Kapitel VIII: Die Arier in Südrussland und die Migrationen der Arier
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Kapitel VIII: Die Arier in Südrussland
(S. 183 f.)
Nachdem wir alle anderen Regionen Europas überblickt haben, begeben wir uns in die südrussischen Steppen. Das Klima und die physiographischen Merkmale entsprechen, wie Otto Schrader so überzeugend argumentierte, in bewundernswerter Weise der charakteristischen arischen Wiege, wie sie von der linguistischen Paläontologie abgeleitet wurde. Und auch die frühesten dazugehörigen Überreste des nacheiszeitlichen Menschen offenbaren dort eine Kultur, die in bemerkenswertem Ausmaß mit der von den Philologen beschriebenen proto-Arischen Kultur harmoniert. Die fraglichen Überreste stammen fast ausschließlich aus Gräbern mit gekrümmten Skeletten, die mit rotem Ocker bedeckt sind (Ockergräber) und von einem Hügel oder Kurgan überragt werden. Die Menschen, die hier begraben wurden, waren im Allgemeinen groß, dolichozephalisch [asymmetrisch lange, schmale Schädelform: „Langschädel“], orthognath [normale, senkrechte Stellung der Zähne im menschlichen Kiefer] und Jeptorhin [schmalnasig], mit einem Wort nordisch. Es gab jedoch zumindest eine kleine Minderheit von Brachycephalen [„Kurzköpfigkeit“] in der Population.
Das Material der ältesten Kurgane ist dürftig und roh, aber es ist relativ einheitlich über das gesamte Gebiet vom Kaspischen Meer bis zum Dniepr. Diese kulturelle Gleichförmigkeit würde es uns vielleicht erlauben, auch auf die Aktualität einer einzigen Sprache – nicht einer Rasse – zu schließen. Ferner könnte die strenge Befolgung derselben eigentümlichen Begräbnisriten im gesamten Gebiet ein Zeichen für eine Gemeinschaft religiöser Ideen unter allen Kurgan-Erbauern sein, die sich auch in der Anerkennung einer oder mehrerer gemeinsamer Gottheiten ausgedrückt worden wäre. Es wäre verlockend, diese gemeinsame Sprache als indoeuropäisch und die gemeinsame Gottheit als „Dyeus pater“ zu bezeichnen, da die Einrichtung der Gräber eine Kultur offenbart, die der von der Linguistischen Paläontologie außerordentlich ähnlich ist.
In erster Linie waren diese Nordischen der Steppe Viehhirten, da in den Kurganen Tierknochen gefunden werden. Zu den Überresten gehören nicht nur Schafe und Rinder, sondern auch die Knochen des charakteristischen arischen Vierbeiners, des Pferdes. Obgleich die genaue Rasse nicht festgestellt scheint, so kann man doch annehmen, dass es sich nicht um das stämmige deutsche Waldpferd handelte. Das Ockergräber-Volk besaß auch Radfahrzeuge wie die Arier, da in einem solchen Grab ein Tonmodell eines Wagens gefunden wurde. Dieser charakteristische Wagen war dazu bestimmt auch als Wohnraum zu dienen und bestätigt damit Peakes Schlussfolgerung aus der Armut der Gräber, dass unser Volk zum Teil nomadisch war, wie die Skythen und Geten, wie sie von klassischen Autoren beschrieben werden. Jedoch deutet eine Vielzahl von Bestattungen in verschiedenen Ebenen im selben Hügel auf eine fortgesetzte Besiedlung gewisser Regionen für eine längere oder kürzere Zeit hin. Überdies, wenn nicht von Anfang an und überall, betrieben die prähistorischen Bewohner Südrusslands doch ein wenig Ackerbau; da Getreide ist in einigen Kurganen gefunden wurde. In der Tat begannen einige von ihnen in einer reifen Phase ihrer Entwicklung sich in regulären Dörfern in den fruchtbareren Tälern und an den Küsten niederzulassen.
Wieder befanden sich die Nordischen hier in einer chalkolithischen Kulturphase, in den ältesten Gräbern überwiegen tatsächlich Geräte und Waffen aus Stein, Feuerstein und Knochen, aber fast überall findet man kleine Gegenstände aus reinem Kupfer, viele davon sind offenbar Importe. Silber ist auch ziemlich weit verbreitet und ist in der Tat hier häufiger als irgendwo sonst in Europa zur gleichen Zeit; Gold gibt es nur im Kuban-Tal. Natürlich sind die Metallgegenstände in einer bedeutenden Minderheit, außer in der Kuban-Region. Unter den Werkzeugen sind neben Flach-Celten aus Feuerstein oder Kupfer vor allem Knochenstichel und viereckige Kupferahlen zu erwähnen. Das südrussische Waffen-Arsenal entspricht weitgehend dem, das für die Arier hergeleitet wurde. Besonders verbreitet sind perforierte Äxte aus Stein oder Kupfer (Idg. *peleku = Axt, Beil), von denen einige nachweisbar aus Mesopotamien importiert wurden. Pfeilspitzen aus Feuerstein deuten ebenso deutlich auf die Bekanntschaft mit dem Bogen hin, ebenso klar wie unsere Wortentsprechungen. Feuerstein- und Kupferspitzen sind weit verbreitet, und diese – insbesondere die Kupferklingen – könnten ebenso gut am Ende einer langen Stange befestigt worden sein, um sie als Spieße zu verwenden, oder mit einem kurzen Griff versehen worden sein, um Dolche zu formen, was uns an den Bedeutungswandel zwischen Sanskr. *saru = Speer und Goth. *hairus = Schwert erinnert.
Abb. 26. Silbervase aus Maikop mit der Darstellung des Przewalski-Pferdes und anderer Tiere in einer kaukasischen Landschaft.
Diese Übereinstimmung zwischen den linguistischen und den archäologischen Daten ist an sich schon sehr auffällig, aber wir könnten noch wesentlich weiter gehen. Die Philologie (Sprachwissenschaft) deutet auf einen Kontakt zwischen den ungeteilten Ariern und den Sumer-Akkadern hin. Ebenso trägt die Industrie der Steppengräber das unverkennbare Gepräge der mesopotamischen Zivilisation, bei deren Entstehung die Sumerer die Hauptrolle spielten. Die frühesten Metallarten aus Südostrussland, konkave Meißel, Speerspitzen, gelochte Äxte, gehören im Wesentlichen zu den asiatischen, im Unterschied zu den ägyptischen, minoischen oder westeuropäischen Serien. Das impliziert, dass Metall aus der mesopotamischen Region die Steppe erreichte, und wir wissen, dass ein indoeuropäisches Wort für Kupfer aus dem Sumerischen abgeleitet ist. Wiederum wurde das Arische Wort für „Axt“ aus der gleichen Richtung entlehnt. Nicht nur, dass die Kupferäxte aus Südrussland offensichtlich mit Typen verwandt sind, die von den Sumerern des IV. Jahrtausend v. Chr. verwendet wurden, sondern ein Grab in Maikop auf dem Kuban enthielt eine Streitaxt in Form einer Haue, deren Klinge im rechten Winkel zum Schaft stand. Diese Waffe war zweifellos ein Import aus Mesopotamien, da dieser Typ außerhalb der Tigris-Euphrat-Täler, wo er von etwa 3500 bis 1100 v. Chr. in Gebrauch war, nirgendwo sonst anzutreffen ist. Überdies findet man Tonfiguren nackter Frauen in Ockergräbern, wenn auch äußerst selten; diese weisen eine deutliche Ähnlichkeit mit Modellen der Göttin Ischtar auf, die in Assur und anderswo in Mesopotamien gefunden wurden. Nun wird vermutet, dass sich dieser göttliche Name in dem indogermanischen Wort für "Stern" *ester verbirgt, und das Ideogramm für Ischtar im Babylonischen war eben ein Stern. Damit ist nun bewiesen, dass die von der Philologie für die Indoeuropäer postulierten Verbindungen zu Mesopotamien bei den frühen Nomaden Südrusslands Realität waren.
Stimmt man dagegen mit Pokorny darin überein, daß das Idg. Wort *ayos = "Kupfer" von Alasya stammt und auf den Verkehr zwischen Ariern und Ägäischen Völkern hinweist, so fehlt es in Südrussland nicht an Spuren einer solchen Verbindung. Zumindest ahmen die späteren Ockergräber nahe der Mündung des Don in ihrer Form die "Grubengräber" (eine Art Kammergrab) nach, die im III. Jahrtausend in der Ägäis in Gebrauch waren, und enthalten Ornamente, wie z. B. Phallusperlen, die den Handel mit den Kykladen belegen. Schließlich würde sich die angenommene Verbindung zwischen den Ariern und den finno-ugrischen Völkern nach der südrussischen Hypothese ebenso leicht erklären wie aus der skandinavischen, denn dasselbe rohe Jägervolk, das die schwedische "Pfahlbau"-Kultur beschrieb, war weit reichend und breit über Zentralrussland verbreitet und es gibt viele Nachweise für eine Berührung zwischen den beiden Gebieten. Auf der einen Seite erstreckt sich die Barbaren-Keramik, die für den nördlichen Waldgürtel charakteristisch ist, nach Süden bis an den Rand der Steppe, auf der anderen Seite finden wir in Zentralrussland dieselbe Keramik, die mit Dolchen, kupfernen Streitäxten und Idolen babylonischen Typs in Verbindung gebracht wird, die nur aus dem Süden über die Steppen stammen können.
Können wir also diese "neolithischen" Menschen der Steppe ohne Einschränkung Arier nennen; oder waren sie nur ein Zweig dieses Stammes, wie die Germanisten behaupten? Professor Myres, Professor Haddon und Mr. Peake neigen alle zu der ersteren Hypothese, ohne jedoch irgendeinen detaillierten Beweis zur Widerlegung der entgegengesetzten Ansicht vorzulegen. Ihre These impliziert eindeutig erstens die Existenz einer vorneolithischen Bevölkerung in Südostrussland, und zweitens, dass diese Bevölkerung, nachdem sie die in den vorhergehenden Absätzen beschriebene neolithische Zivilisation erworben oder ausgearbeitet hatte, Scharen von Emigranten aussandte, um diese Kultur in den Rest von Europa zu tragen.
Der erste Punkt ist nachweisbar. Mr. Peake hat vorgeschlagen, dass das Ockergräber-Volk von den Solutréern [Vorfahren der Amerika-Besiedler] abstammte, die das Pferd in der Altsteinzeit in Westeuropa gejagt hatten. Nun ist die solutréeische Phase der Altsteinzeit sowohl in der Ukraine als auch im Kaukasus gut vertreten. Und obgleich man in dieser Richtung noch keine genauen Parallelen zu der späteren Phase gefunden hat, die in Frankreich durch die magdalénische Industrie vertreten ist, so häufen sich doch die Nachweise für eine fortgesetzte Besiedlung der südlichen Ebene Europas. Nicht nur, dass dies bei der Migration aus dem Osten von einigen Autoren als Erklärung für die Etablierung der Magdalén-Kultur an der Ostsee angenommen wird; es gibt noch eindeutigere Beweise für eine Abwanderung von Menschen aus derselben Gegend zu einem noch früheren Zeitpunkt, der der letzten Phase des Rentierzeitalters in Frankreich entspricht. Zu den frühesten Überresten menschlicher Artefakte, die bisher in skandinavischen Ländern entdeckt wurden, gehören Mini-Feuerstein-Pfeilspitzen. In Form und Technik sind sie der Mikrolithindustrie Westeuropas völlig fremd, aber sie sind charakteristisch für die früheste Mikrolithkultur auf den Sanddünen von Kleinpolen. Diese Industrie wurde daher in der Zeit vor dem Magdalén von Osten her nach Skandinavien eingeführt. Weiter westlich erreichten sie gerade die Küsten von Yorkshire, zeitgleich mit der Magdalén-Kultur. Es muss also im Gefolge der letzten Gletscher einen Überfluss von Menschen aus der südöstlichen Ebene gegeben haben. Es muss also schon früher Menschen in Polen und erst recht in den bewohnbareren Gegenden Südrusslands gegeben haben. Und in der Tat wurden weitere Mini-Feuersteine an den Ufern der Desna, des Dniepr und des Don, auf der Krim und in der kirgisischen Steppe entdeckt. Letztere sind Parallelen zur Industrie der Tardenoisien-Kultur [spätneolithische Kultur in Frankreich], die einer Epoche zuzuordnen ist, die zwischen der Altsteinzeit und der Jungsteinzeit liegt, können aber angesichts der Analogien in Mesopotamien, Indien und sogar der Mongolei durchaus zu einer eigenständigen Gruppe gehören.
Daraus ergibt sich die Anwesenheit vor-neolithischer Menschen im östlichen Teil der europäischen Tiefebene, und es ist klar, dass sie sich zu dieser Zeit nach Westen bewegten. Sie könnten Haddon´s Proto-Nordier sein; der nordische Schädel von Ober-Cassel und die nordischen Elemente im Magdalén und die Küchen-Muschel-Abfallhaufen markierten Vorposten ihres nacheiszeitlichen Vorstoßes nach Westen. Wir hätten in der Tat eine spärliche Population proto-nordischer Jäger, die sich in der frühen Nacheiszeit ungleichmäßig vom Schwarzen Meer bis zur Ostsee verteilten. Sie wären noch keine Arier, aber wir könnten annehmen, dass diejenigen, die sich im Norden niederließen, die Vorfahren der Finnen wurden. Die hier vertretene Ansicht wäre, dass ein anderer Teil dieses proto-nordischen Stammes, der sich auf die pontische Steppe konzentrierte, dort die jungsteinzeitliche Zivilisation der Ockergräber entwickelte und dann nach Mitteleuropa verbreitete. Die Germanisten behaupten im Gegenteil, dass der Kern der Ocker-Gräber-Kultur zur Gänze aus Skandinavien mitgebracht wurde. Es ist möglich, gewisse Argumente für unsere Auffassung anzuführen.
Wir haben in den vorhergehenden Kapiteln gesehen, dass das charakteristische Attribut und Symbol der Nordischen Kulturen, das wir jetzt als Arisch erkennen, die durchlöcherte Streitaxt war. Nun lässt sich die Entstehung dieser sehr eigentümlichen Waffe in Südrussland besser erklären als anderswo. Solche Waffen sind weitaus ungewöhnlicher, als man denken könnte. Nur sehr wenige Völker sind auf die scheinbar einfache Idee gekommen, den Schaft der Axt durch den Axtkopf zu stecken. Die alten Ägypter bis in hellenistische Zeit, die prähistorischen Bewohner Westeuropas bis etwa 1000 v. Chr., die präkolumbianischen Indianer Amerikas, die pazifischen Insulaner vor der Ankunft der Europäer und viele andere Naturvölker benutzten alle die unbeholfene Vorgangsweise, den Axtkopf aus Stein oder Metall an den Schaft oder in eine Schaft-Spalte zu binden. Andererseits waren von den Alpen bis zum Zagros vom dritten Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung richtig gelochte Äxte mit einem Schaftloch im Kopf in Gebrauch. Es wäre naheliegend, daraus zu schließen, dass dieses außergewöhnliche Gerät, das nur in einem so verhältnismäßig begrenzten Gebiet verwendet wurde, in einem einzigen Zentrum erfunden und von dort aus verbreitet wurde. Heutzutage ist ziemlich sicher, dass dieses Zentrum Mesopotamien war. Die jüngsten englischen und amerikanischen Ausgrabungen in Ur und Kish haben echte Exemplare und Tonmodelle von perforierten Kupferaxtköpfen aus dem IV. Jahrtausend v. Chr. ans Licht gebracht. Selbst in der Chronologie der Germanisten sind dies die allerfrühest datierten Beispiele solcher Waffen.
Darüber hinaus lässt sich mit Fug und Recht die Annahme anführen, dass die in Mesopotamien geborene Idee gerade durch unsere Nordischen aus dem Nordkaukasus in das übrige Europa übertragen wurde. Namhafte skandinavische Archäologen haben seit langem erkannt, dass die nordischen steinernen Streitäxte Nachahmungen einer eigentümlichen Kupferwaffe waren, bei der eine Klinge parallel und eine im rechten Winkel zum Schaft stand, die üblicherweise als Axt-Dechsel bezeichnet wird, wobei sie bekannte Beispiele aus Ungarn anführen. Aber dieses verwunderliche Werkzeug bedarf selbst einer Erklärung, und diese findet man nicht in Ungarn, sondern nur weiter östlich. Die Sumerer benutzten um 3000 v. Chr. zwei Arten an kupfernen Streitäxten, von denen die eine die Klinge parallel zum Schaft und die andere im rechten Winkel wie bei einer Haue hat. Die einzig verständliche Erklärung für die ungarischen Axt-Dechsel besteht darin, sie als eine Verschmelzung der beiden mesopotamischen Typen zu betrachten. In Babylonien und Assyrien wird nun dieser zusammengesetzte Typus erst um 1100 v. Chr. gefunden, aber es gibt ein Exemplar aus einem "Schatz" oder einer Grabgruppe, die durch sumerische Goldvasen auf das III. Jahrtausend datiert wird und vor vielen Jahren in einem Hügel südlich des Kaspischen Meeres in der Nähe von Astrabad gefunden wurde. Darüber hinaus gibt es noch ein weiteres Beispiel aus einem Ocker-Grab in Maikop am Kuban, das ebenfalls eine Axt von der eigentümlich mesopotamischen hauenartigen Art enthielt. Irgendwo in diesem Winkel der Welt könnte also die Axt-Dechsel erfunden worden sein. Seine Umwandlung in Stein bei Völkern, denen es an Kupfererz mangelte, würde die Nordischen Waffen erklären.
ABB. 27. Die Typologie der Streitaxt. 1-3, Kupfer-Prototypen: 1-2, Mesopotamien; 3. Kaukasus und Ungarn; 4-6, Steinkopien: 4-5, Schlesien; 6, Großbritannien; 7, Bronze-Derivat: Skandinavien.
In der Tat würden wir, wie sich gleich zeigen wird, eine sehr gute Verteilung sowohl für die Kupferprototypen als auch für die Steinkopien erhalten, wenn wir annähmen, dass sie von einem Zentrum im Südosten Russlands ausstrahlen. Gleichzeitig sollten wir die chronologischen Schwierigkeiten vermeiden, die die trojanischen Äxte mit sich bringen, wenn wir davon ausgehen, dass sie das Ergebnis einer parallelen und zeitgenössischen Entwicklung sind und nicht Abkömmlinge der Skandinavier. Hier ist also ein starker Nachweis der Schlussfolgerung für die Annahme, dass das Streitaxt-Volk von Nordeuropa aus dem Südosten kam und nicht umgekehrt.
Natürlich ist das noch lange kein Beweis. Eine Typologie ist eine zweischneidige Waffe, es sei denn, beide Enden der Serien sind sicher datiert.
Abb. 28. Paläolithische Zeichnungen von Pferd und Mammut aus der Höhle von Combarelles in der Dordogne (Magdalénien).
Ein zweites mögliches Argument für unsere Auffassung findet sich in der Verbreitung prähistorischer Equiden. Wir haben gesehen, dass das schnelle Pferd zuerst in Transkaukasien zahm erscheint und dass dieses Pferd der Vorfahre der bronzezeitlichen Pferde Europas war. Wer hätte dieses Tier eher in die westliche Welt eingeführt als unsere nomadischen Leute der Steppen? Mr. Peake glaubt tatsächlich, dass sie für die Domestizierung des Wildtieres verantwortlich waren, das ihre Vorfahren einst gejagt hatten. Wenn gezeigt werden könnte, dass das schnelle Pferd in Europa gleichzeitig mit den Streitaxtkulturen in Europa auftauchte, dann hätten wir ein wirklich schlüssiges Argument für unsere Ansicht. Im Moment kann leider aber nur nachgewiesen werden, dass Reste des schnellen asiatischen Pferdes und Nachweise für die Domestizierung von Equiden in Mitteleuropa erst nach der Ausbreitung der Streitaxtkulturen gefunden werden. Das verfügbare Material ist hervorragend; zu bestimmen, ob das Tier domestiziert ist oder nicht, ist besonders schwierig – selbst die Unterscheidung zwischen dem asiatischen Pferd und der schwereren Varietät der Wälder Nordeuropas kann nur von einem Spezialisten erkannt werden.
Vor diesem Hintergrund kann man sagen, dass die Nachkommen des Anau-Pferdes [Anm.: Anau = Stadt im Süden Turkmenistans] zuerst in Schweizer Pfahlbauten der späten Bronzezeit (um 1000 v. Chr.: Alpenquai MAGZ 1924:193) sicher erkennbar werden. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass die Pferdeknochen, die mit steinernen Streitäxten in einer befestigten Siedlung der Kupferzeit bei Hammerau in Bayern gefunden wurden, zur gleichen Rasse gehören. Zugleich führt uns der früheste sichere Beweis für die Domestizierung der Pferde – Gebisse aus Horn – nicht über die mittlere Bronzezeit in Mitteleuropa (um 1500 v. Chr.) hinaus; nur das Stück von Gross Czernosek an der Elbe in Böhmen kann etwas früher sein, wenn man den mangelhaften Bericht über die Ausgrabungen akzeptiert. Das erwünschte genaue Zusammentreffen ist also nicht erwiesen. Es bleibt möglich, dass das Anau-Pferd mit den Keramik-Handwerkern vor den Streitaxtkulturen nach Europa kam und sich langsam von Siebenbürgen in die Schweiz und nach Bayern verbreitete, obwohl es nicht mit den anderen Haustieren vergesellschaftet war, die zu Beginn der Jungsteinzeit nach Europa eingeführt wurden. Es ist auch möglich, dass das einheimische Waldpferd davon unabhängig im Norden domestiziert wurde.
Die Anhaltspunkte der Streitäxte und des Pferdes können daher bei der Masse der Nachweise, die die Verfechter der Germanisten-These zusammengetragen haben, nicht als schlüssig angesehen werden. Nichtsdestoweniger werden wir die Implikationen unserer Theorie weiter untersuchen.
Die Migrationen der Arier
(S. 192 f.)
Wir sollten mit einer spärlichen Population von Jägern aus der Jungsteinzeit beginnen, die weit über die Steppe verstreut sind. In Südrussland können wir wenigstens sagen, dass die Bedingungen günstig wären für ihre Einführung in eben jene Anfänge der neolithischen Kultur, die die Arier kennzeichnen. Im Osten dürften sich die Keramik-Handwerker in Anau niedergelassen haben. Die fruchtbaren Schwarzerdegebiete im Westen wurden schon früh von ähnlichen Ackerbauern besiedelt. Beide oder eine dieser Gruppen könnten den Nomaden als Lehrer in den Künsten der Nahrungsmittelproduktion gedient haben. Südlich des Kaukasus und des Schwarzen Meeres lag Mesopotamien, wo seit dem Ende des fünften Jahrtausends eine große Zivilisation blühte. Es besteht überhaupt kein Zweifel, dass diese Zivilisation die Menschen in den europäischen Steppen beeinflusst hat. Haben Banden der Nordischen, die sich in die Pässe des Kaukasus wagten, von weitem einen Blick auf den Garten Eden geworfen und – von seinem Reichtum verlockt – Raubzüge nach Süden unternommen? Dringen sumerische Kaufleute und Erz-Prospektoren auf der Suche nach Metallen, Hölzern, Steinen und Edelsteinen, die ihnem eigenen Schwemmland fehlten, in die Festungen Armeniens und darüber hinaus ein? Haben die Semiten, die den Halys [Anm.: Brit. Engl. „Halys“ = the ancient name for Kizilirmak] von ihrer Kolonie in Kappadokien herabstiegen, ein Schiff genommen und das Schwarze Meer überquert? Alle diese Kontakt-Arten zwischen Europa und Mesopotamien wurden wahrscheinlich tatsächlich hergestellt. Eher später brachten andere Besucher, diesmal auf dem Seeweg aus dem Südwesten, frische Ideen an die Küsten Südrusslands. Argonauten von den Kykladen, die die Abenteuer der Mileter vorwegnahmen, gründeten zweifellos Handelskolonien in der Nähe der Mündung des Don, wie die bereits erwähnten Gräber zeigen. Andere Seefahrer, "Kinder der Sonne", die in den Edelsteinen des Kaukasus die Gegenstände ihrer weltweiten Suche fanden, hätten die Nomaden der Steppe mit der Idee des megalithischen Grabes und des göttlichen Königtums bekannt machen können.
Unsere hypothetischen Nordischen in Südrussland wären also weniger isoliert gewesen als ihre entfernten Verwandten an der Ostsee; mit ihnen wäre die Entstehung einer vitalen neolithischen Kultur leicht nachvollziehbar. Sie hätten die einfachen neolithischen Fähigkeiten der Lebensmittelproduktion und der Töpferei erlernen können; sie konnten Pelze oder die Produkte ihrer Herden gegen Waffen und Werkzeuge aus Metall eintauschen; in Ermangelung dessen könnten sie solche in Stein und Feuerstein nachahmen. Und es wird von allen Seiten eingeräumt, dass die Nordischen in Südrussland solche Einflüsse absorbiert haben. Die hier dargelegte Ansicht unterscheidet sich von der im vorigen Kapitel erörterten nur in dieser Hinsicht: Während die Germanisten die von Keramik-Handwerkern, Mesopotamiern und Ägäern herrührenden Elemente nur als sekundäre Zusätze zu einer aus Skandinavien mitgebrachten nordischen Kultur anerkennen, verlangt nun diese Ansicht, dass die Kultur der Ockergräber und die nordische Kultur Skandinaviens selbst durch die eben aufgezählten Faktoren vollständig konstituiert werden. Unsere hier vorgelegte Hypothese setzt Migrationen aus der Steppe nicht nur nach Südosten (Mesopotamien und Iran) und Südwesten (Troja und Balkan), sondern auch nach Norden und Nordwesten voraus; die Germanisten lassen nur die erstgenannten Wanderungen zu.
Betrachten wir diese Punkte genauer. Man beachte zunächst, dass die Ockergräber nach Tausenden gezählt sind; sie decken vermutlich einen beträchtlichen Zeitraum ab. In der Tat haben russische Archäologen drei Phasen der Evolution in der Don-Donetz-Region unterschieden. Die ältesten Gräber sind einfache Gruben oder Steinkisten, die sehr wenig Metall enthalten, und Töpfe, die mit linearen Mustern verziert sind, die durch den Eindruck einer Schnur entstehen. Es folgen Kammergräber, von den Russen "Katakombengräber" genannt, die mehr Metall enthalten, und Gefäße, auf denen die Schnurabdrücke Spiralen und Schleifen bilden. Zu guter Letzt gibt es noch Holzsärge, die sich mit der Eisenzeit überschneiden.
Die erste Phase würde nach unserer Auffassung der Periode der Arier-Geschlossenheit entsprechen. In der zweiten Phase hatte die Differenzierung, die durch das Wachstum lokaler Stile in der Keramik gekennzeichnet war, eingesetzt. Einige Hirtenfamilien verließen die Steppe, um in den fruchtbaren Tälern, die sie durchschneiden, als Ackerbauern ein sesshaftes Leben zu führen. In dieser Phase wird der Einfluss der Ägäis in der Gräberform und der der Keramik-Handwerker mit der spiralförmigen Dekoration sichtbar. Man könnte fast eine Verschmelzung zwischen Bauern und Viehhirten vermuten, und von dieser Zeit an blieben die Täler bis zum Aufkommen der Skythen ununterbrochen besiedelt. Die meisten Germanisten werden dieser Deutung der "Katakombengrab"-Periode zustimmen.
Es wird auch generelle Zustimmung geben, dass der mesopotamische Einfluss an den nördlichen Hängen des Kaukasus, in den Tälern des Kuban und des Terek, am intensivsten war. Hier wurden wahrhaft königliche Gräber an Größe und Reichtum errichtet – im Gegensatz zu den armen Kurganen der Steppe. Es sind die Gräber von Häuptlingen, die ihre Gefolgsleute auf Plünderungszüge nach Armenien, Kappadokien und sogar Mesopotamien geführt hatten. Die Massen an Gold und Silber, die in diesen riesigen Hügelgräbern vergraben sind, müssen zum Teil Beute aus den reichen Staaten südlich des Gebirges sein. Das zeigt sich zum Beispiel in den goldenen und silbernen Löwen und Stieren, die den Baldachin schmückten, unter dem ein Prinz in dem berühmten Hügelgrab bei Maikop seine letzte Ruhe fand. Diese südlichen Artefakte an den nördlichen Hängen des Kaukasus sind das Gegenstück zu den kaukasischen Objekten, die wir in Nordsyrien angetroffen haben. Solche Raubzüge, die sie auch in den Norden brachten, waren der Auftakt zu den Invasionen. Wir können vermuten, dass die Vorfahren der Inder und der Iraner als Freibeuter jene Wege entdeckten, die sie schließlich zum Thron von Mitanni und in das Indus-Tal führten.
Ihr Vormarsch kann noch nicht im Detail verfolgt werden. Wir könnten vermuten, dass der Anführer der Vorhut dieser Invasion die kupferne Streitaxt (Axt-Dechsel) geschwungen hat, die in einem Hügelgrab in der Nähe von Astrabad gefunden wurde. Aber eine bestimmte – wenngleich undatierbare – Migration um den Kaukasus ist zu erkennen. Sie begann nördlich des Gebirges, umrundete die östliche Flanke der Gebirgskette und erreichte das persische Hochland westlich des Kaspischen Meeres. Die Wegmarken auf dieser Route sind Dolmen-Gräber in der Nähe von Kala Kent auf der Halbinsel Baku und andere Grabstätten, die de Morgan in Talysh und Lenkoran untersuchte. Die erstere Gruppe enthielt große spiralförmige Ohrringe mit abgeflachten Enden aus Kupfer und Becher mit Analogien zu dem Ockergrab am Kuban und am Dniepr. Die Gräber an der kaspischen Küste Transkaukasiens sind in ihrer Form unverkennbar mit denen des Kuban-Tals verwandt, aber ihre Einrichtung ist uneinheitlicher. Kupfernadeln mit doppelten oder vierfachen Köpfen und kupferne Streitäxte scheinen von nördlicheren Typen abgeleitet zu sein, aber andere Ornamente und Waffen müssen auf eine noch undatierte mesopotamische Kultur zurückgeführt werden. Schließlich wurden in einigen der fraglichen Gräber eiserne Gegenstände gefunden, die aber laut de Morgan auf eine spätere Welle von Eindringlingen zurückzuführen sind. Die Nachweise für eine Völkerwanderung von Südtussland nach Mesopotamien sind also insgesamt zufriedenstellend. Es mag bezeichnend sein, dass eine schöne steinerne Streitaxt – das früheste datierte Exemplar aus dieser Region – in den Fundamenten des Shushinak-Tempels in Susa (VII. Jh. v. Chr.) beigesetzt wurde.
Während sich die einen Nomaden in den Tälern niederließen und die anderen an den Hängen des Kaukasus Fürstentümer bildeten, waren die übrigen in der Steppe gezwungen, Entlastungsmöglichkeiten für ihre wachsende Zahl und frische Weiden für ihre wachsenden Herden zu finden, so wie sich auch die Donaubauern in Mitteleuropa ausgebreitet hatten. Aber die Viehzüchter breiten sich nicht langsam und regelmäßig aus, wie die Ackerbauern, sondern bewegen sich schnell wie Pfeile. Der eigentlichen Migration gehen Erkundungsexpeditionen im Sommer voraus, und solche Exkursionen offenbaren den Nomaden andere Ziele als bloße Weidegründe – Zentren des Reichtums, die geplündert werden und Lösegeld für Geiseln bringen können. Die erzwungene Expansion aus der Steppe scheint in der Tat von solchen Zielen geleitet worden zu sein.
Eine solche Expansionswelle wird auch von den Germanisten zugestanden werden: Sie führte das Streitaxt-Volk nach Troja und auf den Ostbalkan. Die trojanischen Streitäxte finden ihre nächsten Parallelen in Südrussland. Der Weg dieser Nordischen Bande würde längs der offenen Steppe nördlich des Pontus verlaufen sein. Eine Wegmarke auf ihrer Route ist vielleicht im Schatz von Borodino in Bessarabien zu erkennen, der Zeremonien-Äxte aus edlem Stein enthielt, die eng mit denen aus Troja verwandt waren. Die Äxte des trojanischen Schatzes müssen auf jeden Fall einem Häuptling zugeschrieben werden, der von der Nordküste des Schwarzen Meeres gekommen war. Ebenso können die steinernen Streitäxte und Feuersteinkelte, die wir als störende Elemente in den Ansiedlungen der Keramik-Handwerker in Bulgarien bemerkten, einem Zweig desselben Invasionsstromes zugeschrieben werden und würden die Arisierung dieses Endes des Balkangebirges kennzeichnen.
Wir wenden uns nun den Bewegungen nach Westen zu. Vom Standpunkt dieses Kapitels aus müssen die Nordischen, die in das Donautal vordrangen, den Schwarzerde-Gürtel durchquert haben, der bis etwa 1600 v. Chr. oder später von Keramik-Handwerkern bewohnt wurde. Der Leser wird sich jedoch daran erinnern, dass die Kultur der Bemalt-Keramik in der Ukraine und in Rumänien in zwei verschiedene Perioden zerfiel. Die alten Dörfer gingen in Flammen auf und wurden nicht in allen Fällen wieder besiedelt, während Erésd, die kulturelle Hauptstadt der ganzen Region, vollständig zerstört wurde. Diese Spur von Feuer und Zerstörung könnte einen ersten Ansturm von Nomaden aus der Steppe markieren; ihr Ziel wären die siebenbürgischen Goldfelder gewesen. Denkmäler ihres Vordringens sind in den kupfernen Axt-Dechseln zu erkennen, die in oder in der Nähe der Stätten der früheren Bauerndörfer und unter den Ruinen von Erésd gefunden wurden. Die späteren ungarischen Axt-Dechsel, die in Mitteleuropa eine so weite Verbreitung fanden, wären dann das Werk einheimischer Metallarbeiter gewesen, die lokale Erze verwerteten und im Auftrag der neuen Nordischen Oberherren arbeiteten.
Ein solcher Angriff von Osten her würde die Erscheinungen, die wir bei der Erörterung der zweiten Phase der Zivilisation im Donautal angetroffen haben, sehr komfortabel erklären. Wenn wir davon ausgehen, dass einige der Eindringlinge aus der Steppe über die Alt nach Ungarn vordrangen und mit ihnen einige der eroberten Völker Siebenbürgens mitrissen, so könnten wir die Nordischen Schädel, die Pferdeknochen, die kupfernen Axt-Dechsel und die barbarisierte Bemalt-Keramik verstehen, die wir auf den Friedhöfen von Lengyel, O Besseny und Lucskai antrafen. Dieser Invasionswelle wären weitere gefolgt. Man hätte die Schnurkeramik eingeführt, die wir früher als von Osten nach Ungarn kommend sahen, und deren Mittelpunkt nach heutigem Ansicht zwischen dem Dniepr und dem Don liegen könnte. Und die verschiedenen Arten von kupfernen Streitäxten, die sich in Ostungarn und dem heutigen Rumänien konzentrieren, sich aber bis nach Bosnien, Dalmatien und Kroatien erstrecken, sind von Dr. Nagy einer Reihe von Invasionen aus den Steppen zugeschrieben worden.
Die Verbindungen zwischen der Fatjanowo-Kultur in Zentralrussland und den kupferzeitlichen Ockergräbern weiter südlich sind unverkennbar. In der vorliegenden These muss die erstere auf eine Bewegung von Menschen Wolga-aufwärts zurückgeführt werden. Man könnte sogar argumentieren, dass sich die gleiche Bewegung westwärts nach Finnland und Skandinavien fortsetzte.
Schließlich kommen wir zu den Beziehungen zwischen Südrussland und Skandinavien. Die Nachweise für solche Zusammenhänge sind unumstritten. Nach der hier diskutierten Ansicht müssen sie durch eine Vielzahl von Migrationswellen und -strömen erklärt werden, die letztlich in den Zentren des Wohlstands zusammenlaufen – die Bernsteinvorkommen Jütlands, das Saalesalz, die Handelswege Elbe-Donau. Offen gesagt ist es hier unmöglich, die komplizierten Details dieser Bewegungen zu entwirren. Die Pioniere wären vielleicht mit vieleckigen Streitäxten bewaffnet gewesen wie in Abb. 27, 5. Nach einer Pause in Kleinpolen wanderten einige die Weichsel-abwärts und erreichten Jütland etwa zur gleichen Zeit wie die Dolmen-Erbauer. Andere, die stromaufwärts gingen, erreichten Schlesien und drangen dann als Eroberer bis an die Hänge der Alpen vor, wo sie sich in den kupferzeitlichen Bergbau-Stationen niedergelassen hätten. Eine andere Bande von Eindringlingen hätte eine spezielle Art von kugelförmigen Amphoren verwendet; solche Gefäße sind in Mitteldeutschland, Pommern, Polen, Ostgalizien und der Péltava verbreitet, wo sie regelmäßig in Kisten-Gräbern, begleitet von Bernsteinperlen, gefunden werden, aber sie stehen sicherlich in Verbindung mit Gefäßen, die in einem Ockergrab in Tearevskaya am Kuban gefunden wurden. Wir müssen annehmen, dass diese Bande von einem Häuptling angeführt wurde, der sich auf dem Baalberg an der Saale ein Grabmal errichten ließ, in Anlehnung an die Gräber seiner Vorfahren in Zarewskaja.
Aber die kompakteste und schonungsloseste Gruppe von Eindringlingen waren diejenigen, die schnurverzierte Keramik verwendeten. Ihr Ausgangspunkt läge in der Nähe des Donetz-Tals, wo solche Keramik in der ältesten Klasse der Hügelgräber gefunden wird und von wo aus ihre Verwandten nach Siebenbürgen aufgebrochen sein müssen. Die nördlichen Banden hätten auf Jütland und Thüringen abgezielt. Dort tauchten sie als das Volk der Einzel-Gräber und Thüringer Hügelgräberbauer auf, deren spätere Wanderungen nach Westen bereits nachgezeichnet wurden.
Auf diese Weise würden Kossinnas Wanderungen ins Gegenteil verkehrt.
Aber ist diese Umkehrung auf der Grundlage der archäologischen Nachweise wirklich passend? Es gibt sicherlich Argumente, die dafür sprechen. Es handelt sich um die Fortsetzung einer Tendenz, die bereits in vorneolithischer Zeit begonnen hatte. Die Typologie der Streitäxte liefert zumindest eine zufriedenstellende Erklärung für Objekte, die in Skandinavien offen gesagt ein Rätsel sind. Dafür spricht die Tatsache, dass steinerne Streitäxte rein südrussischen Typs tatsächlich an den Ufern der Ostsee in Finnland, Estland und sogar in Dänemark selbst gefunden wurden und dass die konkaven Meißel, die mit den Streitaxtkulturen Schwedens in Verbindung gebracht werden, von südrussischen und schließlich mesopotamischen Prototypen abgeleitet zu sein scheinen. Dennoch wäre es ungerecht, dem Leser den Schluss zu gestatten, dass die ungeheure Menge an Nachweisen, die von führenden Experten Deutschlands, Schwedens, Polens und der baltischen Staaten so ausdauernd zusammengetragen wurden, so leicht abgetan werden kann.
Eine Richtungsänderung der Rassenverschiebung zwischen der Jungsteinzeit und der spätneolithischen Zeit ist angesichts der Verschlechterung des Klimas in Skandinavien erklärbar. Spätestens in der Voll-Bronzezeit erfasste eine Strömung aus Mitteleuropa Südrussland, die sich bis in die skythische Zeit fortsetzte. Die meisten typologischen Studien der Archäologen zu den Formen von Gräbern, Celten, Streitäxten und Keramik und deren Verbreitung geben stets den skandinavischen und mitteldeutschen Formen den Vorzug. Die Assoziation von Bernstein mit den Kugelamphoren in polnischen und galizischen Gräbern sieht so aus, als kämen ihre Hersteller aus dem Baltikum. Und armselige Knochen- oder Tonanhänger aus Gräbern auf dem Kuban ähneln in ihrer Form genau Bernsteinornamenten aus Ostpreußen. Umgekehrt ist die für Südrussland so charakteristische Färbung des Skeletts mit rotem Ocker nur einmal im Norden beobachtet worden – bei Charlottenhöhe in Uckermark. Die kumulative Wirkung der hier nur skizzierten Argumente ist immens, aber nicht absolut schlüssig. Der entscheidende Faktor muss die Chronologie sein.
Sind alle Ockergräber in Südrussland wirklich älter als die frühesten Einzelgräber Jütlands (sagen wir 2500 v. Chr.)? Sind die Doppeldolmen mit Kugelamphoren von Zarewskaja am Kuban wirklich älter als ihr Pendant am Baalberg an der Saale (um 2000 v. Chr.)?
Diese Fragen können erst dann endgültig beantwortet werden, wenn die wenigen Überreste aus den südrussischen Ockergräbern vollständig veröffentlicht und gründlich untersucht sind. Professor Rostovtseff datierte die kupferzeitlichen Gräber auf dem Kuban aus stilistischen Gründen auf etwas vor 2500 v. Chr.; Professor Farmakovsky kam aus ähnlichen Gründen zu einer Datierung etwa tausend Jahre später. In den letzten Tagen hat der Verfasser eine überzeugende Studie über den Schmuck und die Geräte aus Ockergräbern von Professor A. M. Tallgren erhalten. Seine Schlussfolgerungen sind, dass die Ockergräber als Ganzes eher dem zweiten als dem dritten Jahrtausend v. Chr. angehören. Wenn dies richtig ist, wenn diese Argumente nicht nur auf die "Katakomben", sondern auch auf die frühesten Ockergräber anwendbar sind, dann muss der Versuch, die Wanderungen von Tallgren und Kossinna rückgängig zu machen, aufgegeben werden. Die nordischen Kulturen in Jütland und Mitteldeutschland werden älter sein als die in Südrussland. Die letzteren werden dann nicht die Denkmäler der [noch] ungeteilten Arier sein, sondern nur eines Zweiges dieses Stammes. Die Arisierung des Donautals, der Alpen und des Rheinlands wird auf eine Expansion aus dem Norden zurückzuführen sein, nicht auf eine Invasion aus dem Osten. Die nordischen steinernen Streitäxte werden keine Imitationen von kupfernen Axt-Dechseln sein, sondern müssen von den Horngeräten mit einem Loch für den Schaft abgeleitet sein, die bereits im Magdalien in Gebrauch sind, während die ungarischen Axt-Dechsel dem Handel mit Kreta zuzuschreiben sind. Die Streitaxt-Kulturen Jütlands und Thüringens müssen aus einem alten einheimischen Element durch Berührung mit der fremden Zivilisation der Dolmen-Erbauer hervorgegangen sein. Ihre schnurverzierten Krüge müssen die Fortsetzung eines älteren Stoffes sein, dessen Wurzeln Sophus Müller bis in die Vordolmenzeit in Dänemark zurückverfolgte.
Childes bekräftigt seine Überzeugung zur südrussischen Herkunft der Indoeuropäer
Der Verfasser ist nach wie vor der Meinung, dass sich die auf den vorangegangenen Seiten skizzierte südrussische Hypothese, die er auch – mit Vorbehalten – in einer früheren Arbeit vertrat, als haltbar erweisen könnte; sein Vertrauen in diese Hypothese ist jedoch durch das Erscheinen der neuen Artikel von Kozłowski und Tallgren erschüttert worden. In Ermangelung dessen bleibt nur die Germanisten-Theorie übrig.
Die Leute der Ocker-Gräber werden noch immer Arier sein, aber nicht die Arier.
Anhang zu Kapitel VIII: Die Arier in Südrussland mit den (prohibitiven russischen) Daten
Angesichts der entscheidenden Bedeutung der Datierung der Ockergrabkultur in Südrussland füge ich eine Liste von Objekten aus solchen Gräbern hinzu, zu denen anderswo mehr oder weniger genau datierbare Parallelen bekannt sind.
- Maikop (Kuban)—razor (?) (Dawn, fig. 61, top left): cf. Mochlos tomb iv, MM. III (1700-1600 B.C.). (Seager, Mochlos, fig. 45.)
- Tsarevskaya (Kuban)—poker-butted spear-head (Dawn, fig. 62; cf. Early Hittite graves near Carchemish (? 1900-1750 B.C.). (L.A.A.A., vi, pl. xix, c. 4.)
- Tsarevskaya (Kuban)—? dagger with bronze hilt (ib.); cf. Italian Aunjetitz daggers of Central Europe (1750-1450 B.C.).
- Konstantinovka near Novocherkask (Don)—winged beads (Dawn, fig. 65, 2); cf. phallic beads, Paros, ? E.M. III (2400-2100 B.C.). (Ib., fig. 20, 3.)
- Or cf. Egyptian “fly” ornament (Menai), early XVIIIth Dynasty (XVIth century B.C.).
- Same grave — „papyrus staff“ amulet (also from grave IIb near. Konstautinovka, Terek, Tallgren, Götze-Festschrift, fig. 1); ** cf. similar beads from Paros, same date (i.c., fig. 20, 4), or Egyptian amulets of various dates.
- Novogrigoryevka (Dniepr, catacomb-grave) ? segmented bead of bone (Tallgren, l.c., fig. 13); cf. segmented stone beads Vrokastro E.M. II (2800-2400 B.¢.) or ditto, paste Assur, before 2500 B.C. (?) (Andrae, fig. 61) or ditto paste, Crete, MM. II, and later.
- Same grave—copper disc with punctured ornament (l.c., fig. 12); cf, disc from Stollhof in Lower Austria, c. 1800 B.C.), or
- Same grave and often in other tombs—hammer-headed pins (Dawn, fig. 65, 4-6); cf.
- Remedello, silver (? 2000 B.C.} or Kazbek, bronze (Tallgren, S.0.F., i, p. 327). (1200-1000 BC. ?) or Argive Heraeum, Geometric (900-800 B.C,), (Waldstein, The Argive Heraeum, pl. lxxx, 353-364). The last parallel is very close.
- Jackowice near Kiev —helical copper earrings with flattened ends (Swiatowit, vi, fig. 26); cf. earrings from treasures at Troy, Ii, i, and from Central European Aunjetitz graves.