Mondsee/Attersee-Kultur: Erbe von VARNA und MAIKOP: Unterschied zwischen den Versionen

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* S. 81: '''5. Geräte aus Hirschgeweih'''. „Aus Hirschgeweih liegen hauptsächlich Beile vor, deren Schneide durch schräges Abscheiden eines Endes erzielt ist. Da solche Beile keine scharfen Schneiden haben und die Schneiden keine Scharten aufweisen, können sie „nur dehnend, spaltend, nicht schneidend oder zertrümmernd“ gewirkt haben; Pfeiffer denkt an Verwendung beim Bastsammeln oder beim Abhäuten. Wie schon auf S. 19 hervorgehoben, sind die '''''für die Schweizer Pfahlbauten so typischen Zwischenschäftungen für Steinbeile im Mondsee selten'''''.“
 
* S. 81: '''5. Geräte aus Hirschgeweih'''. „Aus Hirschgeweih liegen hauptsächlich Beile vor, deren Schneide durch schräges Abscheiden eines Endes erzielt ist. Da solche Beile keine scharfen Schneiden haben und die Schneiden keine Scharten aufweisen, können sie „nur dehnend, spaltend, nicht schneidend oder zertrümmernd“ gewirkt haben; Pfeiffer denkt an Verwendung beim Bastsammeln oder beim Abhäuten. Wie schon auf S. 19 hervorgehoben, sind die '''''für die Schweizer Pfahlbauten so typischen Zwischenschäftungen für Steinbeile im Mondsee selten'''''.“
  
==In Frage kommende Gruppen der Schweiz==
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==Mögliche in Frage kommende Gruppen der Schweiz==
  
 
===Hornstaad Hörnle IA, Pfyn und Beile-Zwischenfutter OFFEN===
 
===Hornstaad Hörnle IA, Pfyn und Beile-Zwischenfutter OFFEN===

Version vom 28. März 2024, 15:49 Uhr

Inhaltsverzeichnis

Die überraschende Besiedlung der oberösterreichischen Seen

Vor 4.000 v. Chr. wollte und konnte niemand an den Seen siedeln

fehlende Besiedlung vor Mondseekultur Notenkopf-Keramik in NÖ und Burgenland

Wie der nebenstehenden Grafik zu entnehmen ist, gab es im 5. Jahrtausend vor v. Chr. in Niederösterreich und Burgenland viele Vorkommen der Frühneolithik sowie die Vorläufer von und die Notenkopf-Keramiker (den Vorgängern der späteren Lengyel-Kultur). In Kärnten findet man Hinterlassenschaften der italienischen Vasi a bocca quadrata Kultur.

In Oberösterreich kamen nur ganz wenige, vereinzelte neolithische Funde zum Vorschein. Demgegenüber fallen die frühen neolithischen Funde an der Salzach auf.

Die entlang der Donau zuwandernden Neolithiker mit ihrem Agrarpaket aus Haustieren (vor allem Schafe und Ziegen, Rinder und Schweine) und Getreide sowie andere Pflanzen besetzten klarerweise die günstigen Böden. Diese lagen vor allem an Flüssen; bevorzugt wurden Lössböden.

Es wurden – schon wegen der südlichen Herkunft der Haustiere und des Getreides – die niedrigen Seehöhen wegen den damit verbundenen höheren Temperaturen intensiv bevorzugt und verteidigt. So liegt Wien auf rd. 150 m, Gänserndorf auf rd. 167 m, Linz auf ca. 250 m, Passau auf 312 m und Regensburg auf 337 m Seehöhe.

[Anm.: pro 100 m Höhendifferenz nimmt die Lufttemperatur um ca. 1 °C ab.]

Demgegenüber liegen die Salzkammergutseen auf rd. 500 m Seehöhe – womit davon auszugehen ist, dass die Temperaturen um etwa 2–3 °C niedriger waren – was sich auf den Beginn und die Dauer der Vegetationsperiode und auch auf das Pflanzenwachstum selbst entsprechend auswirkt, was sich bis heute z.B. im Unterschied der deutlich früheren Erntezeitpunkte der Welser Heide gegenüber dem Seengebiet zeigt.

Zudem zeigt das äußere Salzkammergut viel höhere Niederschläge, die auf geneigten Äckern leicht den Humus (samt angebautem Getreide) abschwemmen können. Ein weiter Nachteil wurde wohl in der Lage am See gesehen, wodurch ja die bewirtschaftete Kreisfläche um eine Station halbiert erscheint, wodurch sich die Wege zwischen Hütte und Feldern fast verdoppelten.

Generell ist davon auszugehen, dass die donauländischen Bauern keinesfalls das Alpenvorland besiedeln wollten, vor allem weil ihr Vieh und ihr Getreide für diese niedrigeren Temperaturen überhaupt nicht angepasst und geeignet waren. Kein donauländischer Neolithiker wollte diese Gegend besiedeln.

Dementsprechend kommen an den oö Seen im 6./5. Jt. v. Chr. überhaupt keine Funde zum Vorschein – "unsere" Gegend war unbesiedelt. Klarerweise lebten aber im gesamten Raum vor der Ankunft der Neolithiker mesolithische Jäger und Sammler, die offenbar von den Neuankömmlingen abgedrängt wurden.

Ab ~ 4.000 v. Chr. sind – aber nur – die Seen plötzlich eng besiedelt

urplötzliche Besiedlung um 4000 v. Chr.

Wie der Folge-Grafik zu entnehmen ist, erscheint um 4000 v. Chr. „wie aus dem Nichts“ urplötzlich die Pfahlbauernkultur am Mondsee und Attersee. Das ist umso bemerkenswerter, weil keine der benachbarten Kulturen oder Gruppen als Herkunftsgebiet in Frage kommt; auch die manchmal genannte „Altheim-Kultur“ Bayerns nicht.

Die donauländischen Neolithiker verbleiben in ihren Gebieten: Die Lengyel-Kultur und die spätere Baden-Kultur in Niederösterreich und dem Burgenland strahlen nur wenig bis zur oberösterreichischen Donau um Linz aus.

  • Die donauländischen Kulturen wären wegen des nicht angepassten Viehs und Getreides gar nicht in der Lage gewesen, die Gegend dieser Seen zu besiedeln. [Anm.: Noch in den 1940er-Jahren wurde das Seen-Gebiert als Bergbauern-Gebiet ausgewiesen.] Wenn überhaupt, dann hätten sich solche Gruppen auf den niedriger gelegenen und fruchtbareren Böden der Welser Heide oder um Eferding angesiedelt.
  • Ganz zu schweigen von den fehlenden hydrologischen Fähigkeiten zur Bewirtschaftung dieser Seen mittels Pfahlbauten.
  • Noch weniger hatten sie tiefschürfende metallurgische Fähigkeiten, was vor allem die Arsen-Kupfer-Technologie erforderte, und:
  • Diese Gruppen hatten keinen Zugang zu arsenhältigem Kupfer, das für die Mondseekultur so charakteristisch ist.
  • Ganz überraschend sind landwirtschaftlich ziemlich ungeeignete Stationen: See, Mooswinkel, Misling und Litzlberg-Süd;
    wenig geeignet sind Scharfling, Weyregg und Nußdorf – schon wegen der bei Starkregen heftig mäandernden Bäche;
    einigermaßen agrarisch günstige Stationen sind nur Seewalchen, Kammer, Attersee und Abtsdorf.
    Offenbar kamen den einzelnen Stationen bestimmte Funktionen zu, die aber bis dato unerforscht sind.

Weitere als „Mondseekultur“ abseits der beiden Seen angeführte Stationen gehören kulturell nicht zur Mondsee-Gruppe – tatsächlich werden sie ihr nur zugeordnet, weil sich bei ihnen Keramik fand, die der Mondseer Keramik ähnlich ist.

Schon wegen der führenden Stellung der Mondsee-Kultur in diesem Raum gab es mit den benachbarten Gruppen Handel und Tausch für das begehrte Mondsee-Kupfer, womit die Funde von Keramik und vereinzelten Kupferfunden verständlich werden.

Abzuleitende, charakterisierende Eigentümlichkeiten dieser Neusiedler

  • Erfahrungen im Umgang mit (ev. noch?) benachbarten mesolithischen Jägern und Sammlern.
  • Gewöhnt an Auskommen mit vergleichsweise kargen Böden und Ressourcenverhältnissen.
  • Vieh und Getreide, das bereits an Seehöhen von rund 500 m angepasst ist.
  • Hydrologische Erfahrungen und Fähigkeiten zur Einrichtung von Kanal-Prahlbauern-Seen
    • was entsprechende überindividuelle Führung der Gemeinschaft als Voraussetzung hat.
  • Tiefschürfende metallurgische Fähigkeiten in der anspruchsvollen Arsen-Kupfer-Technologie.
  • Zugang zu einer Versorgung mit hoch-arsenhältigem Kupfer (gibt es in ganz Europa nicht) und
    • dazu erforderliche Verkehrsbeziehungen; sowie erforderliche wertvolle Tauschgüter
  • Ähnlichkeit der Keramik als Indiz für mögliche Verwandtschaft mit anderen Gruppen.
  • Besonderheiten von Werkzeugen (z.B. Beilschäftungen mit Hirschhorn-Zwischenfutter)
  • Ganz außergewöhnlich lange Bestandsdauer der Mondsee/Attersee-Kultur (~ 1200 Jahre).

Neue Werkzeuge der prähistorischen Forschung des letzten halben Jhs.

Konkret gingen bezüglich der Mondsee-Gruppe die ehemaligen Archäologen und deren Schüler vom damals gültigen „klassischen“ paradigmatischen Ansatz aus (Zitat): "Die prähistorische Archäologie benützt für die Umschreibung ihrer Kulturgruppen keramische Typeninventare, die, mit den Angaben über Siedlungskunde, Totenfürsorge, Schmuck- und Geräteformen ergänzt, ein individuelles Bild menschlicher Kulturäußerungen übermitteln. So wurde anhand der Keramik aus den Pfahlbaustationen des Mond- und Attersees die prähistorische Kulturgruppe Mondsee konstruiert."

Dieser Ansatz ist besonders für die Mondsee-Gruppe überraschend, da bis heute weder Siedlungen rekonstruiert noch Gräber gefunden worden sind und die Archäologen (Zitat eines Insiders) „weiterhin (fast dogmatisch) an die Untrennbarkeit von Keramik und Kulturgruppen glauben“ und u. U. helfende Beiträge anderer Disziplinen geringschätzen.

Heute stehen mehrere neue, zusätzliche – z.T. naturwissenschaftlich fundierte – Instrumente zur Verfügung, die den ehemaligen, frühen Mondseekultur-Forschern nicht zur Verfügung standen:

  • Umfassende genomische Analysen der Menschen in SO-Europa, Mitteleuropa und den Steppen.
  • Neue historische Erkenntnisse bzgl. der Entwicklung des Balkans und dessen 600-Jahre-Hiatus, der Steppenvölker usw.
  • 14Ccal-Daten in ausreichendem Umfang sowie entsprechender Kalibrierung für den in Frage kommenden Raum.
  • Genomische Analysen zur Bestimmung der Verwandtschaft von Haustieren (insb. bzgl. donauländischer oder mediterraner Linie).
  • Archäozoologische Untersuchungen von Haustieren und deren wahrscheinliche verwandtschaftliche Beziehungen.
  • Archäobotanische Untersuchungen zur Herkunft von Getreidearten (Donau- oder Mittelmeerweg).
  • Tiefschürfende metallurgische Isotopen-Analysen von Kupferartefakten unterschiedlicher Gruppen und deren Zusammengehörigkeit
  • sowie die möglichen Herkünfte des hoch-arsenhältigen Kupfer-Erzes (nicht aus Europa).
  • Tiefschürfende stratigraphische Untersuchungen zu den Schweizer Pfahlbauern (fehlen in Ö überwiegend).

Zielführende Forschungen zur Mondseer/Atterseer Pfahlbauernkultur

  • Neubearbeitung der ehemaligen, grundlegenden Arbeiten zur Mondseekultur angesichts der neuen chronologischen Erkenntnisse aufgrund 14Ccal-Analysen (v.a. der ehemaligen „prähistorischen Autoritäten“ Reinecke 1924, Hell 1920, Kyrle 1918, Pittioni 1954, Willvonseder 1968, Ruttkay 1981 usw.)
  • Fortführung der unterbrochenen Studien Ruttkays bzgl. des Beginns der Epi-Lengyel-Kultur und der auslösenden Faktoren und Gruppen-Verschiebungen (SO-Europa)
  • Genomische Untersuchungen von Mondseer und von Haustierknochen an wesentlichen Schweizer und französischen Seen
  • Archäozoologische Untersuchungen (jenen von Erich Pucher 1997 und folgende ist wohl wenig hinzuzufügen)
  • Archäobotanische Untersuchungen von Getreide heimischer Seeufersiedlungen (Nacktweizen)
  • Metallurgische Blei-Isotopen-Untersuchungen vom Zürichsee, Bielersee, Bodensee usw. und Vergleich mit den Untersuchungen Pernickas (und solchen – sofern möglich – vom Nordkaukasus)
  • Archäologische Neu-Untersuchungen der Mondsee-Keramik in Bezug auf SO-Europa- und Schweizer Keramik
  • Stratigraphien von (noch) ungestörten Stationen (z. B. Nußdorf, Aufham, Litzlberg-Süd) – entsprechend Schweizer Vorbildern wie jene zum Kleinen Hafner und den Bielersee (schon zur Aufklärung des 1200-jährigen Bestandes der heimischen Pfahlbauten).

12 relevante Fragen zu Entstehung und Bestand der Mondsee/Attersee-Kultur

1. Warum kommen drei so unterschiedliche Gruppen wie Metallurgen, Kanal-Pfahlbauer und Bauern an den Seen zusammen?

2. Wie konnte eine so differenzierte Gruppierung entstehen? Gab es eine gemeinsame Führung/Abstimmung? Gab es Arbeitsteilung in Arsenkupfer-Bezug, Metallurgie, Seen-Bewirtschaftung, Bauern/Jäger?

3. Warum hatte in Mitteleuropa nur die Mondsee-Gruppe Zugang zu Arsen-Kupfer vom Kaukasus?

4. Warum erfolgte die Besiedlung in so ungewöhnlicher Seehöhe (rd. 500 m ü. A.)?

5. Was waren Vorteile der Seespiegel-Absenkung (auch mit Zwischen-Aufstau und erneuter Absenkung)?

6. Wie kamen Schweizer Haustiere und südländisches Getreide an Mondsee/Attersee?

7. Warum kommt das sogenannte „Mondsee-Kupfer“ an die Schweizer Seen (v.a. Bielersee)?

8. Wie kommt (wenn auch nur vereinzelt) Mondsee-Kupfer und Mondsee-Keramik zu mehreren benachbarten Gruppen?

9. Wie kommen viele Gesteine (Hornstein, Serpentin, Vulkanit usw.) nach Mondsee/Attersee?

10. Woher kommt typische Keramik (z.B. asymmetrischer Mondsee-Henkelkrug) an die Seen?

11. Was ereignete sich nach dem Versiegen der kontinuierlichen Arsenkupfer-Versorgung?

12. Wie wurde die so ungewöhnlich lange Bestandsdauer von rd. 1.200 Jahren möglich?

Szenario: Die Entstehung der Mondseer Kupfer-Pfahlbauern-Kultur

Die Szenario-Erzählung (20.3.24:23°°)

Im Folgenden wird ein Szenario zur Herkunft der Mondseer/Atterseer Pfahlbauernkultur gezeichnet. Ein Szenario ist ein konsistentes Bild der historischen Gegebenheiten – das also mit den vorhandenen Nachweisen und Gegebenheiten zusammenpasst. Das Szenario stützt sich auf die "Fundierende Systematik und Methodik zur Pfahlbauern-Kultur".


Im 6./5. Jahrtausend v. Chr. entstand in Bulgarien um Varna – aufbauend auf eine Hochtemperatur-Keramik-Produktion (Temperaturen über 1100 °C) – eine umfangreiche Kupferproduktion mit allen zugehörigen z. T. hochkomplexen Technologien.

Offenbar kam es dabei zu „zunftartigen“ Bildungen von Spezialisten in Aufgabenbereichen wie Keramikern, Kupfer-Gießern, Kupfer-Schmieden, Köhlern, Bergleuten usw., deren Wissen nur innerhalb der Professionisten weitergegeben wurde: ein „Abschauen“ war schon wegen der Komplexität der Technologien nicht möglich.

Goldperlen aus Varna-Grab Nr. 43, 44. Jh. v.Chr.

Das Kupfer wurde bergmännisch in großen Kupferbergwerken gewonnen und von einem engen, vertrauten Kreis verarbeitet und in Artefakte gegossen, die durchwegs sehr begehrt waren und im Umfeld und bis weit in die pontische Steppe nördlich des Schwarzen Meeres hinein vertrieben wurden.

Bei diesen Metallurgen bildete sich bald eine „Elite“ heraus, die neben vielen Prestige-Objekten vor allem auch das neu aufgekommene Gold besonders bevorzugte. Das ist in mehreren Gräbern der Nekropole von Varna deutlich zu erkennen. Gold war das ultimative Statussymbol dieser Führungsschicht – allein in Grab Nr. 43 wurden Goldgegenstände mit einem Gewicht von über 1 kg gefunden.

Das Gold – durch Goldwaschen in Flüssen – wurde von anderen, benachbarten Gruppierungen bezogen, aber nur in eigenen Werkstätten zu hochqualitativen Objekten verarbeitet.

Diese über Jahrhunderte florierende Gesellschaft mit ihrer Kupfer- und Gold-Metallurgie wurde um 4300/4100 v. Chr. plötzlich durch einen Angriff der Suvorovo-Gruppe aus den pontischen Steppen zerstört – und die Siedlungen dieser Region und Kultur wurden für Jahrhunderte verlassen.

Die Elite dieser Gesellschaft und ihre Metallurgen verließen ihre Heimat und zogen einerseits in den erzhöffigen Kaukasus, andererseits donauaufwärts nach Serbien und weiter nach Böhmen und die Slowakei. Offensichtlich blieben die Führungen dieser beiden Gruppen weiterhin in Kontakt.

Mit der Wanderung der zweiten Gruppe donauaufwärts kam es zwar zu gediegen Kupferartefakt-Lieferungen bis nach Ostösterreich (Beginn der Epi-Lengyelzeit) und bis nach Schwaben, ev. bis in die Schweiz, aber ein großer „Durchbruch“ konnte von diesen Metallurgen nicht erreicht werden.

Gold-Collier aus Maikop-Kurgan, 37. Jh. v.Chr.

Demgegenüber wurden die Metallurgen, die zum Kaukasus gingen, rasch fündig – aber nicht mit Reinkupfer, sondern mit stark arsenhältigem Kupfer. In kurzer Zeit erarbeiteten sie die entsprechende, hoch-anspruchsvolle Metallurgie mit Arsen-Kupfer. Dieses war nicht nur härter als Reinkupfer, sondern hatte nach dem Guss auch geringere Gaseinschlüsse, welche für scharfe Schneiden beim Nachschärfen äußerst unangenehm gewesen wären.

Ihre Verbindung mit den ansässigen mesolithischen Jägern und Sammlern des Kaukasus – der „Meshoko“-Gruppe – führte in der Folge zur stark hierarchisch strukturierten „Maikop“-Kultur mit ihren beeindruckenden Grabdenkmälern – den Kurganen. Im berühmtesten Kurgan „Oshad“ nahe dem heutigen Maikop fand sich die imposante Grabstätte eines Chiefs, der überreich mit Beigaben – insbesondere aus Gold -–aber auch aus Silber, Arsenkupfer usw. beerdigt wurde.

Aus unbekannten Gründen kam es knapp vor der Bildung der Mondsee-Kultur zu einem erneuerten Kontakt zwischen den alten „Zunft-Verbündeten“ von Maikop und den donauländischen Kupfer-Metallurgen. (Die möglichen Gründe dafür sind unklar; die Ausbeutung von Waschgold-Funden an der oberen Salzach für die gold-affinen Maikop-Chiefs wäre denkbar – bleiben aber Phantasie; aber einen gewichtigen Grund muss es gegeben haben.)

Jedenfalls kam es um 4.000 v. Chr. zur Etablierung der Mondsee/Attersee-Gruppe an den oberösterreichischen Seen auf einer Seehöhe von rd. 500 Metern, die vorher landwirtschaftlich völlig gemieden wurde.

Kulturabfolgen OÖ-Süd, Bayern, Schweiz

Diese Gruppe bekam nicht nur Zugang zu Arsenkupfer-Erzen (die es in ganz Europa nicht gibt) oder Arsenkupfer-Metall in Barrenform, sondern verfügte in der Folge auch über die entsprechenden High-Tech-Metallurgen der bis dahin in Mitteleuropa unbekannten Arsenkupfer-Metallurgie.

Da die donauländischen Haustiere und deren Getreide für die höheren Lagen und den deswegen um 2-3 °C niedrigeren Temperaturen der Salzkammergutseen ungeeignet waren, wurde nach anderen bäuerlichen Gruppen – die bereits Anpassungen von Vieh und Getreide an höhere Lagen erreicht hatten – gesucht und in der heutigen Schweiz gefunden.

In der Schweiz hatten sich wenige Jahrhunderte vorher – in Seehöhen von 400-500 Metern – wegen der regelmäßigen Verlegung des Abflusses des Zürichsees (der Limmat) durch Starkregen-Schotterfrachten der Sihl und der dadurch erforderlich werdenden Schotterbeseitigung durch „Rückwärts-Erosion“ eine Kanal-Pfahlbauern-Kultur herausgebildet, die sich direkt für die Besiedlung der oberösterreichischen Seen anbot. Dadurch konnte in kurzer Zeit eine Besiedlung der Salzkammergutseen realisiert werden.

Für die Situierung war neben der Höhenlage und der Kanal-Pfahlbau-Technik auch die Anbindung an die Donau als günstiger Verkehrsverbindung zum Schwarzen Meer wesentlich. Die bairischen Seen schieden wegen den fehlenden Gletscher-Endmoränen für einen Kanalbau aus. Der Traunsee kam wegen der für große Flöße nicht schiffbaren Traun schon wegen des Traunfalls ebenfalls nicht in Frage.

Es ist davon auszugehen, dass es ebenso wie in der Schweiz (vgl. die Abbildung) noch immer spätmesolithische Jäger und Sammler im Alpenvorland und in größeren Höhen gab. Das könnte auch der Grund für die zum Teil doch recht geschützten Ansiedlungen wie Scharfling, See/Mondsee und Misling gewesen sein.

Gerade die bei dieser Schweizer Gruppe vorhandenen Anpassungen ihrer Haustiere und Getreide an größere Höhen führten dazu, dass die ursprünglichen Kontakte – schon um Inzucht ihrer Haustiere zu vermeiden – weiter aufrecht erhalten bleiben mussten: wegen der Aufrechterhaltung der Höhenanpassung der Haustiere kam eine Vermischung mit donauländischen Tieren ebenso wie eine Übernahme von deren Getreide nicht in Frage.

Damit blieben auch die menschlichen Kontakte mit deren Herkunftsgebieten aufrecht. Das führte in der Folge dazu, dass das sogenannte „Mondsee-Kupfer“ auch in der Schweiz verbreitet auftauchte.

Offenbar blieb die Belieferung mit Arsen-Kupfer während des gesamten Bestands der Maikop-Kultur aufrecht.

Mit dem Übergang zur Maikop-Novosvobodnaja-Kultur und der ersten Ausbildung der Jamnaja-Kultur in den nordpontischen Steppen um 3.300 v. Chr. versiegte aber die Arsenkupfer-Versorgung (siehe hierzu den "zweiten Kupferhorizont" bei Ottaway).

Die Mondsee/Attersee-Kultur blieb aber weiter stabil bestehen und endete erst um ca. 2700 v. Chr. recht abrupt – ohne irgendwelche direkte Nachfolger (weder Schnurkeramik- noch Glockenbecher-Gruppen) an den Seen.

Die Kanäle verfielen, der Seespiegel stieg um mehrere Meter an und bewahrte so die Hinterlassenschaften der Pfahlbauern bis heute.

Stützpunkte für das Szenario: Arsenkupfer, Keramik, Vieh, Getreide. Ruttkay

Hier werden insbesondere naturwissenschaftlich fundierte Argumente zur Herkunft der Mondsee/Attersee-Kultur gebracht. Die umfassenden Darlegungen sind in der → Fundierenden Systematik und Methodik zur Pfahlbauern-Kultur auf dieser Homepage enthalten.


Mondseer aDNA-Haplogruppe A (rot) ggü Ratzersdorf

Nikulina 2020, Elena und Ulrich Schmölcke:The first genetic evidence for the origin of central European sheep (Ovis ammon f. aries) populations from two different routes of Neolithisation and contributions tot he history of wooly sheep. In: Schier, W. (Hrsg.) The Competition of Fibres: Early Textile Production.

Das Schaf-Vorkommen von Ratzersdorf (östlich St. Pölten; Linearbandkeramik) ist das älteste in Österreich und weist recht hohe Anteile der Haplogruppe A (rot) auf. Demgegenüber sind die Anteile der Haplogruppe A bei den Schafen des Mondsees wesentlich geringer, was dagegen spricht, dass diese Schafe von donauländischen Schafen – die im Osten Österreichs schon seit über tausend Jahren vorkommen – abstammen. Leider wuaren für diese Studie keine Schafzähne der Schweiz und Frankreichs verfügbar.


Pucher 1997, Erich und Engl, Kurt: Studien zur Pfahlbauforschung in Österreich. Materialien I - Die Pfahlbaustationen des Mondsees: Tierknochenfunde. Mitt. d. Prähistor. Komm. Bd. 33. Öst. AdW 1997. 151 Seiten.

Die Fußwurzelknochen von Auerochsen, Mondsee- vs. zeitgleiche Donauland-Rinder

Erich Pucher und Kurt Engl vermuteten, dass während des Neolithikums zwei verschiedene, dauerhaft isolierte Nutztierpopulationen in den Alpen existierten, die jeweils eine völlig unterschiedliche Geschichte und Herkunft hatten. Sie stellten auch fest, dass die Rinderknochen aus Mondsee gegenüber dem Donauraum von geringerer Größe und wesentlich graziler waren. Die Lage und Ausrichtung der Hornkerne zeigt mehr Ähnlichkeiten mit Rindern aus südlichen Regionen.

Pucher schreibt auf S. 99 in seinen "Schlussfolgerungen bezüglich der Mondsee-Viehwirtschaft": „Die Viehwirtschaft der Mondsee-Kultur lässt sich nicht unmittelbar aus dem donauländischen Kulturkreis ableiten, da die relative Kleinheit ihrer Rinder innerhalb dieses Kreises ohne Parallelen dastünde. In der metrisch-morphologischen Beschaffenheit ihres Viehs und in ihrer Versorgungsstruktur stimmt die Mondsee-Kultur erstaunlich gut mit einigen Komplexen der Cortaillod-Kultur überein.“

Er sieht aber keine allmähliche, kontinuierliche Ausbreitung der Cortaillod- und der damit verwandten Pfyner Viehwirtschaft in die Ostalpen mangels an geeigneten und chronologisch entsprechenden Fundkomplexen (z.B. Durchgangsgebiete entlang Alpennordrand).


Schlichtherle schreibt (1997, S. 13), dass die Ausbreitung einer Kulturpflanze die These einer Ausbreitung aus einer mediterranen Wurzel stützen vermag. Es begann sich nämlich der Anbau von Nacktweizen durchzusetzen. Das Getreide muss vom Rhonetal ins Schweizer Mittelland gekommen sein, von wo sich sein Anbau sukzessive zum Bodensee fortsetzte. Die ältesten Funde von Nacktweizen in Europa stammen aus dem westmediterranen Raum, dem Siedlungsbereich der Cardial- oder Impressokultur.

Hafner & Suter 2000 bringen auf Seite 206 in: → 3400 v. Chr. Die Entwicklung der Bauerngesellschaften im 4. Jahrtausend v. Chr. am Bielersee. eine detaillierte Grafik zu den Schweizer Kulturpflanzen und zeigen, dass das Getreide 4.300–3.500 v. Chr. vorwiegend aus Nacktweizen und Gerste sowie etwas Einkorn bestand; Emmer war seltener.

Wiethold u. Wähnert (2008) schreiben auf S. 318 in „Die botanischen Makroreste“. In: Trebsche, P.: → Die Höhensiedlung „Burgwiese“ in Ansfelden (OÖ): „Bei den Nacktweizenfunden aus den jungneolithischen Seeufersiedlungen handelt es sich überwiegend um tetraploiden Nacktweizen.“ Leider fehlen nach wie vor Untersuchungen der Nacktweizen-Arten aus den Ackerbau-Stationen am Attersee und jener von Scharfling: weder Mooswinkel noch See/Mondsee oder Misling waren Stationen mit viel Ackerbau.

Tatsächlich weisen aber die aktuellen Forschungen zu Mooswinkel (Heiss et al. 2023:20) neben anderen Weizenarten auch Nacktweizen aus: Triticum aestivum/durum/turgidum.


Der Metallurg Ernst Pernicka forschte fast ein Vierteljahrhundert zur Herkunft des "Mondsee-Kupfers" und resümiert 2012:

Arsengehalt Mondseer Kupfer; vgl. den Unterschied der Dolche zu Äxten

Pernicka 2010, Ernst & Frank Carolin: Copper artefacts of the Mondsee group and their possible sources. In: → Lake Dwellings after Robert Munro. Proc. Intern. Seminar: The Lake Dwellings of Europe. Univ. Edinburgh 2010:113–138.

Als Ergebnis ihrer Masterarbeit stellt Frank fest, dass sowohl aufgrund der chemischen Zusammensetzung als auch wegen der Blei-Isotopen-Analysen eine Herkunft des „Mondsee-Kupfers“ aus den Ostalpen und dem Balkan unmöglich ist. Auch die historischen Bergwerke „Ai Bunar“ und „Majdanpek“ kommen nicht in Frage, da diese nur Reinkupfer ohne jegliches Arsen lieferten.

Nach Pernicka (2010) stammt das arsenhaltige sogenannte „Mondseekupfer“ nicht vom Mitterberg, nicht aus den Alpen und auch nicht aus Südost-Europa. Mondsee-Kupfer hat besonders viel Arsen: 0,5–5%.

Er kommt zu den folgenden Schlussfolgerungen (S. 131): "Die chemischen und Blei-Isotopen-Eigenschaften des von der Mondseegruppe verwendeten Kupfers sind relativ homogen. Das dominierende Element ist Arsen, so dass die Bezeichnung "arsenhaltiges Kupfer" am treffendsten ist. Ein Vergleich der chemischen und Isotopen-Daten der ostalpinen Erze mit dem "Mondseekupfer" zeigt, dass es keine Korrelation gibt und dass die ostalpinen Kupfererze als mögliche Quellen ausgeschlossen werden müssen."

Pernicka 2012, Ernst: → The Development of Metallurgy in Western Anatolia, the Aegean and Southeastern Europa before Troy. In: → Western Anatolia before Troy in the 4th Millenium BC Int. Symp. KHM Wien 2012.

Pernicka schreibt auf S. 452: "Auf den Höhepunkt der Metallproduktion im späten 5. Jt. v. Chr. folgt eine an Metallfunden auffallend arme Periode im südöstlichen Europa und der Ägäis. Jedoch erscheint kurz darauf arsenhaltiges Kupfer als neues Material fast gleichzeitig vom Nahen/Mittleren Osten bis nach Mitteleuropa (Mondsee, Cortaillod). Und er schreibt weiter: "Entsprechend Chernykh markiert dies die Umstrukturierung der kulturellen Beziehungen zwischen Kaukasus und Europa, die nach der Balkan-Karpathen-Metallurgie-Provinz zur Bildung der so genannten Zirkumpontischen Metallurgischen Provinz führte."

Pernicka verweist mit Fußnote auf Schubert Eckehart: Zur Frage der Arsenlegierungen in der Kupfer- und Frühbronzezeit SO-Europas. In: Studien zur Bronzezeit. Mainz 1981:447–459.

Dieser schreibt auf S. 453: „Der metallurgische Umschichtungsprozess im Spätneolithikum zum arsenhaltigen Kupfers zeigt auch weitreichende kulturelle Veränderungen, die sich etwa im Abbruch der bemaltkeramischen Kulturen andeuten. Die neuen Metalltypen sind nicht im Westen sondern im Osten zu suchen, die schon durch die Herkunft der Metalltypen und ihrer Träger vorgezeichnet ist: in den Steppengebieten und im Bereich des Kaukasus. Wenn es im Osten einen Raum gibt, der über eine hervorragende und langlebige Arsenmetallurgie verfügte, so ist es der Kaukasusraum und sein Umland. Dort fehlt der ausgeprägte Naturkupferhorizont und an seine Stelle tritt sofort das hochprozentige Arsenkupfer."


Verteilung Cluster 1.5, 2 und 10 des Mondsee-Kupfers

Ottaway 1982, Barbara: Earliest Copper Artifacts of the Northalpine Region – Their Analysis and Evaluation. Seminar für Urgeschichte Universität Bern. Heft 7, 1982. 351 Seiten.

Ottaway weitet hiermit ihre Dissertation auf Schweizer Kulturen aus. Drei Cluster von Kupfersorten (1.5, 2 und 10) in der Mondsee-Gruppe und in Schweizer Kulturen bilden die chronologisch ältesten (arsenreichen) Kupfervorkommen am Nordrand der Alpen. Dazu gehören auch die entsprechenden Kupfermetallurgien und Spezialkenntnisse wie Hochtemperatur-Schmelzöfen (> 1.100 °C; reduzierend), Gießen und Schmiedearbeiten. Das arsenreiche Kupfer stammt nicht aus Europa.

Erster kupferführender Horizont: Mondsee-Gruppe, Cortaillod-Kultur, Pfyner Kultur (3.900-3.500 BC)

Mit diesem Horizont beginnt die erste, früheste wirkliche Kupferverwendung [Ottaway S. 192-195].
Das in diesen Kulturen vorkommende arsenreiche Kupfer gehört zu den Clustern 2, 10 und 1.5. Cluster 1.5 kommt vor allem direkt in Mondsee vor.
Wie der nebenstehenden Grafik zu entnehmen ist, kommt das Mondsee-Kupfer neben den oberösterreichischen Seen vor allem am Zwei-Seen-System Bielersee und Neuenburgersee und ein wenig im Pfyner Gebiet vor.
Attersee und Pfyn verfügen über Metallbearbeitung und Schmiede; wahrscheinlich auch die Cortaillod-Kultur.
Die zeitgleiche Chasséan-Kultur in Frankreich nahe Schweiz nutzte Kupfer auch später noch nicht (das Schweizer Kupfer kam also nicht aus dem Süden).


Ruttkay 1991, E.: Das Ende der Donauländischen Welt und Südosteuropa. Mitt. Anthr. Ges. Wien 121, 1991:159–181.

Abb. 7,4: Henkeltasse v. Bisamberg aus Sammlung von Manfred Kmoch

Ruttkay beschreibt hier, wie noch vor Ende des 5. Jahrtausends v. Chr. Kupfer-Metallurgen mit hochstehender Keramik aus dem unteren Donautal zumindest bis nach NÖ gelangen, ohne die frühere Bevölkerung zu verdrängen.

Ruttkay beschreibt hier, wie in der Epilengyel-Zeit des östlichen Alpenvorlandes Keramik-Typologien erscheinen, die sich aus der einheimischen Entwicklung nicht ableiten lassen. Die deutlichsten Typen, die aus der Fremde kamen, sind die zweihenkelige Tasse und der Becher mit asymmetrischem Henkel (vgl. die Abb.). Dazu kommen als „Fremdlinge“ eine lineare Verzierung der Schüsselränder sowie umlaufende Halsverzierung, Flechtmuster und schräge, alternierend angebrachte Linienbündel.

Da nicht nur die zweihenkelige Tasse, sondern auch der seltene Becher mit asymmetrischem Henkel zu den Neuerungen des epilengyelzeitlichen östlichen Alpenvorlandes gehört und dieser in Siedlungen des Salcuta-Komplexes nachgewiesen ist, bestimmt dies die Richtung, wo das Ursprungsgebiet der zweihenkeligen Tasse zu suchen ist: Die zweihenkeligen Tassen des östlichen Alpenvorlandes haben ihre besten Entsprechungen in den zweihenkeligen Tassen der graphitbemalten Keramik der unteren Donau.

Da sich das Verbreitungsgebiet des Salcuta-Komplexes nicht in unmittelbarer Nachbarschaft des östlichen Alpenvorlandes befindet, sind diese Neuerungen kein „Durchsickern“. Es bleibt daher nur die Möglichkeit, die in der Keramik festgestellten Fremdelemente auf Handels-Mobilität zurückzuführen. Da die Epilengyel-Zeit gegenüber der ganzen vorangehenden Entwicklung durch reiche Kupferverwendung gekennzeichnet ist, war es wohl der Handel mit Kupfer.

Szenario: Mondsee/Attersee als Arsenkupfer-Zentrum in Mitteleuropa

Dass Mondsee/Attersee ein Arsenkupfer-Zentrum in Mitteleuropa war, erhellt sich schon aus der Dissertation von Schmitz 2004: "Demgegenüber erbrachten die Stationen See und Scharfling zahlreiche Kupferflachbeile, Dolche, gekrümmte Klingen, Spiralen, Pfrieme, Angelhaken, Gussreste aus arsenhaltigem Kupfer. sowie Reste von mehr als 160 Gusslöffeln. Insgesamt sind rund 190 Metallfunde der Mondseegruppe bekannt, etwa 75 von diesen, die der Sammlung Schmidt angehörten, sind seit 1945 verschollen."

Demgegenüber gibt es in der Altheimer Kultur insgesamt 7 Kupferfunde: 2 Flachbeile, 1 Blechanhänger, 3 Pfriemen und 1 kleiner Gussklumpen.

Die nachstehend angeführten Bestandteile für die komplexe Arsenkupfer-Metallurgie am Mondsee/Attersee zeigen auch die spezialisierten Aufgaben:

Besorgen von Arsen-Kupfer vom Kaukasus

  • Vermutliche Reisegruppe: 1 Autoritätsperson für Verhandlungen (erfahrener Metallurg); 2 Nachwuchs-Metallurgen (zur Reiserouten- und Knowhow-Weitergabe); 4 Träger/Arbeiter/Ruderer; 3 Krieger für Sicherheit der Gruppe und der Tauschgeschenke
  • Strecke von ca. 3.000 km: 240 km mit Floß bis Wien; 1.800 km Donau mit Floß bis Schwarzes Meer; 1.000 km mit Einbäumen entlang Küste des Schwarzen Meeres bis Maikop
  • Hinreise-Dauer: 2 Tage (d ) bis Wien (Ø 15 kmh); 200 h donauabwärts (Ø 5 kmh) = 20 d; 200 h in Einbäumen (Ø 5 kmh) bis Maikop = 20 d; ergibt in Summe 42 Tage reine Reisezeit (Flöße waren beladen mit vielen Geschenken für Gastfreundschaften und v.a. Tauschgeschenken für Arsen-Kupfer vom Kaukasus)
  • Rückreise-Dauer: 20 d Schwarzes Meer und 2.000 km Landweg mit Ø 4-5 kmh und 8 h/d = 50-60 d; reine Reisezeit 70-80 Tage
  • Gesamtreisezeit: wohl 1/2 Jahr wegen einzuhaltender Gastfreundschaften auf der Reiseroute; wöchentlichen Pausen; ausgedehntem Aufenthalt für das eigentliche Arsenkupfer-Tauschgeschäft

Holzkohle-Produktion

  • Fällen von geeigneten Bäumen und Transport zur Köhlerei
  • Trocknen des Holzes: Spalten des Stammes; Ablängen; Luft-Trocknung auf 13–18 % Restfeuchte (wohl mehrere Jahre)
  • Errichtung des Holzmeilers samt Erdabdeckung für die Pyrolyse in Holzkohle
  • trockene Aufbewahrung der Holzkohle

Bau der Gussformen

  • mit der früheren gediegen Kupfer-Metallurgie wurden nur verlorene Gussformen verwendet (Wachsausschmelz-Verfahren)
  • mit der neuen Arsen-Kupfer-Metallurgie wurden geteilte Gussformen verwendet, die auch Massen-Produktion zuließen
  • die Anfertigung solcher Gussformen setzte wohl spezielle Fertigkeiten voraus (Gesteinsauswahl, Bearbeitung der Gussformen usw.)

Errichtung des Schmelzofens

  • Errichtung eines Zweikammer-Ofens
  • setzt viel Erfahrung des Gießmeisters mit dem Schmelzprozess voraus, da viele Leute zusammenwirken müssen
  • komplexer Bau: reduzierender Brennraum (damit keine Oxidation des Arsens) und Möglichkeit des Einsatzes von Blas-Rohren oder Blasebälgen (Holzkohle verbrennt mit nur 800 °C: zusätzliche Lufteinblasung ist erforderlich um 1100 °C zu erreichen)

Schmelzen und Gießen als Gemeinschafts-Ereignis

Bis heute sind die konkreten Abläufe des ehemaligen Schmelzens und Gießens nicht genau bekannt, wenngleich es „Archäologische Experimente zur historischen Kupfer-Metallurgie“ gibt, wie in dem eigenen Abschnitt weiter unten dargestellt wird.

  • Der Schmelzofen musste über längere Zeit vorgeheizt worden ist, damit die Ofenwände nicht kühlend wirkten.
  • Durch die Beschickungsöffnung für die Holzkohle durfte keine Temperaturabsenkung bewirkt werden.
  • Der Gusstiegel musste in die größte Hitze eingebracht werden (Holzstiele mussten wegen der Temperatur wieder entfernt werden).
  • Die zusätzliche Luftzufuhr durch Blas-Rohre oder Blasebälge musste kontinuierlich und gleichmäßig erfolgen, um die Schmelztemperatur zu erreichen. (Bei Blas-Rohren konnte es leicht zu Hyperventilation der Bläser kommen, sodass diese u. U. ohnmächtig werden konnten.)
  • Ein Problem bestand sicher darin, dass es kein „Sicht-Fenster“ in den Brennraum gab: wie konnte der Gieß-Meister wissen, wann das Metall geschmolzen war – mit „Erfahrung“?
  • Der eigentliche Gussvorgang gestaltete sich recht schwierig: der Gieß-Meister musste ja den Gusstiegel mit einem eingeführten Holzstiel aus dem 1.100 °C heißen Ofen entnehmen und benötigte dafür sicher eine thermische „Schutzkleidung“; nicht nur für den Körper, sondern vor allem für Arme und Hände sowie Beine und Füße.
  • Jedenfalls blieb ihm nur kurze Zeit, das Schmelzgut in die vorbereitete(n) Form(en) zu gießen – ohne dabei allzu viele „Gusstropfen“ zu verlieren.

Nachbearbeitung und Schmieden

  • Entgraten, Polieren und Schleifen (ohne den Rohstoff zu vergeuden)
  • Kalt-Hämmern (zur Erhöhung der Härte und Verbesserung der Form)
  • Schleifen von Klingen und Schäften des Werkzeugs

Abschätzung des Gesamtaufwands der Arsenkupfer-Produktion

Der hier dargestellte Aufwand für die Arsenkupfer-Produktion besteht für die neolithische Gruppe vor allem darin, dass die diesbezügliche Arbeitsleistung nicht für die Subsistenzwirtschaft Land- und Viehwirtschaft oder Jagd zur Verfügung stand.

  • Für die Kaukasus-Lieferanten in deren Augen wertvolle Tauschgeschenke für das begehrte Arsen-Kupfer (und deren Aufwand für die metallurgische Aufbereitung und Guss in Barren)
  • Gastgeschenke für die vielen Zwischenstationen der Reise donauabwärts und entlang des Schwarzen Meeres (wurden gleich auch für die Rückreise gegeben)
  • Reiseaufwand (mit ca. 5 Mannjahren geschätzt – ohne die benötigten Einbäume am Schwarzen Meer)
  • Holzkohle-Produktion (Bäume fällen, Ablängen, Spalten, Trocknung über Jahre; Köhlerei; Lagerung)
  • Spezialisten für Schmelzofen, Gussformen, Schmieden und Nachbearbeitung
  • Gieß-Meister

Archäologische Experimente zur historischen Kupfer-Metallurgie OFFEN

Hanning , Erica: → Alpines Kupferschmelzen _ technologische Aspekte. In: T. Stöllner – K. Oeggl (Hrsg.) Bergauf – Bergab. 10.000 Jahre Bergbau in den Ostalpen. Wissenschaftlicher Beiband zur Ausstellung. Veröffentlichung aus dem DBM Bochum 206; Bochum 2015:225–231.

D. Modl, → Experimentelle Archäologie zu ostalpinen Aufbereitungs- und Hüttenprozessen. In: T. Stöllner – K. Oeggl (Hrsg.) Bergauf – Bergab. 10.000 Jahre Bergbau in den Ostalpen. Wissenschaftlicher Beiband zur Ausstellung. Veröffentlichung aus dem DBM Bochum 206; Bochum 2015:221–224.

DBM & RGZM: → Experimente zur prähistorischen Kupferverhüttung im Labor für Experimentelle Archäologie. 2019.

Herdits, Hannes: Ein bronzezeitlicher Kupferverhüttungsplatz in Mühlbach/Hochkönig (Salzburg). DA Univ. Wien 1997.

Modl, Daniel: Vom Kupfererz zur Bronzenadel – Experimentalarchäologische Untersuchungen zur urgeschichtlichen Kupfergewinnung und -verarbeitung im Bereich der heutigen Steiermark. DA Univ. Graz 2011.

Die Mondsee/Attersee-Kultur als Metall- und Pfahlbau-Erfolgsmodell

Die Mondsee/Attersee-Kultur setzte sich aus drei – sie wesentlich konstituierenden – Gruppen zusammen:

  • Arsenkupfer-Metallurgen und Schmiede sowie zugehörige Spezialisten der erforderlichen Nebengewerbe,
  • Kanal-Pfahlbau-Spezialisten für die Bewirtschaftung eines Zwei-Seen-Systems und
  • Schweizer Bauern und Jäger mit deren an die Seehöhe (500 m) angepasstem Vieh und Getreide.

Der bedeutsame Aufwand an menschlicher Arbeitsleistung für die Arsenkupfer-Produktion fehlte für die Subsistenz-Aufgaben Landwirtschaft, Viehzucht und Jagd. Gleichzeitig wird durch die vielen arbeitsteiligen Metaller-Aufgaben die Besiedlung von landwirtschaftlich ungeeigneten Stationen (See, Misling, Litzlberg-Süd) verstehbar. Weiters bedeutete der Wert der Tauschgeschenke für den Erwerb des Arsenkupfers einen ganz wesentlichen Aufwand.

Der Gesamtaufwand für die Arsenkupfer-Produktion am Mondsee/Attersee muss sich für die Seebewohner aber trotzdem deutlich „rentiert“ haben – sonst hätten sie diese nicht so dauerhaft betrieben. Gleichzeitig haben sie sich im Vergleich zu benachbarten Gruppen eine aufwändige Keramik geleistet. Es ist ihnen offensichtlich recht gut gegangen.

Offenbar war die Metall-Produktion so wertvoll, dass die Seebewohner die geringere landwirtschaftliche Eigenproduktion einschließlich des Wertes der Tauschgüter für das Arsenkupfer durch Eintausch von Nahrungsmitteln und anderen Rohstoffen von anderen Gruppen mehr als ausgleichen konnten.

So gab es insbesondere Metall-Lieferungen

  • in die Schweiz (an „Verwandte“: für "frisches" höhenangepasstes Vieh gegen Inzucht beim eigenen Bestand),
  • an die Salzach (Beile und Keramik – [für Goldwäscherei?]),
  • nach Altheim (Kupferbeile gegen Hornstein für Sichelmesser),
  • und Keramik-Lieferungen an die Paura (für Stützpunkt [und für „Geheimhaltung der Bergauf-Reiserichtung?"]),
  • an die Enns-Siedlungen (für Serpentinit-Gestein für Beile) und
  • ins Mühlviertel (für Vulkanit-Gesteine für Beile).

Durch diese Tauschhandlungen kamen Mondseebeile, Mondseekupfer und Mondseekeramik auch in viele andere Stationen, die aber sonst nichts mit der eigentlichen "Mondsee-Kultur" zu tun hatten.

Die Mondseekultur ist kein "Ableger der Altheim-Kultur"

Nach Neef, Bittmann und Hinton in Jacomet (2009) beginnen die Altheim-Stationen Pestenacker und Galgenberg um 3.500 BC, also deutlich nach den Mondseer Stationen

Ruttkay kommt 1981 in ihrer "Typologie und Chronologie der Mondseegruppe" recht unvermittelt zur Aussage: Ihre Anfänge aber, die mit der Formengruppe 1 angedeutet werden, in eine Zeit, wo auch die Anfänge der ehemaligen Geschwistergruppe, der Altheimer Gruppe, gesucht werden. Nach unserer vorliegenden Studie darf Mondsee mit Altheim weiterhin als gleichzeitige „Geschwistergruppe“ angesprochen werden, die mit jener nicht nur durch ihre Gleichzeitigkeit, sondern auch durch ihre gemeinsame „nordische“ Baalberger-Komponente verbunden ist.

Ruttkay ist mit ihrer Veröffentlichung aus 1993 (mit Pernicka) der Initiator der Meinung, dass die Mondseekultur eine mit Altheim eng verwandte Gruppe sei. Dabei bezieht sie sich vor allem auf eine Veröffentlichung von Barbara Ottaway und Christian Strahm aus 1977 in Budapest. Jedenfalls bezieht sich Ruttkay 1993 auf Ottaways/Strahms Veröffentlichung aus 1977 und nicht auf Ottaways Dissertation 1979.

Antl-Weiser wiederum bezieht sich 1995 auf Ruttkay und formuliert, dass die Mondsee-Gruppe heute zum jungneolithischen nordalpinen Kreis nach Driehaus zählt und sie für die österreichische und die neuere ausländische Forschung eine mit Altheim eng verwandte Gruppe ist.

Zwar forscht Ruttkay bereits in den 1990er-Jahren aus Eigenem in Richtung SO-Europa („Das Ende der Donauländischen Welt und Südosteuropa“, 1991), wird aber erst 2006 mit ihrer Festschrift in 14C-Datierungen involviert, nach denen Mondsee nicht mehr mit den MOG-Gruppen verwandt sein kann; die Daten von Boleráz und Jevišovice sind deutlich jünger.

Andere neolithische Gruppen in Oberösterreich

Trebsche 2008, P.: Die Höhensiedlung „Burgwiese“ in Ansfelden: Linzer Archäol. Forschgen 37/1&2, 2008. → Band 1, 280 S.. → Band 2, 286 S.

  • Schmitzberger Manfred: Die Tierknochen (und Vergleiche der Widerristhöhen mit Münchshöfener, Mondseer, Chamer Gruppe)
    • Ansfeldener hatten mondseezeitlich kleine Rinder in unterer Hälfte der Variation der deutlich größeren Rinder der Altheimer Kultur; in oberer Hälfte der Variation der kleineren Rinder von Mondsee
  • Wiethold u. Wähnert: Die botanischen Makroreste – Archäobotanische Analysen zu Ackerbau, Ernährung und Umwelt im Jungneolithikum
    • S. 319: "Interessant ist, dass ein Nacktweizen (Triticum aestivum s.l./durum/turgidum) in zwei Proben auftritt, darunter 86 verkohlte Karyopsen aus der Verfüllung der kleinen Ofengrube. Spindelglieder, die eventuell eine nähere Ansprache ermöglichen würden, fehlen. In der Verfüllung der kleinen Kochgrube fand sich lediglich eine einzelne Karyopse. Mit diesem Befund ist nachgewiesen, dass in der Mondsee-Gruppe des ausgehenden Jungneolithikums Nacktweizen als Kulturpflanze eine wichtige Rolle spielte."

Gruber 2008, Heinz: → Das Neolithikum in Oberösterreich - Ein Überblick zum Forschungsstand. Archäolog. AG Ostbayern / West-/Südböhmen / OÖ. Fines Transire 18, 2009:133–143. (mit illustrativen chronologischen Besiedlungsgrafiken OÖ und NÖ von Christian Mayer, BDA.)

Maurer, 2014, Jakob: → Die Mondsee-Gruppe: Gibt es Neuigkeiten? Ein allgemeiner Überblick zum Stand der Forschung. 32. Niederbayerischer Archäologentag, 2014:145–190.

Mitterkalkgruber 1954, David: → Jungsteinzeitliche Siedlungen im Ennstal. – Jahrb. OÖ Musealverein 1954:123-140.

Zusammenfassend schreibt er, dass in der jüngeren Siedlungsperiode eine Vermischung nordischer und donauländischer Kulturelemente stattfand. Meines Erachtens hat ein unmittelbarer Zusammenhang mit der Mondseekultur nicht bestanden. Der Siedlungsraum im Voralpengebiet östlich der Enns hat eigene Kulturentwicklung, deren Wurzeln im Donauraum liegen. Die gefundenen eindeutigen Mondseetypen fallen unter den übrigen Kulturresten auf und wirken fremdartig. Sie mögen im Handelswege hierher gelangt sein. Zudem ist der Raum westlich der Enns bis zum Steyrtal hinüber fundfrei. Fundberichte liegen erst von Molln, Kirchdorf, Micheldorf, Klaus, Steyrling und Brunnenthal-Pernerau vor.

Mitterkalkgruber 1992, David: Die Jungsteinzeit im oö Ennstal und ihre Stellung im ostalpinen Raum. Linzer Arch. Forsch. Sonderband IX (Linz 1992).
Mitterkalkgruber findet in diesem seinem Alterswerk unter Anleitung von Ruttkay, Beninger und Willvonseder - wenig überraschend - nunmehr doch viel Mondseer Keramik. In manchen Stationen gibt es zwar gar keine Haustiere, in anderen vor allem Schafe und Ziegen.


Reitinger 1969, Josef (Landesarchäologe): OÖ in ur- und frühgeschichtlicher Zeit. (OÖ Landesverlag Linz 1969, 433 S. mit 342 Abb.) stellt eine Verbindung der Pfahlbauern mit der Münchshöfener Kultur als möglich dar, wenngleich er S. 55 f. schreibt: „Da wir die materiellen Hinterlassenschaften der Münchshöfener Kultur in Oberösterreich nur bruchstückhaft kennen, ist es nicht möglich, in ihr jene Stilelemente, die grundlegend für die Mondseegruppe wurden, herauszuarbeiten. Daher lässt sich der Übergang von der einen zur anderen, also das Werden der Mondseegruppe, archäologisch nicht aufzeigen. Diese tritt uns plötzlich als fertige Kulturform entgegen und macht mit Beginn der Bronzezeit [Anm.: Schnurkeramik] einer völlig anderen Keramik Platz. Besonders das keramische Material der Mondseegruppe zeigt weder eine Entwicklung, noch lässt es eine Veränderung gegen das Ende zu erkennen.“

Hinweise österreichischer Archäologen auf Schweizer Herkunft

Zwischenfutter für kleine Steinbeile Hinweis von Pittioni auf die Schweiz

Bachner 2002, Margit: Die Keramik der Seeuferstation See/Mondsee - Slg. Much, Inst. f. Ur- und Frühgeschichte, Diss., 3 Bände: Text, Katalog, Tafeln; Wien 2002. (Doktorat bei ÖAW Mondsee-Forscher Prof. Herwig Friesinger)

  • Bachner schreibt auf S. 86 zur Herkunft der Mondsee-Kultur: „Neuere Funde belegen eine engere Anknüpfung auch an die Pfyner Kultur, wie beispielsweise mehrere Gusstiegelfragmente aus dem rechtsrheinischen Gebiet der Pfyner Kultur, der Kupferdolch von Schorrenried bei Reute und eine Kupferspirale von Niederwil „Egelsee“ in der Schweiz (Wininger 1981), alles Typen die in der Mondsee Gruppe ebenfalls vorkommen.“

Pittioni 1954, Richard: Urgeschichte des österr. Raumes. Wien, 1954. 854 S., 536 Abb. (Mondseegruppe S. 210–232)

  • S. 218: „Steingerät ist [in Mondsee] in großer Zahl vorhanden. Kennzeichnend sind: die in verschiedener Größe angefertigten Flachbeile (Abb. 150, 151), von denen die kleineren mit Zwischenfutter geschäftet waren.“
  • S. 228: „Die Ursache für die Errichtung von Pfahlbausiedlungen [am Mondsee] ist kaum zu ergründen, doch könnte man mit Rücksicht auf die Schweizer Verhältnisse an westeuropäische Einflüsse denken, die vielleicht auch durch die Verwendung des Zwischenfutters angedeutet erscheint.(vgl. die Zwischenfutterschäftung in der beigefügten Abb. 151, 2; S. 223)." [vgl. hierzu die nebenstehende Abb.]

Pittioni 1957, R.: Urzeitlicher Bergbau auf Kupfererz und Spurenanalyse. ArchA Beiheft 1, 1957:1–67. Pittioni ordnet hier irrtümlich das Mondseekupfer dem Mitterberger Bergbau zu, wenngleich er umfassenden Cu-Handel konstatiert.

Pittioni 1968, R.: Zu den Beilschäftungen aus Mondsee. ArchA 44, 1968:84–100 (enthält nichts zu Zwischenfutter).


Franz 1927, Leonhard und Weninger, Josef: Die Funde aus den prähistorischen Pfahlbauten im Mondsee. Materialien zur Urgeschichte Österreichs, Anthrop. Ges. und Prähistor. Ges., 3. Heft. 10 Abb. im Text und 376 Abb. auf 42 Tafeln.

  • S. 19 f.: „Mit den Pfahlbauten der Schweiz haben die Oberösterreichs nur so viel gemeinsam, als nordisches Gut in beiden Gruppen vorhanden; auch die Schweiz hat nordische Keramik, steinerne Sägen, Knaufhämmer. Wie in Oberösterreich die Bandkeramik, so spielt in der Schweiz der westeuropäische Kulturkreis neben dem nordischen eine Rolle. Ein starker Unterschied bei den Steinbeilen macht sich in der Beilschäftung bemerkbar: im Mondsee ist die für die Schweizer Pfahlbauten so typische Schäftung mit Zwischenfutter nur schwach vertreten.“
  • S. 81: 5. Geräte aus Hirschgeweih. „Aus Hirschgeweih liegen hauptsächlich Beile vor, deren Schneide durch schräges Abscheiden eines Endes erzielt ist. Da solche Beile keine scharfen Schneiden haben und die Schneiden keine Scharten aufweisen, können sie „nur dehnend, spaltend, nicht schneidend oder zertrümmernd“ gewirkt haben; Pfeiffer denkt an Verwendung beim Bastsammeln oder beim Abhäuten. Wie schon auf S. 19 hervorgehoben, sind die für die Schweizer Pfahlbauten so typischen Zwischenschäftungen für Steinbeile im Mondsee selten.“

Mögliche in Frage kommende Gruppen der Schweiz

Hornstaad Hörnle IA, Pfyn und Beile-Zwischenfutter OFFEN

HLS Historisches Lexikon Schweiz: Pfyner Kultur 4000-3300 BC; Beziehungen zu Oberschwaben und Südbayern

Wininger 1981, Josef: → Feldmeilen-Vorderfeld – der Übergang von der Pfyner zur Horgener Kultur. Schweiz. Ges. f. Ur- und Frühgeschichte. Antiqua 8, 1981. 290 Seiten.

  • Pfyner Kultur 3900-3500; Kupfer; Zentralschweiz; Vorläufer von Pfyn = Hornstaad Hörnle IA = älteste Pfahlbaustation am Untersee/Bodensee; Niederwil
  • 200 Treffer zu „Zwischenfutter“; S. 128-130: Beilschäftungen (Zwischenfutter aus Geweih v.a. für kleine Beile)

Peters 2017, Robin: → Zwischen Wachstum und Krise. Die Pfyner Kultur am Bodensee. Berichte der AG Neolithikum, Bd. 5. 40 Seiten DA

  • Die Hornstaader Gruppe wird als „Konglomerat verschiedenster Kultureinfliisse“ (Schlenker 1994, 209) bezeichnet. Ihre Keramik weist sowohl Elemente auf, die auf einen östlichen Einfluss (Schussenried, Lengyel) als auch auf Verbindungen in die Zentral- und Westschweiz (Cortaillod-Kultur, Zürich-Hafner) hinweisen. Die Existenz von Keramik anderer archäologischer Kulturen im Hornstaader Inventar ist ein Indikator für überregionale Kontakte. Silex aus lokalem Jurahornstein. Hornstaad: einer der ältesten Nachweise von Kupfer; Schmuck ähnlich Cortaillod, Wauwil; hatten weitreichende Kontakte; multikulturelle Kultur; Import-Kupfer

Andere Schweizer Kulturen

Suter 1986, Peter und Schifferdecker, Francois: → Das Neolithikum im schweizerischen Mittelland. In: Chronologie – Archäologische Daten der Schweiz. Antiqua 15 der Schweizer. Ges. f. Ur- und Frühgeschichte. Basel 1986, S. 34–43. (Egolzwil, Kl. Hafner, Cortaillod usw. alle Epochen)

Hafner 2003, A. & Suter, P. befassen sich mit ihrer Veröffentlichung → Das Neolithikum in der Schweiz detailliert mit dessen zeitlicher Entwicklung in der Schweiz.

Hafner 2005, Albert; Suter, Peter: → Raum/Zeit-Ordnung und neue Denkmodelle. Archäologie im Kanton Bern, Band 6B, Bern 2005:431–498, mit Katalog und umfassendem Literaturverzeichnis.
Gliederung nach Zeitperioden; Schweizer Regionen sowie nach Keramik, Textilherstellung, Beile, Lochäxte, Pfeilspitzen, Fischfanggeräte, Geweih-/Knochen-/Silexartefakte; Messer/Erntemesser; Zahn-/Knochenschmuck; Hirschgeweihschmuck; Stein-/Muschel-/Schneckenschalenschmuck. Weiters Beilschäftungen (S. 455: bereits in Egolzwil), Getreidearten, Viehhaltung und Jagd, Siedlungswesen usw.

Gleichzeitigkeit von Kulturen in F, Schweiz und Österreich

Jacomet 2006, Stefani führt in ihrer Veröffentlichung auf S. 67 → Planzen-Wirtschaft in den nordalpinen Pfahlbauten - 3500-2400 BC diese zeitlichen Aufeinanderfolgen weiter und erweitert sie um die nord-östlichen französischen Entwicklungen und auch jene von Westösterreich – leider wieder ohne Oberösterreich (vgl. die nebenstehende Grafik).

Stöckli 2009, Werner:Chronologie und Regionalität des jüngeren Neolithikums im Schweizer Mittelland, Süddeutschland und Ostfrankreich (4.300–2.400 v. Chr.). Antiqua 45, Archäologie Schweiz, Basel 2009. 412 Seiten. (v.a. Keramik; frühe Schweizer Siedlungen, bairische Kulturen; bis Schnurkeramik)

  • Kap. 9. Regionalität und Entwicklung im Schweizer Mittelland, in Süddeutschland und in Ostfrankreich von 4300 bis 2400 v. Chr. (S. 195 ff.) S. 199: In der Ost- und Zentralschweiz hat sich der Henkelkrug mit der Pfyner und der zentralschweizerischen Pfyner Kultur verbreitet.
  • Kap. 10. Geschichte des Neolithikums im Schweizer Mittelland, in Süddeutschland und in Ostfrankreich von 4300 bis 2400 v. Chr. (S. 203ff.) S. 203: Mit dem Kulturblock Egolzwil/Frühes zentralschweizerisches Cortaillod kommen wir in den Sog der mittelmeerischen Kulturen, der am besten durch das Chasséen classique repräsentiert ist. In der Egolzwiler Kultur, die formärmer als ihre südwestlichen Nachbarn ist, fasst man mit den sogenannten Wauwiler Bechern auch einen starken mitteleuropäischen Einfluss.
    Im Vallon des Vaux fassen wir das Cortaillod ancien [um den Bielersee], welches den fast gleichen Formenreichtum aufweist wie das Chasséen classique [Ostfrankreich] und sich als eindeutig zum Mittelmeer orientierte Kultur zu erkennen gibt.