Seewalchen am Attersee: Unterschied zwischen den Versionen

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<big>Ruttkay 2005, E.: Seewalchen am Attersee.</biG – In: Reallexikon Germanischer Altertumskunde Band 28: 68–74. Walter de Gruyter Berlin – New York.
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<big>Ruttkay 2005, E.: Seewalchen am Attersee.</biG> – In: Reallexikon Germanischer Altertumskunde Band 28: 68–74. Walter de Gruyter Berlin – New York.
  
 
Die Funde zeigen eine jungsteinzeitliche Siedlung der Mondsee-Gruppe aus dem 4. Jt. v. Chr. und eine Siedlung der ausgehenden jüngeren Frühbronzezeit um 1650–1500 v. Chr. an.
 
Die Funde zeigen eine jungsteinzeitliche Siedlung der Mondsee-Gruppe aus dem 4. Jt. v. Chr. und eine Siedlung der ausgehenden jüngeren Frühbronzezeit um 1650–1500 v. Chr. an.

Version vom 17. April 2024, 21:18 Uhr

Ruttkay 2005, E.: Seewalchen am Attersee. – In: Reallexikon Germanischer Altertumskunde Band 28: 68–74. Walter de Gruyter Berlin – New York.

Die Funde zeigen eine jungsteinzeitliche Siedlung der Mondsee-Gruppe aus dem 4. Jt. v. Chr. und eine Siedlung der ausgehenden jüngeren Frühbronzezeit um 1650–1500 v. Chr. an.

Die Familie Kropatschek (1909 adoptiert „Wang“) barg viele Fund und verkaufte sie dem NHM, Max Schmidt und dem Heimathaus Vöcklabruck; Wang entdeckte 1903 die Station Seewalchen II, 1904 eine kleine Pfahlsetzung Litzlberg-Süd am Nordrand der Bucht von Oberbuchberg und westlich der Insel Litzlberg sowie zwei Stationen (Misling I und II). Die topographischen Darstellungen von Willvonseder wurden durch die Tauchuntersuchungen des BDA mehrfach korrigiert: die Taucher konnten Seewalchen III als eine kleine eigenständige Pfahlsetzung westlich von Seewalchen II bestätigen.

Einige Objekte der Sammlung Schmidt sind in Willvonseder 1963–68 abgebildet. Die Sammlung umfasste „70 steinerne Flachbeile, 69 durchbohrte Steinhämmer (viele am Stielloch gebrochen), 70 flache, gekrümmte Feuersteinklingen (Messer), 50 Pfeilspitzen, 450 Schlagsteine, 100 Tongefäße und 50 Bronzen. Unter den letzteren kommen besonders kleine Dolchklingen, Angelhaken und charakteristische Schmucknadeln in Betracht“.

1947 wurde die Station erstmals durch die Prähistorische Abteilung des NHM vermessen. Die späteren Taucharbeiten des BDA wurden nicht fertiggestellt. Es liegen keine Umriss- und pfahlgerechte Vermessung vor. Weiters gibt es den Verlust eines Großteils der Funde und das Fehlen von C14-Daten. Trotzdem ist Seewalchen See/Mondsee die zweitwichtigste Station im Salzkammergut, die durch die Funde der ausgehenden jüngeren Früh-Bronzezeit ausgezeichnet ist.

Nach Fundanalyse Willvonseders existierte in Seewalchen ein jungneolithisches Dorf der Mondsee-Gruppe. Die Station lieferte aber auch noch zahlreiche Bronzefunde der jüngeren Früh-Bronzezeit bis in die anfängliche Mittel-Bronzezeit und vereinzelte der Spät-Bronzezeit (Urnenfelderkultur). Dass die früh- bis mittelbronzezeitlichen Funde (vornehmlich Nadeln und Randleistenbeile) evtl. an einer flussnahen Stelle (?) geopfert wurden, kann nicht ausgeschlossen werden. Dies ist um so mehr für Seewalchen zu vermuten, weil nach der Überlieferung die Bronzen an einer bestimmten Stelle des Sees im Bereich von Seewalchen I merklich komprimiert auftraten. Die etwa 20 gut erhaltenen früh- bis mittelbronzezeitlichen Nadeln sprechen eher für einen Ort des Kultes als für ein bronzezeitliches Dorf. Die neuere schweizerische Forschung diskutiert bereits über Pfahlbaubronzen, die früher als Siedlungsabfall gegolten haben und heute eher dem Kreis der Gewässerfunde zugeteilt oder als mögliche kultische Deponierungen innerhalb einer Siedlung angesprochen werden.

Eine frühbronzezeitliche Siedlung könnte auch in Seewalchen existiert haben. Das frühbronzezeitliche Seewalchen gehört in die Übergangsphase BZ A2/B1. Diese bronzezeitlichen Funder der Übergangsphase aus den Pfahlbaustationen der Salzkammergutseen (Keramik und Bronzen) werden in der aktuellen Forschung als Attersee-Gruppe zusammengefasst. Spätbronzezeitliche Keramik ist weder von Seewalchen noch von anderen Stationen des Attersees bekannt. Die spätbronzezeitlichen Funde werden durch vereinzelte Nadeln und ebensolche Lappenbeile vertreten.

Absolutchronologie: Durch die in die Übergangsphase datierten Bronzen wurde Seewalchen von Willvonseder mit der ostschweizerischen Seeufersiedlung am Bodensee, Arbon-Bleiche 2, Kanton Thurgau, in Verbindung gebracht. Dies wurde unlängst durch Hochuli bestätigt. Die etwa gleich alten Rasiermesser vom Typ Padnal, eines aus Seewalchen und zwei weitere aus Graubünden, eines davon samt Gussform, demonstrieren weitere, wohl direktere Verbindungen zwischen der bündnerischen Bronzezeit und Seewalchen, als dies mit Arbon-Bleiche 2 angedeutet war. Durch die West-Beziehung der Seewalchener Bronzen ist die Möglichkeit gegeben, Seewalchen mit der Dendrochronologie für die Früh-Bronzezeit der Ost-Schweiz und Süddeutschland zu datieren. Die jüngere Frühbronzezeit, die durch das Auftreten von gegossenen Bronzen gekennzeichnet ist, liegt zwischen 1800–1550 v. Chr., die ältere Früh-Bronzezeit, vornehmlich durch Gräber mit „Blechbronzen“ charakterisiert, davor. In Süddeutschland entspricht die ältere Früh-Bronzezeit Reinecke A1 und die jüngere Reinecke A2. Die dendrochronologisch datierten Seeufersiedlungen aus der jüngeren Früh-Bronzezeit zeigen eine kontinuierliche Entwicklung, die erst ab 1650 v. Chr. beginnt und bis 1500 v. Chr. verfolgbar ist. Sie überschreitet die Schwelle zur Mittel-Bronzezeit. Diese Zeitspanne (1650–1500 v. Chr.) gilt auch für das frühbronzezeitliche Seewalchen. Für die eponyme jungneolithische Station See/Mondsee besitzen wir vier C14-Daten, die in der Gruppenkalkulation mit 68,2% Wahrscheinlichkeit zwischen 3690 B.C. cal. bis 3370 B. C. cal liegen. Somit schiebt sich ein Hiatus von etwa 1700 Jahren zwischen diese beiden Zeitblöcke. Dasselbe kann auch für die Siedlungstätigkeit am Atterseeufer bei Seewalchen angenommen werden.

Der großräumige identische kulturgeschichtliche Entwicklungsrhythmus der Pfahlbaudörfer an den Voralpenseen wurde bereits mehrfach als Indiz eines übergreifenden Klimageschehens angesprochen.

Ausgewählte Literatur:

K. Czech: Bestandsaufnahme des Unterwasserkulturerbes in den Salzkammergutseen, 9. Bericht, Fundber. aus Österr. 23, 1984:25–29, Abb.1.

Ch. Zindel: Zwei frühe Rasiermesser aus Graubünden. Arch. der Schweiz 2, 1979:78–80.