohltun ihr schönstes Lebensziel sah. Gräfin Kottulinsky, eine geborene Freiin Mayer von Melnhof (Tochter des bekannten steirischen Großgrundbesitzers) wurde am 29. Dezember 1867 in Leoben geboren und vermählte sich am 16. Jänner 1884 mit Adalbert Bonifatius Kottulinsky, der im Jahre 1905 infolge Lungenentzündung auf Schloß Neubau starb. Da die Ehe kinderlos blieb, wurde der Sproß aus dem gräflichen Hause Dobezensky von Dobezenicz — einem böhmischen Uradel — adoptiert und ihm der Name Kottulinsky gegeben, er ist heute Herr auf Schloß Neudau in Steiermark. Die verstorbene Frau Gräfin bewohnte den Großteil des Jahres ihren Sommersitz Schloß Kogl im Attergau. Sie war Patronatsherrin von St. Georgen, Attersee, Weyregg, Steinbach, Unterach am Attersee, Weissenkirchen bei Frankenmarkt und Neudau in Steiermark. In der Vorkriegszeit hatte sie den Schloßbau, der von ihrem Vater nach Erwerb der alten Burg aus dem Pausingerischen Besitz errichtet worden war, einer Erweiterung unterzogen. Sie ließ die Klosterschule, das Gemeindearmenhaus, das Ortlerhaus und das St.-Johanns-Kirchlein am Ahberg erbauen. Ihre Hauptaufgabe erblickte die Verstorbene in der Ausübung karitativer Werke. Kloster, Wohltätigkeitsinstitute, Gemeindearme, Kranke. Vereine usw. erfuhren regelmäßige Zuwendungen von ihr und wußten, daß sie in allen Nöten auf die Güte der edlen Frau rechnen konnten. Während des großen Weltenringens 1914/18 errichtete sie auf ihrem Besitz Schloß Kogl eine Pflegestätte für verwundete und kranke Krieger. Es gab keinen Anlaß, bei dem Not und Elend zu lindern war, wo sie nicht hilfreich eingriff. Unvergeßlich sind ihre Werke. Bei Bränden schenkte sie den Betroffenen stets das nötige Holz zum Dachstuhl, Kleider, Einrichtungsgegenstände und Lebensmittel. In St. Georgen, Weissenkirchen, Attersee und Abtsdorf errichtete sie das Kriegerdenkmal. Hunderte von Personen und Kinder wurden jedes Jahr von ihr mit Geschenken, bezw. Geldspenden zu Weihnachten beteilt und es war ihre größte Freude, wenn sie erfuhr, wie die Kinderaugen freudig strahlten, ob der vielen Geschenke; gerne wollte sie noch mehr schenken.

Der Abschied.

Sonntag den 18. Jänner vormittags fand die feierliche Ueberführung in die Pfarrkirche Sankt Georgen statt. Nahezu 2000 Personen gaben der toten Wohltäterin das letzte Geleite. Eröffnet wurde der imposante Leichenzug von den Jungvaterland-Gruppen St. Georgen und Attersee, den Schulkindern der Volks- und Klosterschule, der Volksschule Straß mit den Lehrpersonen; diesen folgten die Feuerwehren des Bezirksverbandes 52 mit drei Fahnen und Kreisleiter Schachinger, die Musikkapelle, Heimwehr, der Krieger- und Veteranenverein, der Kriegerbund, die Liedertafel, der Theater- und Geselligkeitsverein „Gmoa Rumpelhausen", die Tischrunde „Unter-Haus", der Kath. Arbeitsbund, die herrschaftlichen Holzarbeiter, der Kath. Burschenverein „D' Attergauer", die Marianische Jungfrauenkongregation, die Katholische Frauenorganisation, die von der Verstorbenen gegründet war, deren Obfrau sie auch durch sechs Jahre war. Es folgten der Kirchenchor, die ehrwürd. Schul- und Krankenschwestern, die Geistlichkeit. Hinter dem Auto mit dem Sarg der teuren Verblichenen, der von Förstern, Holzarbeitern, Kriegerbündlern und Veteranen, die Kränze trugen, flankiert war, schritten tiefgebeugt die Anverwandten, Baronin Marianne Freiin Mayer von Melnhof mit den Kindern, Baron Franz Freiherr von Mayer-Melnhof-Frohnleiten, Graf Kunata Kottulinsky-Neudau, Graf Hans Kottulinsky-Neudau, Exzellenz Baron Lederer-Linz, Graf Ceschy-Meran, Gräfin Göes-Graz, Baron Böller-Wien, Graf Benigni-Gmunden, Graf Ueberaker-Weyregg, Landeshauptmann a. D. Dr. Schlegel, Bezirkshauptmann Regierungsrat Prinz zur Lippe, Bezirkshauptmannstellvertreter Baron Reinlein, Gräfinnen Kuenburg, Forstdirektor Ing. Friedrich Rieger, Medizinalrat Dr. Michael Greil, die Gemeindevertretung St. Georgen mit Bürgermeister Wieneroither, Gemeinde Straß mit Bürgerm. Rödleitner, Pabing mit Bürgermeister Emeder, Berg mit Bürgermeister Kroiß, Eggenberg mit Bürgermeister Hehenfellner, Attersee mit Bürgermeister Scholter, Abtsdorf mit Bürgermeister Lohninger, die Herren Bürgermeister von Unterach, Vöcklamarkt, Weyregg und Steinbach, die Marktkommune-Verwaltung mit Vorstand Edlbacher, Gendarmerie mit Bez.-Inspektor Hollick-Vöcklabruck, Post- und Eisenbahnbeamte, die Vertreter der Raiffeisen- sowie der Handels- und Gewerbekasse, das gesamte Dienstpersonal vom Schloß Kogl und viele andere Trauergäste aus nah und fern.

Herr Geistlicher Rat Pfarrer Franz Blasl zelebrierte unter Assistenz der hochw. Herren Kooperatoren Dachs und Gierlinger ein feierliches Requiem mit Libera. In seiner Ansprache würdigte er die Verdienste der Verstorbenen, die eine vorbildliche Katholikin war, erinnerte an ihre karitativen Werke und nahm in ergreifenden Worten Abschied von ihr, die allen Gutes tat, sich selbst aber am wenigsten gönnte. Unter den Tausenden von Gläubigen blieben wohl wenige Augen trocken. Am Kirchenportal fand nochmals eine feierliche Einsegnung statt und Bürgermeister Hans Wieneroither sowie Bezirkshauptmann Regierungsrat Prinz zur Lippe hielten an die Heimgegangene tiefempfundene Nachrufe. Als zum Gebet geblasen wurde, die Fahnen sich zum letzten Gruß senkten, drei Pöllerschüsse in die Ferne dröhnten, trugen ihre Förster unter dem Geläute der Kirchenglocken ihre tote Herrin zum Auto, das sie nach Neudau zur Beisetzung in die Familiengruft brachte. Und wir alle rufen ihr nach „Habe Dank, Du liebe gute Frau, für alles, alles. Auf Wiederseh'n".