„Die kulturgeographische Wandlung des Salzkammergutes“
Zitat: Kunze 1947, Walter: Die kulturgeographische Wandlung des Salzkammergutes.
Dissertation Univ. Wien; März 1947: 211 Seiten mit 19 Karten und Bildstatistiken
Kunze zeigt eindrücklich die Unterordnung aller Wirtschaftszweige unter das Primat der Salzproduktion. Insbesondere die Holzwirtschaft wurde stark mit „Libellen“ reguliert und maximal genutzt.
Dabei wurde insbesondere „Hallholz“ für die Befeuerung der Pfannen benötigt.
Mitte des 19. Jahrhunderts bestanden 2 Pfannen in Aussee, 1 Pfanne in Hallstatt, 1 Pfanne in Ischl und 2 Pfannen in Ebensee. Zur Erzeugung und Instandhaltung der verschiedenen Eisenfabrikate, Werkzeuge und Gerätschaften bestanden eigene Hofschmieden und Hammerschmieden.
Zur Verpackung und Verfrachtung und zum Verschleiß des Salzes hatte sich die Hofkammer einen ganzen Apparat aufgebaut. Für die Herstellung der Gefäße gab es die sogenannten „Kufenmeister“, die in Hallstatt, Lauffen, Ischl und Gmunden saßen. Die „Kleuzler“ bearbeiteten schon im Wald die Kufenscheiter, der Meister stellte sie zusammen und die „Reifbinder“ setzten die Haselreifen ein. Die „Fuderhacker“ zerkleinerten die Salzstöcke, die „Stösser“ füllten die Gefäße und die „Beschlager“ verschlossen sie. Im Transportsystem hatten die „Fertiger“ die Verführung des Küfelsalzes auf der Traun bis zu den Sudstätten zu betreiben.
Der Wald wurde im Hinblick auf seine Verwendung nach „Pfannen“ geschätzt. Nach einer Schätzung aus 1782 besaßen die Waldungen für Hallstatt, Ischl und Ebensee die folgenden „Pfannen“:
Verwendung | Hallstatt | Ischl | Ebensee |
---|---|---|---|
für den Schiffbau | 1.071 | 555 | 1.091 |
Schnitt- und Kufholz | 2.334 | 1.239 | 3.911 |
Bauholz (Bergbau) | 699 | 641 | 1.175 |
Hallholz („Salz“-Holz) | 9.956 | 15.543 | 43.001 |
"Parteiholz" für Arbeiter | 6,348 | 4.050 | 6.702 |
Gesamt | 20.408 | 22.028 | 55.880 |
Das Servitut für Brenn- und Nutzholz war auf den Hausbedarf beschränkt, die Zuweisung wurde mit der zeit zum am Haus haftenden Besitzrecht. Im Salzkammergut bestanden auch mehrere Kohlenmeiler, die die Schmieden mit Holzkohle versorgten.
Die Getreideproduktion der kleinteiligen Landwirtschaft (nur im Nebenerwerb) im „inneren Salzkammergut betrug 1802: 4.914 Metzengt6 Weizen, 2.569 Metzen Korn, 214 Metzen Gerste und 7.236 Hafer. Insgesamt wurden also 14.934 Metzen = 9.183 hl Getreide geerntet.
Eine solche Klein-Landwirtschaft in Goisern des Jahres 1789 bewirtschaftete 1,2 ha Ackerfläche und erntete 21 Metzen Weizen und hatte 4,4 ha Wiesen; damit konnten 4 Kühe und 2 Kälber gefüttert werden und es wurden 2 Schweine gemästet. Weiters wurden erwirtschaftet: 30 Pfund Flachs, 2,5 Metzen Leinsamen, 12 Metzen Rüben. Die Bearbeitung dieses Gutes geschieht durch den Bauern mit seinem Weibe, mit einem Knechte und einer Dirn nebst einigen Tagwerkern, die die nötigen Arbeiten verrichten.
Demgegenüber war die Wirtschaft im Wolfgangland, Atter- und Mondseegebiet landwirtschaftlich ausgerichtet; nur über die ärarische Waldwirtschaft bestand eine Anbindung an das Salzkammergut.
Effizienzerhöhungen in den Salinen setzten immer mehr Arbeiter frei, sodass die Arbeiter in immer größere Bedrängnis kamen. Mit der Bahnverbindung nach Gmunden konnte Braunkohle herangeführt werden, sodass auch die Waldbewirtschaftung obsolet wurde. Der Fremdenverkehr brachte einen geringen Ausgleich. So erhöhte sich die Anzahl der Sommergäste in Ischl von 4.623 in 1876 auf 24.164 in 1900.
1937 gab es folgende Nächtigungszahlen: Bad Ischl 326.942; Gmunden 193.094; Bad Aussee 154.247; Goisern 100.379; St. Wolfgang 64.273; St. Gilgen 56.480; Ebensee 47.329; Hallstatt 46.860; Mitterndorf 36.624; Mondsee 30.334; Nußdorf 27.825; Fuschl 21.343 und Tauplitz 20.353 (62% im Winterhalbjahr).
Das Gewerbe wurden nur durch den Bedarf der Salzkammergutbewohner bestimmt. Neben Holzarbeiten wurde vor allem das Spinnen besorgt. Ausgeübt wurden die folgenden Berufe: Salzfertiger, Schuhmacher, Schneider, Weber, Metzger, Bäcker, Schlosser, Bräuer, Wundärzte, Eisenhändler, Lederer, Müller, Schmiede, Krämer, Hutmacher, Fassbinder, Maler, Lebzelter, Zinngießer, Schnürmacher, Buchbinder, Glaser, Drechsler, Handschuhmacher, Kupferschmied, Weißgerber, Kürschner, Nadler, Messerschmiede, Tischler und Wirte (35 Stück).
Es gab 1782 insgesamt 373 „Kurze Löffel-Macher“ und 70 „Lange Löffel-Macher“ (Kochlöffel) und 57 Teller- und Wassereimer-Macher, 8 Pipen-Mtg56acher, 27 Schachtelmacher, 17 Gabel- und Gewürzladel-Macher und 26 Lackierer.
Zur Bevölkerungsbewegung (S. 125-129):
- Kunze unter Verwendung von Schraml, C., III. Bd. S. 11, 463, 465; II. Bd. S. 500 f.; Schultes J. I. Teil, S. 26
- Schraml, Karl: Das oö Salinenwesen: Erstens: → vom Beginne des 16. bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts. (Generaldirektion der österr. Salinen), 535 S.; und Zweitens von → 1750 bis zur Zeit nach den Franzosenkriegen, 604 S.; und Drittens von → 1818 bis zum Ende des Salzamtes im Jahre 1850, 585 S.
- Schultes 1809, J.: Reisen durch Oberösterreich, in den Jahren 1794, 1795, 1802, 1803, 1804 und 1808. → Erster Theil; → Zweiter Theil, Tübingen 1809.
„Die Wandlung der Wirtschaftsstruktur fand im Bevölkerungsstand und seiner Verteilung im Raum ihren Ausdruck. Die Einspannung der Salzwirtschaft in eine staatliche Unternehmung hatte den gelenkten Einsatz der menschlichen Arbeitskraft zur Folge. Von einem ausreichenden Arbeiterstand hing der Gang der Salzgewinnung ab, aber umgekehrt war auch die Arbeiterzahl von der Wirtschaftsintensität abhängig. Die gesamte Bewohnerschaft im alten Salzkammergut war in die Salzwirtschaft eingegliedert und wurde daher in ihrem Wachstum von ihr bestimmt. Die Besiedlung erfolgte planmäßig, und man kann von einer salinenärarischen Kolonie sprechen. Die Verwaltung mit ihren Gesetzen sorgte für ein Gleichgewicht zwischen Wirtschaftsspielraum und Bevölkerungszahl. War eine Vergrößerung des Mannschaftsstandes erforderlich, dann wurde das Heiraten gefördert. Das Salzamt sorgte durch die Verteilung von Grundstücken, Anweisung von Holz zum Hausbau und Geldzuwendungen für die wirtschaftlichen Voraussetzungen. Eine Eheschließung war an die salzamtliche Bewilligung gebunden. Die Salzdomäne schloss sich einer Zuwanderung von außen ab. Reichte die Arbeiterzahl aus, dann war die Neuansiedlung salinenfremder Personen verboten. Gab es mehr Arbeitskräfte, als bei den Salzwerken beschäftigt werden konnten, so wurden die Eheschließungen eingeschränkt. Solche Eingriffe in die Bevölkerungsbewegung zwangen zeitweise zur Auswanderung. Die ärarische Nahrungsversorgung war nur für den mit dem Umfang der Salzgewinnung begrenzten Arbeiterstand berechnet. Der geringe Ernährungsspielraum zwang alle nicht in diesem Wirtschaftsgang eingegliederten, sich ihr Brot auswärts zu suchen. Viele Mädchen wanderten z. B. als Mägde in das flache Land aus. Schultes berichtet darüber: „Auffallend ist ferner die geringe Zahl der Kinder … , die Ursache hievon ist das frühe Auswandern der Kinder in Dienste, da sie nicht zuhaus genährt werden können.“ Die ständige Gefahr einer Übervölkerung war dadurch gegeben, dass diese Wirtschaft keine beliebige Erweiterung erfahren konnte und sich dadurch die Erwerbsmöglichkeiten wenig veränderten. So entstanden hier trotz der Bevölkerungspolitik schon frühzeitig soziale Probleme und die Not war häufig Gast im Salzkammergut. Der Umfang der Salzwirtschaft war das Maß für den Bevölkerungsstand. Die Wahrung dieses Gleichgewichts war umso notwendiger, als im Vergleich zur Wirtschaftsintensität eine nicht annähernd ausreichende Ernährungsbasis im Gebiet vorhanden war. Nur die Heranziehung aller Nahrungsquellen, die Ansiedlung auf landwirtschaftlicher Grundlage, durch die der Arbeiter auch gleichzeitig Bauer wurde, und das Vieh- und Getreidereservat gewährleisteten die Ernährung der Bewohner in der Salzdomäne. So konnte in einem Gebiet mit so geringer Kulturfläche dieser verdichtete Wirtschaftsbetrieb entstehen. Die Besiedlung war durch die zentralisierte Anordnung der Wirtschaft im Raum bestimmt. Infolge der notwendigen Raumausnützung war sie aber nicht in dem Maße schwerpunkthaft, wie die Wirtschaft selbst; sie ordnete sich aber um die Wirtschaftsstätten als Mittelpunkte und erfuhr gegen sie eine Verdichtung.
Die Veränderungen im Wirtschaftsgefüge brachten auch hier eine Wandlung. Sie begann mit den Reformen des Ausgeklärten Absolutismus. Die um die Mitte des 18. Jahrhunderts stark angewachsene Arbeiterschaft machte eine Einschränkung der Eheerlaubnis notwendig. Theresianische Anordnungen entzogen jedoch dem Salzamt dieses Recht. Noch konnte es aber einen Einfluss auf andere Weise geltend machen: nur Provisionsfähige, das waren solche, die schon acht Dienstjahre hatten, konnten die Ehe eingehen. Ferner durften in jeder Kategorie die Verheirateten nicht mehr als 2/3 des systemisierten Standes ausmachen. Daneben gab es Kategorien, die die Verehelichung überhaupt ausschlossen. Außerdem wurde mit der Verehelichung der Bezug des Familienkornes aufgehoben. Eine Hofkammerresolution vom Jahre 1793 hob alle Beschränkungen auf: „Gegen das Heiraten besteht kein Verbot, die Verehelichungen im Salzkammergut, wo man so vieler Arbeiter bedarf, sind daher zu fördern, als zu beschweren, das Salzamt soll künftig dagegen kein Hindernis machen.
Damit begann ein starkes Zunehmen der Bevölkerung. Die Lenkung und Beschränkung aller Bevölkerungsbewegung im Salzkammergut hatten ihr Ende. Das Gleichgewicht zwischen Wirtschaftsspielraum und Bevölkerungsstand drohte jetzt verloren zu gehen. Dieser Entwicklung musste gesteuert werden, sollten nicht viele Bewohner erwerbslos werden. Salzoberamtmann Schiller machte der Hofkammer folgenden Vorschlag: „1. Ableitung der überschüssigen Bevölkerung aus dem Salzkammergut und Entfernung des künstlichen Anreizes zur Ansiedlung durch Bewilligung von Hausbauten und Grundverleihungen. 2. Ehekonsense sollten nur bei erwiesenem sicherem Erwerb erteilt werden. 3. Bewilligung einer außerordentlichen Unterstützung von jährlich 2.000 Gulden auf die Dauer von drei Jahren für die Bedürftigsten und um die aus der Schule entlassenen Kinder, die früher schon mit zwölf Jahren in den Salinendienst traten, für den Antritt einer Lehre auszurüsten. 4. Ausschaltung der politischen Behörde von der wirtschaftlichen Gebarung des Salzamtes, die sich künftig des Einmischens in die Verhältnisse zu enthalten hätte. Das Salzoberamt sandte überzählige Arbeiter zur Eisenbahn, an die Holzschlagunternehmen in Nasswald und nach Molln und zu den ärarischen Eisenwerken in Mariazell.
Den Ausweg aus der beginnenden Wirtschaftskrise und ihren Auswirkungen auf den Bevölkerungsstand brachte der Fremdenverkehr. Mit den neuen Erwerbsmöglichkeiten fanden die arbeitslos gewordenen hier ihr Brot. Nicht nur das Auswandern hatte jetzt ein Ende, sondern es kamen nun, angezogen vom wirtschaftlichen Aufschwung, Ortsfremde in das Salzkammergut und gründeten sich hier eine Existenz. In der Hauptsache waren es Gewerbetreibende, die sich sesshaft machten, daneben blieb aber auch ein kleiner Teil der Sommergäste für ständig. Einer Neuansiedlung stand nichts mehr im Wege: die staatlichen Beschränkungen waren aufgehoben und der erweiterte Wirtschaftsspielraum schuf die Voraussetzung für eine Vermehrung der Bewohner. Die salinenärarische Kolonisierung wurde durch eine vom Fremdenverkehr bewirkte abgelöst. Man kann von einer neuen Besiedlung sprechen. Der Zustrom von außen gab ihr den Charakter. Die im Wesen der neuen Wirtschaft begründete Inbesitznahme der ganzen Landschaft brachte eine Umwertung der Siedlungsplätze und die Entstehung neuer. Die Erweiterung des Lebensraumes brachte eine Verdichtung der Bevölkerung. Damit wirkte sich also die Fremdenverkehrswirtschaft in starkem Maße bevölkerungsbildend und besiedlungsfördernd aus. Das Anwachsen der Bevölkerung ging mit der Entwicklung des Fremdenverkehrt Hand in Hand. In der Bevölkerungsbewegung spiegelt sich der Stand der Femdenverkehrswirtschaft.