Anerkennung und Kritik von Dworsky/Reitmaier an Offenbergers Arbeiten

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Anerkennungen:

1. In Österreich sind seit dem beklagenswerten Ende einer fast zwei Jahrzehnte dauernden Ära fruchtbaren unterwasserarchäologischen Aufbauarbeit durch das Bundesdenkmalamt im Jahre 1986 vor allem in den vergangenen vier Jahren von einer „Handvoll engagierter Begeisterter“ verstärkt Bemühungen unternommen worden, diesen stark verwaisten Bereich österreichischer Archäologie zu reaktivieren [3].

  • [3] Zur Geschichte der österreichischen Pfahlbauforschung: K. Willvonseder: Die jungsteinzeitlichen und bronzezeitlichen Pfahlbauten des Attersees in OÖ. MPK XI/XII, Wien 1963-1968. – J. Offenberger: Die „Pfahlbauten“ der Salzkammergutseen. In: Das Mondseeland. Ausstellungskatalog Linz 1981:295–357. – J. Offenberger: 5000 Jahre Kulturgut unter Wasser. Pfahlbauforschung – Der österreichische Weg. Arche 10, 1995:4–15.

2. Grundsätzlich sei festgestellt, dass der Bestandsaufnahme des Bundesdenkmalamtes in den 1970er und 1980er Jahren eine gute, laufend gewachsene Qualität zugesprochen werden kann, die als sehr wichtige Basis die problemlose Durchführung der Kurzinventarisation in einer derartig kurzen Zeit erst möglich machte.

3. Obwohl die Bestandsaufnahme in Österreich sogar früher als in unseren Nachbarländern begonnen wurde und für diese Vorbildfunktion erlangte, wurden die Schutzmaßnahmen und wissenschaftliche Erforschung bedauerlicherweise für den Mond- und Attersee bislang (viel zu lang) unterlassen.


Kritiken:

1. Maßgebende Triebkraft für die beiden Untersuchungen unter dem Patronat des oberösterreichischen Landesmuseums war und ist vor allem die Vision des Projektes „Pfahlbau-Freilichtmuseum Mondsee“.

  • Anm.: Offenbar ohne das BDA und ohne Einbeziehung des damals 69-jährigen Offenbergers.

2. Nach der Zusammenstellung aller bislang publizierten Berichte [6] über die einzelnen Pfahlbaustationen wurde bereits vor den eigentlichen Taucharbeiten jede Station auf Detailkarten ausfindig gemacht, um während des Projektes eine langwierige Suche vom Land bzw. vom Wasser/Boot aus zu vermeiden.

  • [6] Dabei unberücksichtigt blieben alle unveröffentlichten, nicht zugänglichen Detailunterlagen zu den Siedlungen, mehrheitlich aus den Untersuchungen des Bundesdenkmalamtes unter Johann Offenberger.

3. In diesem Zusammenhang sei angemerkt, dass die detailgerechte Aufnahme eines gesamten, mehrere 1.000 m² großen Pfahlfeldes, wie dies durch das BDA in den 1970er Jahren mehrfach praktiziert wurde [11], keinesfalls zum Schutz und nur sehr beschränkt zum Erkenntnisgewinn einer prähistorischen Siedlung beigetragen hat. Durch den manuellen Abtrag bzw. der Verlagerung der Deckschichten (Schlamm, Schlick, Steine etc.) wurde möglicherweise sogar die Erosion begünstigt. Zudem wurde durch das nur selektive Abbergen von Fundmaterial und Pfahlproben die „originale“ Situation gestört (z. B. Mooswinkel und Scharfling/Mondsee, vgl. unten).

  • [11] Vgl. dazu etwa die Aufnahme von Scharfling/Mondsee: J. Offenberger, die oö Pfahlbauten. Die Untersuchungen des BDA 1970–1974. ArchA, Beiheft 13, 1976, 249-284, bes. Abb. 5.

4. Da bis heute praktisch keine geschlossenen und eindeutig stratifizierten Fundkomplexe aus großen und gut erhaltenen Flächen von österreichischen Pfahlbauten vorliegen, sind den bisher vorgelegten Auswertungen nur sehr beschränkte, zumeist unrepräsentative Aussagemöglichkeiten zuzugestehen [17].

  • [17] Vgl. dazu etwa: L. Franz und J. Weninger, Die Funde aus den prähistorischen Pfahlbauten im Mondsee. Materialien zur Urgeschichte Österreichs 3, Wien 1927. – K. Willvonseder, Die jungsteinzeitlichen und bronzezeitlichen Pfahlbauten des Attersees in OÖ. MPK XI/XII, Wien 1963-1968. – M. Bachner, Die Keramik der Pfahlbaustation See/Mondsee in der Much-Sammlung. Diss. Universität Wien, 2002. – M. Lochner, Die Pfahlbaustationen des Mondsees, Keramik. Studien zur Pfahlbauforschung in Österreich. MPK 32, Wien 1997. – E. Pucher und K. Engl, Die Pfahlbaustationen des Mondsees – Tierknochenfunde. Studien zur Pfahlbauforschung in Österreich. MPK 33, Wien 1997.

5. Standen die unterwasserarchäologischen Forschungen in Österreich (deutlich spürbar unter Johann Offenberger [19] und noch heute im Bewusstsein der Öffentlichkeit) noch merklich im Licht der sogenannten „Pfahlbaufrage“ (Siedlungen an Land oder im Wasser?), so erscheint diese Fragestellung heute seit langem nicht mehr im Vordergrund der Untersuchungen.

  • [19] J. Offenberger, Die „Pfahlbauten“ der Salzkammergutseen. In: Das Mondseeland. Ausstellungskatalog, Linz 1981, 295-357.

6. Gut dokumentierte Profile aus den jungneolithischen Seeufersiedlungen Österreichs lagen bislang nur von Weyregg I und der Siedlung See vor [22]; alle übrigen Beobachtungen zur Schichtausdehnung und -mächtigkeit beruhten überwiegend auf Abschwimmaktionen, Handsondierungen und den Umriss- bzw. Detailvermessungen aus den Tauchuntersuchungen des Bundesdenkmalamtes.

  • [22] J. Offenberger und S. Nicolussi, Tauchuntersuchungen der Abt. f. Bodendenkmale des BDA im Attersee und Traunsee. FÖ 20, 1981:223–244. – E. Ruttkay: Archäologisches Fundmaterial aus den Stationen Abtsdorf I, Abtsdorf II und Weyregg. FÖ 21, 1982:19–23. – J. Offenberger: Pfahlbauten, Feuchtbodensiedlungen und Packwerke – Bodendenkmale in einer modernen Umwelt. Arch. Austriaca 70, 1986:205–226. – R. Schmid: Palynologie, Stratigraphie und Großreste von Profilen der neolithischen Station See am Mondsee, OÖ. Arch. Austriaca 70, 1986:277 ff.

7. Durch diese mit sehr einfachen Mitteln und in geringer Zeit erarbeiteten Befunde wird sowohl der komplexe Aufbau der in der Jungsteinzeit mehrmals (!) bewohnten Strandplatten deutlich, was früher schon chronologisch trennbares Fundmaterial, aber auch die zum Teil riesigen Pfahlfelder und die hohe Pfahldichte veranschaulicht hätten. Zum anderen beweist es, wie wenig tatsächlich über die Dorfanlagen bekannt ist, trotz detaillierter Vermessungsarbeiten an der Seegrundoberfläche (Beispiel Scharfling). Nicht zuletzt sind ohne einen tieferen Einblick in den Seegrund und entsprechend exakte Nachweise für die Schichterhaltung auch manche Aussagen zur Erhaltung fragiler Fundgattungen wie Textilien und Geflechte, Holzobjekte und botanische und zoologische Reste zu relativieren [23].

  • [23] Z.B.: W. Antl-Weiser und V. Holzer: Neue Ergebnisse der Pfahlbauforschung in Österreich. In: Plattform 4, 1995:8–19.