Die Kanal-Pfahlbauern-Kultur und der Name des Attersees: Unterschied zwischen den Versionen

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* Schindler (1971) schreibt auf S. 304, dass „der tiefstmögliche Seespiegel durch die Schwelle bei der Marktbrücke bestimmt (wurde) und nicht unter die Kote 403,0 m sinken (konnte), falls nicht der See für längere Zeit abflusslos wurde.“ Falls die Pfahlbauten im Trockenen errichtet worden wären, sieht Schindler als einzige Erklärung eine „solche Trockenheit, dass der Zürichsee eben abflussfrei geworden sei und so der Seespiegel weiter gesunken wäre.“ Auf S. 311 sieht er damit die Hafner-Siedlungen zumindest mit den Füßen dauernd im Wasser.  
 
* Schindler (1971) schreibt auf S. 304, dass „der tiefstmögliche Seespiegel durch die Schwelle bei der Marktbrücke bestimmt (wurde) und nicht unter die Kote 403,0 m sinken (konnte), falls nicht der See für längere Zeit abflusslos wurde.“ Falls die Pfahlbauten im Trockenen errichtet worden wären, sieht Schindler als einzige Erklärung eine „solche Trockenheit, dass der Zürichsee eben abflussfrei geworden sei und so der Seespiegel weiter gesunken wäre.“ Auf S. 311 sieht er damit die Hafner-Siedlungen zumindest mit den Füßen dauernd im Wasser.  
 
* Demgegenüber sehen (Jacomet etal 2018, p.36) in 5.1 Discussion of the depositional environment: „… the water table would have needed to be so low, that Lake Zurich would have effectively had no outflow. Furthermore, older organic deposits on the shore of Lake Zurich would have been above the water table for decades, which would have caused their degradation.“
 
* Demgegenüber sehen (Jacomet etal 2018, p.36) in 5.1 Discussion of the depositional environment: „… the water table would have needed to be so low, that Lake Zurich would have effectively had no outflow. Furthermore, older organic deposits on the shore of Lake Zurich would have been above the water table for decades, which would have caused their degradation.“
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==THESE: Der Zürichsee und das mögliche „Geschenk der Sihl“==
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Von vielen denkmöglichen Situationen, die die „Erfindung der Kanal-Pfahlbauern-Technik“ begünstigt haben könnten, scheint es dem Verfasser aufgrund der konkreten zeitlich-historischen Gegebenheiten (älteste Schweizer Pfahlbauern) und des räumlichen Zusammenwirkens der Sihl auf die Limmat und deren Auswirkungen auf den Zürichsee als eine realistische und wahrscheinliche These, dass die Erfindung der Kanal-Pfahlbauern-Technik ein“Geschenk der Sihl“ ist.
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Die ältesten Kanal-Pfahlbauern der Schweiz sind wohl jene der egolzwilerischen Siedlung am Kleinen Hafner bei Zürich, die auf 4450/4250 B.C. datiert wird. C14-Datierungen (Ruoff, 1991) der egolzwilischen Siedlung am Kleinen Hafner weisen ca. 4300/4200 v. Chr. auf. Im Vergleich ist die namengebende Egolzwiler Kultur bei Wauwil jünger. (Radiocarbon-Datierungen von (Felber 1970) weisen für Egolzwil 3: 3670 B.C., für Egolzwil 4: 3410 B.C. aus.) Auch (Doppler 2007) weist darauf hin, dass die egolzwilerische Siedlung am Kleinen Hafner bei Zürich älter als jene bei Wauwil ist.
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Die Sihl war ehedem ein wildbachartiger Fluss, der parallel zum Zürichsee im Sihltal fließt und in die Limmat, den Abfluss des Zürichsees, etwa nach einem Kilometer einmündet. Greule (Deutsches Gewässernamenbuch, 2014) führt den Namen der Sihl auf die idg. Wurzel *sh2i-lo „tobend, wütend“ zurück. Bei starken Gewittern konnte der Abfluss der Sihl bis zu 150 m3/sec betragen (MQ 7 m3/s; HHQ 280 m3/s) und damit dreimal höher als jener der Limmat sein. Die Sihl schüttete ihre Schotterfracht historisch sowohl über das jetzige Stadtgebiet von Zürich als auch bei ihrer Einmündung in die Limmat in diese – sodass es auch zu einem Aufstau der Limmat und damit auch des Zürichsees kommen konnte. Falls es damals – vor rund 6.500 Jahren – Ufersiedlungen der egolzwilerischen Kultur am Zürichsee gab und der Seespiegel anstieg, blieb den Siedlern nichts übrig, als die Schotter-Schüttung der Sihl-Hochwässer in der Limmat zu beseitigen. Damit sank der Seespiegel des Sees wieder und die Ufersiedlungen konnten weiter bewohnt werden. Die Beseitigung der Sihl-Schüttung erforderte entweder die Herstellung eines tieferen Grabens neben dem Flussbett oder die Forcierung eines Erosions-Kanals in der und durch die Limmat selbst. (Anm.: Dass die Neolithiker überhaupt zur Anlage solcher Kanäle befähigt waren sieht man an den Bauwerken z.B. der Altheimer Kultur. Diese schufen ein Erdwerk, das mit mehreren – insgesamt 800 m langen – Gräben mit 2 m Tiefe und 3 m oberer Breite umgeben war.)
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Eine einfachere Rückwärts-Erosion könnte wohl dadurch bewerkstelligt worden sein, dass man mit geeignetem Werkzeug das Bett der Limmat beginnend deutlich unterhalb der Einmündung der Sihl kanalartig eintiefte, wodurch sich dort die Strömungsgeschwindigkeit erhöhte und damit ein Selbst-Erosionsgeschehen in Gang gesetzt und bis zum See fortgesetzt wurde. Je nachdem, in welcher Entfernung vom See man mit dieser kanalartigen Eintiefung begann, stellte man wieder die frühere Seespiegelshöhe her oder erreichte sogar niedrigere Pegelstände. Im letzten Fall fielen am ganzen See Strandflächen trocken, die ohne jegliches Roden besiedelt und genutzt werden konnten. Dieser vielfache Nutzen für alle Seeufer-Anwohner veranlasste wohl die gesamte Gruppe, sich an dieser gemeinsamen Kanal-Aufgabe und den Arbeiten zu beteiligen.
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Eine Eintiefung des Abflusses sollte innert kurzer Zeit erfolgen, sodass die trockenfallenden Strandflächen nicht durch das Aufkommen von Bäumen (z.B. „Eschenanflug“) entwertet wurden. Der trockenfallende ehemalige Seeboden ist zudem recht fruchtbar und gut als Getreideacker nutzbar.
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(Einfügung: archäologisches Experiment des Verfassers: Dinkel-Anbau auf Material vom Atterseeboden)
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Klarerweise ist der geschaffene Abflusskanal instand zu halten und vor Verklausung zu schützen. Solche Aufgaben kommen Siedlungen zu, die bei Pfahlbauseen regelmäßig in der Nähe des Abflusses zu finden sind (Attersee: Kammer und Seewalchen; Mondsee: See; Bielersee: Niedau; Zürichsee: Kleiner Hafner usw.)
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Tatsächlich verläuft neben dem Kleinen Hafner eine „Rinne“ in entsprechender Wassertiefe, die weit in die Limmat hineinreicht. Es gibt auch Bohrungen, die neben der Limmat Seekreide-Material in entsprechender Tiefe gefunden wurden (Schindler 1971). Die heutige Höhendifferenz zwischen Zürichsee und Einmündung der Sihl „am Spitz“ in die Limmat beträgt rd. 4 m. Auch beim Bielersee findet man beim Zihl-Ausfluss in Nidau Pfahlreste in bis zu 7 m Tiefe; die Zihl weist ab dem See großes Gefälle auf.
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Beim Abfluss des Mondsees gab es in den Jahren 1961/62 geologische Untersuchungen (Janik 1969) mit einem Abflussprofil der See-Ache, die am Lagerplatz der Möbelfabrik Oberburgau in 5,60 m Tiefe Seeschlick zeigten, sodass also die Wasserführung der Seeache zur Zeit der Pfahlbauten so tief lag, dass die Mondseer Pfahlbauten, die heute in 3,20 m Wassertiefe liegen, damals am trockenen Ufer standen.

Version vom 27. Juni 2021, 17:32 Uhr

Im Dezember 2017 stand der Autor nach einer besonders niederschlagsarmen Jahreshälfte bei Kammerl am Attersee auf der trockenen Strandplatte und fragte sich, wie ehemals die Pfahlbauten von Kammerl und auch die anderen vom Attersee, die sich heute in rund 4 m Wassertiefe befinden, auf dem Trockenen hätten errichtet werden können. Die Abflussmenge der Ager war bereits minimal und sie selbst war nur noch einen halben Meter tief. Falls der Abfluss auch noch um diesen halben Meter niedriger wäre, änderte das nichts an der gänzlichen Unmöglichkeit, dass die Pfahlbauten auf trockenem Boden errichtet worden wären. Die allein mögliche Erklärung bestand darin, dass eben die Sohlschwelle und damit die Abflusshöhe der Ager zur Zeit der Pfahlbauten um 4 bis 5 m tiefer lagen als heute.

veröffentlicht am 27. Juni 2021 Bearbeitungsstand: 27. Juni 2021

Kritik und Informationen: Contact@Atterpedia.at

Einleitung

Die Kanal-Pfahlbauern-Kultur ist eine eigenständige, hochstehende und faszinierende Kulturleistung der Neolithiker, die ihren Ausgangspunkt wohl im Voralpengebiet der Schweiz nahm. Diese Kultur verfügte über das so genannte „Agrarpaket“ und besaß zusätzlich bedeutsames hydrologisches Knowhow und eine vorauszusetzende tiefgehende gesellschaftlich-kulturelle Organisation der Groß-Gruppe. Der Nutzen der technischen Innovation der Kanal-Pfahlbauern bestand darin, dass sie durch einen Kanal den Seespiegel für alle Bereiche eines Sees absenkten, was für eine größere Anzahl von Menschen und Dörfern Vorteile brachte: große trockenfallende Strandflächen, die ohne aufwändige Rodung zur Besiedlung und als Ackerflächen genutzt werden konnten. Beim Auflassen der Besiedlung eines Sees wurde durch erneutes Aufstauen die ursprüngliche Situation wiederhergestellt.

Die hier vorgestellte These zeigt einen Weg, der einerseits das lange umstrittene Problem der Bauten auf Pfählen gegenüber ebenerdigen Siedlungen auf dem Trockenen eindeutig löst, andererseits die Frage der eigentümlichen Gegebenheit beantwortet, dass die meisten See-Siedlungen heute in etwa gleicher Wassertiefe gefunden werden. (Anm.: Erfreulicherweise führte das regelmäßige Wieder-Aufstauen auch dazu, dass die Kulturschichten der Siedlungen durch den Wasserspiegelanstieg konserviert wurden.)

Paradigmatische Entwicklung der Pfahlbauforschung

Siedlung auf Pfählen oder auf dem Trockenen

  1. Pfahlbauten auf Stelzen (erster Keller-Bericht von 1853/54)
  2. Erste Vorstellungen von Landsiedlungen wurden vor allem von Paret (1946) in Vorträgen ab 1941 propagiert. Er geht weiter von Klimaschwankungen als Ursache langfristiger Seespiegelschwankungen aus. Die Besiedlung sei nur zu Zeiten erfolgt, wenn die Seespiegel klimatisch bedingt so niedrig waren, dass die Gebäude auf trockenen Strandplatten errichtet werden konnten.
  3. Guyan, Vogt, Levi, Lüdi et.al. befassen sich 1953/54 im umfassenden Jubiläums-Buch „Das Pfahlbauproblem“ mit der Frage von Land-, Torf- und See-Siedlungen und wollen die Pfahlbauten auf das Trockene stellen. Die Seespiegelschwankungen werden weiter durch Klimaschwankungen bewirkt.
  4. Suter mit Jacomet (1987, S. 19) wollen beim Kleinen Hafner nicht erneut auf die Genese der einzelnen Schichten eingehen, sagen aber sehr klar, dass „ihre Abfolge ein Nacheinander von Phasen der Besiedlung des Kleinen Hafners und Phasen von (längeren) Siedlungsunterbrüchen (Siedlungslücken) widerspiegelt, während denen die Insel zeitweise vollständig oder teilweise überschwemmt war oder zumindest nicht als geeigneter Siedlungsstandort betrachtet worden ist.“, und ihre Bauten stehen auf trockenem Grund.

„Apodiktische“ Werthaltungen zu konstanter Seespiegelhöhe des Zürichsees

  • Der strengste Vertreter des konstanten Seespiegels von 403 m war Conrad Max Schindler (em. Univ.-Prof. Zürich, 1929 – 2016: war Geologe - v.a. des Quartärs des Linthtals - und befasste sich auch mit Archäologie). In zwei Arbeiten (1968, 1971) befasste er sich mit der Zürcher Geologie und auch mit Seespiegelschwankungen des Zürichsees und vor allem der für ihn fixen Sohlschwelle der Limmat. Für ihn kam nicht in Frage, dass die Limmat einmal tiefer geflossen sein könnte. Hinweise auf Seekreidefunde in größerer Tiefe wischte er mit „verstorbenem Bohrmeister“ vom Tisch (Schindler 1971, S.297).
  • Dem steht entgegen, dass die Seekreide unterhalb der Kulturschichten des Kleinen Hafners eine Mächtigkeit von 8 m hat; deren Basis liegt damit ca. 12 m unter der Wasseroberfläche. Entsprechend Jacomet kommt es aber nur bis zu Wassertiefen von 6 m zur Bildung von Seekreide. Ein „Aufwachsen“ des Kleinen Hafners wäre nach Schindler nicht möglich.
  • Schindler (1971) schreibt auf S. 304, dass „der tiefstmögliche Seespiegel durch die Schwelle bei der Marktbrücke bestimmt (wurde) und nicht unter die Kote 403,0 m sinken (konnte), falls nicht der See für längere Zeit abflusslos wurde.“ Falls die Pfahlbauten im Trockenen errichtet worden wären, sieht Schindler als einzige Erklärung eine „solche Trockenheit, dass der Zürichsee eben abflussfrei geworden sei und so der Seespiegel weiter gesunken wäre.“ Auf S. 311 sieht er damit die Hafner-Siedlungen zumindest mit den Füßen dauernd im Wasser.
  • Demgegenüber sehen (Jacomet etal 2018, p.36) in 5.1 Discussion of the depositional environment: „… the water table would have needed to be so low, that Lake Zurich would have effectively had no outflow. Furthermore, older organic deposits on the shore of Lake Zurich would have been above the water table for decades, which would have caused their degradation.“

THESE: Der Zürichsee und das mögliche „Geschenk der Sihl“

Von vielen denkmöglichen Situationen, die die „Erfindung der Kanal-Pfahlbauern-Technik“ begünstigt haben könnten, scheint es dem Verfasser aufgrund der konkreten zeitlich-historischen Gegebenheiten (älteste Schweizer Pfahlbauern) und des räumlichen Zusammenwirkens der Sihl auf die Limmat und deren Auswirkungen auf den Zürichsee als eine realistische und wahrscheinliche These, dass die Erfindung der Kanal-Pfahlbauern-Technik ein“Geschenk der Sihl“ ist.

Die ältesten Kanal-Pfahlbauern der Schweiz sind wohl jene der egolzwilerischen Siedlung am Kleinen Hafner bei Zürich, die auf 4450/4250 B.C. datiert wird. C14-Datierungen (Ruoff, 1991) der egolzwilischen Siedlung am Kleinen Hafner weisen ca. 4300/4200 v. Chr. auf. Im Vergleich ist die namengebende Egolzwiler Kultur bei Wauwil jünger. (Radiocarbon-Datierungen von (Felber 1970) weisen für Egolzwil 3: 3670 B.C., für Egolzwil 4: 3410 B.C. aus.) Auch (Doppler 2007) weist darauf hin, dass die egolzwilerische Siedlung am Kleinen Hafner bei Zürich älter als jene bei Wauwil ist.

Die Sihl war ehedem ein wildbachartiger Fluss, der parallel zum Zürichsee im Sihltal fließt und in die Limmat, den Abfluss des Zürichsees, etwa nach einem Kilometer einmündet. Greule (Deutsches Gewässernamenbuch, 2014) führt den Namen der Sihl auf die idg. Wurzel *sh2i-lo „tobend, wütend“ zurück. Bei starken Gewittern konnte der Abfluss der Sihl bis zu 150 m3/sec betragen (MQ 7 m3/s; HHQ 280 m3/s) und damit dreimal höher als jener der Limmat sein. Die Sihl schüttete ihre Schotterfracht historisch sowohl über das jetzige Stadtgebiet von Zürich als auch bei ihrer Einmündung in die Limmat in diese – sodass es auch zu einem Aufstau der Limmat und damit auch des Zürichsees kommen konnte. Falls es damals – vor rund 6.500 Jahren – Ufersiedlungen der egolzwilerischen Kultur am Zürichsee gab und der Seespiegel anstieg, blieb den Siedlern nichts übrig, als die Schotter-Schüttung der Sihl-Hochwässer in der Limmat zu beseitigen. Damit sank der Seespiegel des Sees wieder und die Ufersiedlungen konnten weiter bewohnt werden. Die Beseitigung der Sihl-Schüttung erforderte entweder die Herstellung eines tieferen Grabens neben dem Flussbett oder die Forcierung eines Erosions-Kanals in der und durch die Limmat selbst. (Anm.: Dass die Neolithiker überhaupt zur Anlage solcher Kanäle befähigt waren sieht man an den Bauwerken z.B. der Altheimer Kultur. Diese schufen ein Erdwerk, das mit mehreren – insgesamt 800 m langen – Gräben mit 2 m Tiefe und 3 m oberer Breite umgeben war.)

Eine einfachere Rückwärts-Erosion könnte wohl dadurch bewerkstelligt worden sein, dass man mit geeignetem Werkzeug das Bett der Limmat beginnend deutlich unterhalb der Einmündung der Sihl kanalartig eintiefte, wodurch sich dort die Strömungsgeschwindigkeit erhöhte und damit ein Selbst-Erosionsgeschehen in Gang gesetzt und bis zum See fortgesetzt wurde. Je nachdem, in welcher Entfernung vom See man mit dieser kanalartigen Eintiefung begann, stellte man wieder die frühere Seespiegelshöhe her oder erreichte sogar niedrigere Pegelstände. Im letzten Fall fielen am ganzen See Strandflächen trocken, die ohne jegliches Roden besiedelt und genutzt werden konnten. Dieser vielfache Nutzen für alle Seeufer-Anwohner veranlasste wohl die gesamte Gruppe, sich an dieser gemeinsamen Kanal-Aufgabe und den Arbeiten zu beteiligen.

Eine Eintiefung des Abflusses sollte innert kurzer Zeit erfolgen, sodass die trockenfallenden Strandflächen nicht durch das Aufkommen von Bäumen (z.B. „Eschenanflug“) entwertet wurden. Der trockenfallende ehemalige Seeboden ist zudem recht fruchtbar und gut als Getreideacker nutzbar.

(Einfügung: archäologisches Experiment des Verfassers: Dinkel-Anbau auf Material vom Atterseeboden)

Klarerweise ist der geschaffene Abflusskanal instand zu halten und vor Verklausung zu schützen. Solche Aufgaben kommen Siedlungen zu, die bei Pfahlbauseen regelmäßig in der Nähe des Abflusses zu finden sind (Attersee: Kammer und Seewalchen; Mondsee: See; Bielersee: Niedau; Zürichsee: Kleiner Hafner usw.)

Tatsächlich verläuft neben dem Kleinen Hafner eine „Rinne“ in entsprechender Wassertiefe, die weit in die Limmat hineinreicht. Es gibt auch Bohrungen, die neben der Limmat Seekreide-Material in entsprechender Tiefe gefunden wurden (Schindler 1971). Die heutige Höhendifferenz zwischen Zürichsee und Einmündung der Sihl „am Spitz“ in die Limmat beträgt rd. 4 m. Auch beim Bielersee findet man beim Zihl-Ausfluss in Nidau Pfahlreste in bis zu 7 m Tiefe; die Zihl weist ab dem See großes Gefälle auf.

Beim Abfluss des Mondsees gab es in den Jahren 1961/62 geologische Untersuchungen (Janik 1969) mit einem Abflussprofil der See-Ache, die am Lagerplatz der Möbelfabrik Oberburgau in 5,60 m Tiefe Seeschlick zeigten, sodass also die Wasserführung der Seeache zur Zeit der Pfahlbauten so tief lag, dass die Mondseer Pfahlbauten, die heute in 3,20 m Wassertiefe liegen, damals am trockenen Ufer standen.