Petrographischen Untersuchung der prähistorischen Steinwerkzeuge
Niedermayr, Gerhard: Vorläufiger Bericht über die petrographische Untersuchung von prähistorischen Steinwerkzeugen vom Attersee und vom Mondsee, OÖ (NHM; S. 281–282)
Das im folgenden beschriebene Steinmaterial stammt von den Fundstellen Misling/Attersee und Scharfling/Mondsee und wurde mir von Herrn J. Offenberger, Bundesdenkmalamt, zur näheren Untersuchung übergeben. Petrographisch gesehen sind die Artefakte beider Fundstellen weitgehend ident und lassen sich nach Herkunftsgebieten grob geordnet in vier Gruppen aufgliedern.
- Material aus dem alpinen Bereich bzw. aus den Flussschottern des Alpenraumes:
Es sind dies in der Hauptsache im frischen Bruch dunkelgrüne, feinfaserig-filzige und hellgrün anwitternde Serpentine und mittel- bis grobkörnige Amphibolite mit unterschiedlichem Granatanteil (beide Gesteinsarten machen etwa 45% des gesamten Materials aus); seltener sind Quarzite und Gneise. In die gleiche Gruppe ist wohl auch ein Stück eines roten Sandsteins zu rechnen.
- Material aus der unmittelbaren Umgebung der Fundstellen selbst:
Das größte Kontingent stellen hier die Steingeräte aus Hornstein und Radiolarit in verschiedensten Nuancen. Daneben haben noch feinkörnige Sandsteine mit teils kieseligem, teils aber auch kalkigem Bindemittel Verwendung gefunden. Interessant sind weiße bis gelbstichige, sandige Kalke, aus welchen Steinperlen und Anhänger, selten andere Gegenstände hergestellt wurden. Dieses Material scheint nicht kalkalpiner Herkunft zu sein, könnte aber etwa den als Eozän eingestuften Lithothamnienkalken und Kalksandsteinen von Mattsee, nördlich Salzburg, entsprechen.
- Ortsfremdes Material, das auch nicht alpiner Herkunft ist:
Mit Sicherheit können dazu nur die Objekte aus Plattensilex und Feuerstein gerechnet werden.
- Material fraglicher Herkunft:
Interessant sind die Steingeräte aus Diabas (etwa 15% der Objekte). Das Gestein ist im frischen Bruch hell- bis dunkelgrau gefärbt und fein- bis mittelkörnig; die Feldspatleistchen sind mit freiem Auge meist deutlich zu erkennen. Dies gilt besonders für leicht angewitterte Stücke. Die Herkunft dieses Materials lässt sich nicht so ohne weiteres feststellen. Diabase sind ja auch im alpinen Bereich nicht selten (Grauwackenzone); meist sind sie jedoch grobkörniger ausgebildet. Ähnliche Gesteine finden sich aber auch etwa im Paläozoikum der Prager Mulde.
Auf Grund der bisherigen Untersuchungen sind die Artefakte der Fundstellen von Misling/Attersee und Scharfling/Mondsee in Bezug auf das Steinmaterial als einem einheitlichen Einzugsgebiet angehörig anzusehen. In beiden Fällen ist der größte Teil der Steinwerkzeuge aus relativ ortsgebundenem Material – teils aus Schottern des Alpen- und Donauraumes, teils aus der Umgebung der Fundplätze selbst – hergestellt. Ortsfremdes – also „importiertes“ Material – ist derzeit (mit Ausnahme einiger Objekte aus Feuerstein und Plattensilex) nicht sicher anzugeben. Ob die Frage nach der Herkunft des Diabasmaterials geklärt werden kann, werden die weiteren Untersuchungen vielleicht zeigen.
Zu vermerken ist allerdings, dass sich auf Grund der Zusammensetzung des Steinmaterials kein Hinweis auf einen Zusammenhang mit der Fundstelle von Hargelsberg bei Steyr, Oberösterreich, ergibt. Die petrographische Beschaffenheit des Artefaktmaterials der letztgenannten Fundstelle ist gänzlich anders zu charakterisieren. Hier muss überwiegend ein Materialimport – sei es in fertigen Werkstücken, sei es, was wahrscheinlicher ist, als Rohmaterial – aus dem Norden und Nordosten, aus dem Bereich der Böhmischen Masse angenommen werden. So sind die Serpentine, die die Hauptmasse der Steingeräte von Hargelsberg ausmachen, im Gegensatz zu den Serpentinen der beiden Fundstellen auf Grund ihrer petrographischen Charakteristik sicherlich nicht alpiner Herkunft, sondern sind viel eher auf die Böhmische Masse zu beziehen. Es sind die u. a. auch Diallag- und Pyroserpentine, Chalcedone in verschiedenster Ausbildung und auch andere überwiegend hochmetamorphe Gesteine, die hier Verwendung gefunden haben.