Systematik und Methodik zur Pfahlbauern-Kultur

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Inhaltsverzeichnis

Das "Salz des Lebens" für die Neolithiker

Die existentielle Bedeutung des Salzes für den Menschen erkennt man insbesondere daran, dass „salzig“ eine eigene Geschmacksrichtung darstellt. Jäger/Sammler aßen gebratenes Fleisch, sodass das Salz im Fleisch beim Kochen nicht verloren ging. In pflanzlicher Nahrung ist kein Salz enthalten. Infolgedessen waren unsere Pfahlbauern zunehmend auf Kochsalz angewiesen, als sie immer mehr von der Jagd auf den Anbau von Kulturpflanzen übergingen.

Der Salzbedarf des Menschen beträgt zumindest 3 - 5 (WHO) Gramm pro Tag, wenn man schwitzt mehr.

Unzulänglicher Salzgehalt in neolithischen Nahrungsmitteln:

  • Getreide hat 0,02 g je 100 g; Erbsen haben 0,015 g Salz je 100 g, Äpfel 0,003 g je 100 g; Kirschen 0,01 g je 100 g.
  • Blut enthält rd. 1 g Salz je 100 ml. Der Salzgehalt beträgt bei Hirsch und Wildschwein 0,2 g je 100 g; bei Schaf, Ziege und Rind 0,18 g je 100 g, bei Reh 0,12 g Salz je 100 g Fleisch; rohe Milch enthält 0,12 g Salz je 100 ml; Fisch 0,16 g je 100 g; Hase, Fasan und Ente 0,1 g je 100 g.

Fansa 2006, Mamoun: → Wie baute man ein Haus vor 6.000 Jahren? In: Monumente Online; Landesmuseum Oldenburg. (Archäolog. Experiment der Salzgewinnung mit Briquettes)


Physische Symptome eines Natriummangels

Symptome eines Natriummangels sind: Unwohlsein, Kopf- und Muskelschmerzen, Erbrechen, Benommenheit und Verwirrtheit, Schwindel, Krämpfe.

Wikipedia: Bei chronischem Natriummangel führen Störungen von Gang und Aufmerksamkeit zu einem häufigeren Auftreten von Stürzen. Zudem kommt es unter Natriummangel zu einer verminderten Mineralisierung des Knochens und zu einer erhöhten Aktivität der Osteoklasten, Zellen, die Knochensubstanz abbauen. Die Folge ist eine Neigung zu Osteoporose und in Verbindung mit häufigeren Sturzereignissen ein vermehrtes Auftreten von Knochenbrüchen

Salzversorgung der Schweizer Neolithiker

Historisches Lexikon Schweiz: Neolithikum der Schweiz.: Ein wichtiger Rohstoff war Salz, das sich aber nicht nachweisen lässt. Die nächstgelegenen Salzquellen, die schon neolithisch genutzt wurden, befinden sich im französischen Jura, mit in der Tethys entstandenen bedeutenden Steinsalzlagern.

Salzversorgung der Mondseer/Atterseer Neolithiker

In Pfandl nahe Bad Ischl gab es die nächste Salzquelle für unsere Pfahlbauern.

Link zu → Literatur zur Salzversorgung der Neolithiker

Barta Claus: → Salzabbau in Europa (6.000 v.Chr.–500 n.Chr.); → Startseite

  • Anzeichen für die Nassgewinnung (Nutzung von mit Wasser ausgelaugten Salzschichten) und die damit verbundene Salzsiedetechnik findet man ab dem 6. Jt. v. Chr. in Mittel- und Osteuropa.
  • Das Restwasser wurde in tönernen Gefäßen („Briquetage“-Technik: Brique = franz. Ziegel) durch Holzbefeuerung entfernt. Es gab auch Briquetage in Kelchform, die auf Tonröhren im Feuer standen. Ein Nachbau des Landesmuseums Natur und Mensch in Oldenburg erbrachte bei einer Temperatur von etwas mehr als 100 Grad Celsius und einer Siedezeit von zehn bis zwölf Stunden eine Ausbeute von 325 Gramm festem Salzkuchen pro Tiegel.

Seespiegelhöhen des Bodensees zw. 392 m und 400 m ü.M.(KOMPAKTER)

Magny Michel zum Bodensee und Suter zum Bielersee (ToDo)

Regressionen und Transgressionen am Bielersee

Magny 2005, M. gibt bereits 1995 in → "Die Schweiz im Neolithikum" als Zeiträume der Seespiegelhochstände 4.100–3.800 v.Chr. sowie 3.600–3.200 v.Chr. an, was mit den von Peter Suter vorgelegten dendrochronologisch bestimmten Ergebnissen für den Bielersee (vgl. Besiedlungsphase um 3.400 v. Chr. in der nebenstehende Grafik) nicht zusammenpasst.

Magny 2004, Michel: → Holocene climate variability as reflected by mid-European lake-level fluctuations and its probable impact on prehistoric human settlements. In: Quaternary International Volume 113, Issue 1, 2004, Pages 65-79.
(16 x eigene Arbeiten zitiert; wurde 671 x von anderen zitiert.)

Müller: In Arbon-Bleiche 3 konnten viele Hinweise auf die Seespiegelentwicklung gewonnen werden (Haas u. Magny 2004, 43–49; Magny et al. 2006, 3–19). Da Untersee und Obersee miteinander kommunizierten, sind die Seespiegelbeobachtungen aus dem Raum Arbon mit jenen von Eschenz direkt vergleichbar. Es wurde dort festgestellt, dass die im Mittelholozän stattgefundenen Klimawechsel Seespiegelanstiege bewirkten. Dabei wird angenommen, dass damals das Klima erheblich feuchter und kühler wurde. Die damaligen Schwankungen lassen sich in zwei erste Seespiegelanstiege, die zwischen 3600 bis 3500 BC stattfanden, und einen dritten gliedern, der um 3375–3320 BC erfolgte. Mit dem Anstieg des Bodenseespiegels konnten die «Pfahlbauer» die seenahen Bereiche der Bucht von Arbon-Bleiche nicht mehr als Siedlungsplatz nutzen.

Magny 2004; Haas N.: Schichtgenese und Vegetationsgeschichte. In: S. Jacomet, U. Leuzinger und J. Schibler, Die jungsteinzeitliche Seeufersiedlung Arbon-Bleiche 3. Umwelt und Wirtschaft. Archäologie im Thurgau 12. Frauenfeld, 43–49.

Magny 2006, M.; Leuzinger, U., Bortenschlager, S. und Haas, J.N. Tripartite climate reversal in Central Europe 5600–5300 years ago. Quarternary Research 65, 3–19.

Die Arbeiten von Oskar Keller & Edgar Krayss (1970er - 2013)

Geograph und Glazialmorphologe Doz. Oskar Keller

Der Geograph und Glazialmorphologe Oskar Keller und der Bauingenieur Edgar Krayss befassen sich seit den 1970er-Jahren mit den Eiszeiten in der Schweiz und vor allem in der Nordost-Schweiz und im Bodenseeraum.

  • Keller 1991, 0skar & Krayss, Edgar: Buch:Geologie und Landschaftsgeschichte des voralpinen Appenzellerlandes. Das Land Appenzell 21/22. Herisau. 120 Seiten.
    • S. 73: Gliederung der würmzeitlichen Eisrandlagen im Bodenseeraum
    • Würm-Maximum (W/M) = Schaffhausen: W1 = Engi, W2 = Herblingen, W3 = Solenberg
    • Würm-Feuerthalen (W/F): W4 = Feuerthalen; W5 = Langwiesen
    • Würm-Stein am Rhein (W/S): W6 = Staffel, W7 = Etzwilen, W8 = Stein am Rhein
    • Würm-Konstanz (W/K): W9 = Reichenau, W10 = Konstanz

Auszug zu: Einzelne Gletscherstände im Rheintal/Untersee (Keller 1999: S. 65)

Maximalstand und erste Rückschmelzphase

Eisstände Rheintal-Untersee nach Oskar Keller

Im Maximalstand W1 drängte sich die Eisfront des Vorlandgletschers so eng an die Kalkfelsen des Randen, dass sich für Ablagerungen kaum Platz bot. Bei Schaffhausen wird der interne Stand W2 durch die Schotterterrasse der Breiti repräsentiert, W3 durch diejenige des Stokarbergs.

Dem Stand W4 wird als Typuslokalität die Munotterrasse zugeordnet. Der zugehörige Wallmoränenkranz streicht von Feuerthalen über Buchthalen zum Rauhenberg und von dort wieder westwärts nach Thayngen. Beim Rückschmelzen zum Stand W6 wurde das Becken von Diessenhofen etappenweise eisfrei. Am Riegel von Langwiesen staute sich ein See auf, in den die Deltaschotter von Ebnet bei Willisdorf geschüttet wurden.

Im Stand W6 lag das Gletschertor der Rheintalzunge bei Rheinklingen. Südlich des Rodenbergs stirnten die Seitenzunge von Etzwilen und die Stammheimer Zunge des Thurtalgletschers gegen einen gemeinsamen Sander. Der Hauptstand W7 des Stein am Rhein-Stadiums Hess die eindrückliche Endmoränenlandschaft zwischen Etzwilen und Hemishofen entstehen. Über Kaltenbach steigen die Randmoränen nach Klingenzell auf; am Gegenhang sind sie hoch über Oehningen zu finden.

Zweite Rückschmelzphase

Nach der inneren Randlage W8 bei der Altstadt von Stein am Rhein setzte auch dort, analog zum Thurtal, die zweite Rückschmelzphase mit der Bildung eines großen Zungenbecken- oder Moränenstausees, des Untersees, ein. Beim Rückzug der Eisfront kam es erst auf der Höhe der Insel Reichenau wieder zu einem bedeutenden Zwischenhalt (W9). Zu dieser Randlage fallen die Seitenmoränen ab, die sich am Hang von Fruthwilen staffeln.

Der Endmoränenbogen von Konstanz markiert den Hauptstand W10 des Konstanz-Stadiums, von Schmidle (1914) als «Konstanzer Phase des Würmgletschers» eingeführt. Die Eisfront des Bodenseegletschers stirnte hier sowohl gegen den Untersee, als auch bei der Insel Mainau gegen den Überlingersee. Über die Stromrinne von Petershausen im Nordteil von Konstanz standen die beiden Gewässer miteinander in Verbindung.


Maximale Ausdehnung des Birrfeld-Gletschers
  • Keller 2010, Oskar: Landschafts-, Klima- und Vegetationsgeschichte. In: S. Benguerel et al.: → Archäologie im Thurgau 16. 2010, S. 43–65. [enthält auch: Leuzinger, Urs: → Jungsteinzeit S. 84 – 105; und alle Zeitperioden bis heute.]
  • Keller 2013, Oskar: Buch: Alpen – Rhein – Bodensee: Eine Landschaftsgeschichte. Appenzeller Verlag, 180 Seiten. (78 CHF)

Die Arbeiten von Erich Müller (1979, 2011)

Ur-Untersee (S. 64)

Der damalige Ur-Untersee reichte von Etzwilen/Hemishofen zumindest bis zum Konstanzer Stand. Die Wasserspiegelhöhe kann zwischen 412 und 415 m über Meer eingegabelt werden, was sehr gut mit der Höhenlage von Verlandungssedimenten im Raum von Stein am Rhein übereinstimmt. Der Ur-Untersee hatte eine wesentlich grössere Ausdehnung als heute. So reichte er bis nach Worblingen zum dortigen Moränenwall und nach Überlingen am Ried sowie nach Böhringen.

3.5.2. Entwässerungsverhältnisse während des Konstanzer Standes (S. 68)

Von der Annahme ausgehend, dass zu dieser Zeit der aufstauende Moränenriegel bei Hemishofen noch intakt war und somit der Seespiegel immer noch auf zirka 410 bis 415 m über Meer lag, bestand bei Kreuzlingen eine im See endende Eisfront.

4.1. Absenkung der Seespiegel (S. 70)

Im Bereich der Stauriegel fanden vorerst nur geringe Erosionen statt. Daher wurden die Seen primär nur langsam, aber sukzessive abgesenkt. Dabei wurden die Abflussmengen und somit auch die Erosionswirkungen stetig erhöht. Dies setzte sich solange fort, bis plötzlich die Riegel schlagartig «zusammenbrachen» und die Seen teilweise oder ganz ausliefen. [„Rückwärts-Erosion“?] Während der Hüttwilersee nur um 7 m und der Untersee um 16 m abgesenkt wurden, verlandeten die übrigen Seen ganz.


  • Müller 2011, Erich R.: Kap. 3.2 Geologie; Abschn. 3.2.5: Seespiegelstände des Bodensees. In: Benguerel 2011, Simone; Leuzinger, Urs; Müller, Erich et al.: → Tasgetium | Das römische Eschenz. Archäologie im Thurgau 17; Veröffentlichung des Amts für Archäologie des Kantons Thurgau. Frauenfeld 2011; 278 Seiten; Seiten 22-23.

Holozän – nacheiszeitliche Landschaftsentwicklung (vom AATG-Geologen Erich R. Müller: S. 22–23)

Natürliche Regulierungen des Seespiegels

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass zwischen Eschenz und Öhningen bzw. dem Äschezerhorn und Stiegen (Öhningen) die Schlüsselstelle zu den Pegelständen des Bodensees liegt. Denn hier wird der nacheiszeitliche Bodensee gestaut. Als maßgebende «Steuerelemente» wirkt das dynamische Zusammenspiel der drei Bachschuttkegel des Dorfbachs und des Auerbachs sowie des Nodbachs (Öhningen) in Kombination mit den Erosionsprozessen des hier austretenden Hochrheins.

Aus den Abflussdaten des Bodensees von 1800 bis 2003 gibt es für den Abfluss des Rhein bzgl. der Pegelstände von Konstanz folgende Beziehung (Ostendorp et al. 2007):

Q [m3/s] = 0,00489·x2 - 0,968·x + 94,3; bei r = 0,996
wobei: x = Pegelstand [in cm] in Konstanz (391,89 [m+NN], bzw. 392,16 m ü. M.)

Damit ergibt bei einem Konstanzer Seepegel von 393 m ein Abfluss unter 100 m³/s und bei einem Pegelstand von 397 ein Rheinabfluss von 850 m³/s. [Anm.: MQ = 369 m³/s; HQ100 = 3.100 m³/s]

Verlauf der Seespiegelstände

Verlauf der Bodenseepegel im Holozän

Für das ganze Holozän betrachtet, traten in dieser Zeitepoche Seespiegel zwischen 392,50 bis 400 m ü. M. auf (Abb. 10). Vorerst befand sich der Seespiegel zur Zeit der Pleistozän-/Holozän-Grenze auf Kote 403±2 m. Dabei wurde der Untersee noch im Bereich des Moränenriegels Stein am Rhein-Burg (W8) gestaut. Anschließend wurde dieser durch den Rheinlauf erodiert, was eine Absenkung der Auslaufhöhe, und damit direkt verbunden, des Bodensee-/Unterseespiegels bewirkte. In der zeitlichen Folge wuchsen die Bachschuttkegel des Eschenzer Dorfbachs, des Auerbachs und des Nodbachs an. Dabei wurde der See nicht mehr am Moränenriegel aufgestaut, sondern an den «vereinigten» Bachschuttkegeln. In späterer Zeit mit geringerer Wasserführung des Rheins vermochten diese Bachschuttkegel den See wieder höher zu stauen. Zu Zeiten mit hohen Abflüssen finden verstärkte Erosionen an den stauenden Bachschuttkegeln statt, was folglich zum Absenken der Staukoten und daher zu niedrigeren Seespiegeln führt.

Auf Koten 403 und 398 m finden sich am Zeller See Strandterrassen. Diese entsprechen frühholozänen Seespiegelständen. Dabei stellt jene unterhalb der 400 m-Höhenlinie eine meist nur 2 m hohe Erosionsstufe dar. Der 398 m-Stand ist zeitlich mit dem Atlantikum (um 7000±1000 Jahre BP) zu korrelieren. Dies stimmt mit dem prähistorischen Befund überein, da mesolithische Funde nur landwärts von oberhalb der 398 m-Höhenlinie bekannt sind. In den Zeitabschnitten von 6 200 bis 5 900 BP sowie um 5300 BP fanden beträchtliche Wechsel der Seespiegelhöhen statt.

Jungsteinzeitliche Siedlungsreste finden sich zwischen den Höhenkoten 393 und 396 m, bronzezeitliche dagegen bei 392 bis 394 m. Während des Subboreals (4500 bis 2600 BP) lag dann der Seespiegel ca. 2–3 m tiefer als heute, das heißt etwa bei 392 bis 393 m ü. M.

Zu den Zusammenhängen von Seespiegelschwankungen mit den Bachdelta-Bildungen im Raum Eschenz–Öhningen fehlen bis heute Beschreibungen. So bleiben die Fragen offen, inwieweit die oben genannten Kriterien auch für das Verstärken bzw. Abnehmen der Deltabildungen zutreffen.

Bundesamt für Landestopografie im Kanton Thurgau (2008)

  • Bundesamt für Landestopografie (2008): → Geologischer Atlas der Schweiz (Blatt 1033/1034 Steckborn-Kreuzlingen). Erläuterungen 112. Verfasst von Zaugg, A.; Geyer, M.; Rahn, M.; Wessels, M.; Schlichtherle, H.; Hasenfratz, A. & Burkhalter, R. (S. 74–76)
  • Billamboz 1997, Andre; Dieckmann, B.; Ellminger, F.; Schlichtherle, H.; Vogt, R.: Prehistoric settlement and lake level changes of Lake Constance. In: 7th Intern. Symp. on Palaeolimnology.Terra nostra 1997/8:17– 20. (€ 16,50)

Seespiegelschwankungen seit der letzten Eiszeit (392-400 m ü.M.) (S. 74–75)

"Früh (1906) gab aufgrund von Delta- und Übergussschichten im Bachschuttkegel von Steckborn (Gebiet Weier) einen maximalen Unterseespiegel von 412 m ü.M. an. Dieser Seespiegel geht vermutlich auf einen spätglazialen, nur kurze Zeit beständigen Eisrandstausee zurück. Schmidle (1942) erwähnte einen maximalen, spät-/postglazialen Unterseestand von 413 m ü.M. und gab aufgrund von Terrassenbildungen, Geländekanten und Strandwällen abgestufte Seestände von 413, 408, 403 und 398 m ü.M. an. Blum et al. (1995) konnten eine Laufrichtungsänderung der Radolfzeller Aach in Rielasingen auf ca. 11 ka BP datieren. Davor floss die Aach in einer ehemaligen Schmelzwasserrinne über Ramsen direkt dem Rhein westlich von Hemishofen zu. Durch Extrapolation des Rinnengefälles der Aach (aus Blum et al. 1995) von Rielasingen über Ramsen nach Hemishofen resultiert ein Vorflutniveau (= Seespiegel im Untersee in der Zeit vor 11 ka BP) um 405 m ü.M. Dieser Seespiegel entspricht dem Seestand vor ca. 12 ka BP im Allerød-Interstadial (Torfmoore Nonnenhorn; vgl. Zusammenstellung der Stände im Bodensee [Obersee] in Zaugg et al. 2008). Der Seespiegel im Untersee war somit im ausgehenden Spätglazial noch maßgeblich durch das Niveau der Rheinsohle im Bereich der Endmoränen im Staffelwald westlich von Stein am Rhein beeinflusst (Staffelwald = äusserer Stand W 6 des Stein-am-Rhein-Komplexes, Keller & Krayss 2005a). Die Seehöhe von 405 m ü.M. entspricht zudem der topographisch höchsten Verbreitung der den Beckenton überlagernden See- und Verlandungssedimente im Raum Kreuzlingen.

Ein auch geologisch interessanter Aspekt ist die Höhenlage der vorgeschichtlichen Siedlungszeugnisse bezogen auf das heutige Niveau des Konstanzer Normalpegels (395 m ü.NN). Während spät-altsteinzeitliche Reste bis etwa 406 m ü.M. nachgewiesen worden sind, finden sich mittelsteinzeitliche Siedlungsreste bei 398–400 m ü.M. (Reinerth 1930), jungsteinzeitliche Stationen bei 393–396 m ü.M. und bronzezeitliche Reste bei 392–394 m ü.M. (Billamboz et al. 1997).

Die tiefe Lage von Fundschichten und Pfahlfeldern im Flachwasser bei 392,5 bis 395 m ü.M. einerseits, und der Nachweis einer jungsteinzeitliche Funde führenden, 398–400 m ü.M. verlaufenden Uferlinie bei Hornstaad anderseits, die mit Torf und kulturführenden Kolluvium überdeckt wurde, weist auf einen beträchtlichen Wechsel des Bodenseewasserspiegels um 4200–3900 v.Chr. und nochmals um ca. 3300 v.Chr. hin. Die Ergebnisse verschiedener Arbeitsgruppen (Rösch & Ostendorp 1988, Niessen & Sturm 1990, Ostendorp 1990, Dieckmann & Vogt 1994, Billamboz et al. 1997) deuten übereinstimmend auf Seespiegelschwankungen von bis zu 8 m (400–392 m ü.M.) im Holozän hin. Eine wissenschaftlich eindeutige und befriedigende Erklärung dieses für einen Binnensee beachtlichen Phänomens steht noch aus. Jüngste Untersuchungen auf Schweizer Seite deuten auf ähnliche, wenn auch metermässig nicht so bedeutende Seespiegelschwankungen der kleinen Seen auf dem Thurgauer Seerücken hin (Nussbaumer See, Steinegger Weiher, Hasesee; vgl. Rösch 1983, 1985). Eine Klärung erhofft man sich unter anderem von detaillierter Dendrochronologie, von Untersuchungen zur Verengung des Ausflusses durch die Deltaschüttungen beim Äschezerhorn (Eschenzer Horn) und zur Karbonatproduktion im Ausfluss des Untersees (natürliche Schwellenbildung?) sowie von der Erklärung möglicher Auswirkungen von Rutschungen in den Rhein zwischen Stein am Rhein und Schaffhausen."

Wechselnde Seepegelstände des Bodensees (in: Der Orkopf, 2020)

von Richard Vogt, Landesamt für Denkmalpflege Stuttgart in:

Bodensee-Ausrinn mit Schwemmfächern kleinerer Bäche

"Dem Bereich Öhningen/Eschenz bzw. Eschenzer Horn und Stiegen am Ausfluss des Untersees kommt eine zentrale Rolle für die Pegelstände des Bodensees zu. Erich Müller sieht hier das Zusammenspiel von drei Bachschuttkegeln als stauende Steuerelemente und Einschneidungen durch den Hochrheinausfluss als massgeblich an (Abb. 10).35 Dabei kommt neben klimatischen Faktoren auch der Witterung mit Starkregenereignissen eine entscheidende Bedeutung zu, welche die Entwicklung der Bachschuttkegel nachhaltig zu beeinflussen vermag. Während hohe Seepegelstände mit erhöhten Jahresniederschlägen, abnehmenden Sommertemperaturen und verkürzten Vegetationszeiten in Verbindung zu bringen sind, entstehen tiefe Pegelstände bei abnehmenden Jahresniederschlägen, zunehmenden Sommertemperaturen sowie verlängerter Vegetationszeit.36 Dieser Zusammenhang ist aktuell nach den unterdurchschnittlichen Niederschlägen des Jahres 2018 und dem daraus resultierenden niedrigen Seepegel offenkundig. Zugleich rufen hohe Abflussraten an Staukörpern wie den Schuttkegeln verstärkte Erosionen hervor, die in der Folgezeit zu sinkenden Seepegeln führen. Konkretere Untersuchungen zu genannten Wirkungsgeflechten existieren bislang jedoch nicht.

Verlauf der Bodenseepegel im Holozän: Grafik: AAThurgau, Erich Müller und Matthias Schnyder.

Erich Müller geht davon aus, dass während des Holozäns Wechsel im Bodenseepegel zwischen 392,5 und bis 400 m ü. M. aufgetreten sind.37 Er leitet dies aus den Höhenlagen frühholozäner Strandterrassen auf Niveaus von 403 bzw. 398 m ü.M. sowie der Lage jungsteinzeitlicher und bronzezeitlicher Siedlungsreste ab. Seine Überblicksdarstellung ist in Abbildung 11 wiedergegeben. Hierzu ist allerdings anzumerken, dass die genauere Höhenlage der Seepegel aus mehreren Gründen nur äusserst schwer zu fassen ist. So lässt sich aus überlieferten Seeablagerungen gewöhnlich nur der minimale, für deren Entstehung notwendige Wasserstand ablesen, obwohl der Pegel natürlich deutlich höher gelegen haben kann. Als Beispiel können hier Seekreideablagerungen dienen, die sich sowohl im seichten Flachwasser als auch bei einer mehrere Meter mächtigen Wasserüberdeckung ablagern können. Ausserdem kann für Siedlungsschichten im heutigen Flachwasserbereich nicht automatisch auf tieferliegende Seepegel (Trockenbodenbedingungen) zu damaliger Zeit geschlossen werden, denn bei Anzeichen für eine abgehobene Bauweise sind durchaus deutlich höhere Pegelniveaus möglich. Ausserdem ist zu berücksichtigen, dass Sedimentschollen mit den darin enthaltenen Kulturschichtstraten v.a. im Haldenbereich in tiefere Niveaus als in prähistorischer Zeit abgeglitten sein können. Seetiefstände sind wiederum deshalb schwer zu fassen, da die dabei abgelagerten Sedimente bei Transgressionen überspült und zumindest teilweise wieder aufgearbeitet wurden. Um also eine durchgehende Seepegelchronologie vorlegen zu können, bedarf es eine Fülle weiterer Einzelbeobachtungen."

Fußnoten 35, 36, 37: Müller, Erich In: Benguerel et al. 2011: Tasgetivm I Das römische Eschenz, S. 22.

Seepegel zur Zeit der Steinschüttung der "Hügeli" im Bodensee (2021)

Seepegel zur Zeit der Steinschüttung (S. 108; "ERM" = Erich Müller): "Eine der zentralen Fragen ist, ob die Hügel an Land, im Flachwasser oder sogar unter Wasser aufgeschüttet wurden. Die Hügelbasen liegen heute zwischen 389.50 und 392.00 m ü.M., die Kuppen variieren zwischen 390.8 und 392.7 m ü.M. Somit befinden sich die Hügelscheitel heutzutage ganzjährig unter Wasser; bei winterlichen Niedrigwassertiefstständen von 395 m ü. M. um die 3 m 5. ( 5 Der extreme Tiefstand der Messperiode 1930–2019 wurde mit 394.5 m ü. M. am 13. Februar 2006 am Pegel Romanshorn gemessen. [Anm.: 1891 - 394,25 m ü.M.]).

ERM: Geologisches Profil durch Rhein bei Hemishofer Brücken
Geolog. Bericht #2007 Geotechn. Büro Dr. von Moos AG 1969

Aus hydrologischen und geologischen Gründen kann der Bodenseepegel nicht beliebig absinken. Der Seepegel war aber klimabedingt phasenweise deutlich tiefer als heute (Vogt 2020 [Wechselnde Seepegelstände des Bodensees. In: Der Orkopf] ). Die höchstmögliche, aber wohl kaum tatsächlich erreichte Untergrenze eines prähistorischen Wasserspiegels lässt sich anhand der Profile bei Eschenz und Hemishofen berechnen (Müller 2011, S. 22: [Seespiegelstände des Bodensees. In: Benguerel 2011: Tasgetium | Das römische Eschenz.] ). ... Hauptregulatoren der Seepegelschwankungen sind somit die Bachschüttungen bzw. Erosionsvorgänge bei Eschenz/Öhningen (D) und im Konstanzer Seerhein. Eine für den minimalen Obersee-Pegel relevante Stelle liegt allerdings bei den Rheinbrücken von Hemishofen. Dort gibt es vier Bohrungen, die belegen, dass die Basis der Abflussrinne – Oberkante der anstehenden Moräne – bei höher/gleich 390 m ü. M. liegt (Geotechnisches Büro Dr. A. von Moos AG, 1969) (vgl. die Abb.). Somit kann man modellhaft mit einem tiefstmöglichen Wasserspiegel um 392.5 m ü. M. bei einer abfliessenden Wasserhöhe von maximal 2.5 m ausgehen. Auch wenn das Bohrraster bei Hemishofen etwas weitmaschig erscheint, ist doch offensichtlich, dass der Untersee und erst recht der Obersee wohl nie unter die Kote 393 m ü. M. abgesunken sein können. Dies ist auch mit den absoluten Höhen der Kulturschicht von Arbon-Bleiche 3 bei 393.9 m ü. M. um 3380 v. Chr. (Leuzinger 2000, 12 [Die jungsteinzeitliche Seeufersiedlung Arbon-Bleiche 3. Befunde. Archäologie im Thurgau 9.]; Magny, M.; Leuzinger, Urs et al. 2006 [Tripartite climate reversal in Central Europe 5600–5300 years ago.]) und den Befunden im Umfeld des Orkopfs bei Eschenz mit 393.5 m ü. M. in der Frühbronzezeit (Benguerel et al. 2020, 100–106) vereinbar. Bemerkenswert sind in diesem Zusammenhang auch die sehr tief liegenden Kulturschichtreste der beiden spätbronzezeitlichen Seeufersiedlungen Unteruhldingen (D) Stollenwiesen und Hagnau (D) Burg auf Höhenkoten um 392 m ü. M. (Schöbel 1996, 76–80). Bei den letztgenannten beiden Fundstellen gilt es allenfalls Sedimentrutschungen sowie eine abgehobene Bauweise der Häuser zu berücksichtigen."

"Die hypothetisch mögliche minimale Pegelhöhe des Bodensees um 393 m ü. M. zur Bauzeit der Steinstrukturen hätte zur Folge, dass die Hügel damals im Winterhalbjahr in mindestens 1.5–2 m Wassertiefe aufgeschüttet worden sein müssen. Damit die künstlichen Inseln bei einer angenommenen Höhe der Steinpackung von 0.8 bis 1.5 m Mächtigkeit aus dem Wasser ragen würden, fehlen in dieser Berechnung nach wie vor mehrere Dezimeter. Ob man diesen Höhenunterschied mit Sedimentsetzungen, Verlagerung der Steinpackung oder Mikrotektonik erklären kann, ist derweil offen. Ebenso unbeantwortet bleibt zurzeit die Frage, ob eine Sichtbarkeit der «Hügeli» an der Oberfläche zumindest saisonal von ihren Erbauern tatsächlich beabsichtigt war."

Verwendete Literatur:

Leuzinger (2000), Urs: → Die jungsteinzeitliche Seeufersiedlung Arbon-Bleiche 3. Befunde. Archäologie im Thurgau 9. Frauenfeld. [Seite 15: Die archäologischen Fundschichten verlaufen auf Höhen zwischen 393,90 und 397,00 m ü.M. und aus Rezension: ... zieht der Autor zu Recht den Schluss, dass die Häuser an der Hangkante der Arboner Bucht zumindest seewärts vom Boden abgehoben errichtet wurden.]

Müller 2011, Erich: Kap. 3.2 Geologie; Abschn. 3.2.5: Seespiegelstände des Bodensees. In: S. Benguerel/H. Brem/B. Fatzer et al.: → Tasgetium I. Das römische Eschenz. Archäologie im Thurgau 17. Frauenfeld. S. 22 ff.

Vogt 2020, R.: Wechselnde Seepegelstände des Bodensees. In: S. Benguerel/H. Brem/R. Ebersbach et al.: → Der Orkopf. Eine Fundstelle auf der Landesgrenze. Archäologie im Thurgau 20. Siedlungsarchäologie im Alpenvorland XIV, 22–23. Frauenfeld.

Schöbel 1996, G.: → Die Spätbronzezeit am nordwestlichen Bodensee. Taucharchäologische Untersuchungen in Hagnau und Unteruhldingen 1982–1989. Forschungen und Berichte zur Vor- und Frühgeschichte in Baden-Württemberg 47. Stuttgart.

Magny 2006, Michel; Leuzinger, U.; Bortenschlager, S. et al.: → Tripartite climate reversal in Central Europe 5600–5300 years ago. Quaternary Research 65, 3–19.

[Anm.: C. Schindler war 1969 Mitinhaber des Geotechn. Büros von Dr. Moos AG; 1982 Prof. f. Ingenieurgeologie ETHZ]

Zürichsee - Limmat (1971) (ToDo)

Conrad Schindler: → Geologie von Zürich und ihre Beziehung zu Seespiegelschwankungen; Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Ges. Zürich 1971:283–315.

S. 297: „… höchstwahrscheinlich die dubiose «Seekreide» den Sünden eines längst verstorbenen Bohrmeisters anzurechnen ist.“ UND: „Es konnte z. B. durch Rückwärtserosion in der Ausflussrinne leicht ein kritischer Punkt erreicht werden, in welchem die höchste Schwelle plötzlich um beispielsweise 2 m erniedrigt wurde.“ UND: "gesamte Limmatsohle besteht aus Moränenmaterial"

Traunsee (ToDo)

Trebsche 2023, Peter; Seidl da Fonseca, Helena; et al.: → A Fluctuating Environment: Micromorphological and Archaeobotanical Investigations of the Early Iron Age Lakeshore Settlement at Traunkirchen (Upper Austria). Environmental Archaeology, The Journal of Human Palaeoecology; 18.2.2023.

Geologie: Endmoränen, -material und Seeabfluss (großteils, ToDo)

Abfluss des Attersees - Längenschnitt des Traungebiets 1904

Wie der nebenstehenden Abbildung aus 1904 (K.k. Hydrographischer Dienst in Österreich: Das Traungebiet) vor jeglicher Abflussbeeinflussung und -regulierung des Attersees zu entnehmen ist, hatte dessen Seeausrinn auf den ersten Kilometern der Ager ein recht starkes Gefälle, das weit über dem Durchschnitt der Ager mit rund 3,6 Promille lag.

Diese Gegebenheit ist auf das Vorhandensein der Endmoräne bei Schörfling/Seewalchen zurückzuführen, auf deren see-abgewandten Seite eben dieses höhere Gefälle auftrat. Dies führte früh zur Anlage von Mühlen, die bereits im Mittelalter errichtet wurden, und heute noch mit der Ortschaft "Siebenmühlen" daran erinnern.

Demgegenüber gibt es beim Ausrinn des Gmundner Sees keine Überhöhung der Endmoräne mehr, die vermutlich durch die immer wieder auftretenden extremen Hochwässer eingeebnet wurde.

Damit gab es am Gmundner See auch keine einfachen Möglichkeiten einer Seeabsenkung mittels Rückwärts-Erosion durch neolithische Kanal-Pfahlbauern.

Dass es in späterer Zeit dennoch zwei Mal zu Seespiegel-Absenkungen gekommen ist, zeigen aktuelle Forschungen bei Traunkirchen.

Salcher, B. et al.: → High-resolution mapping of glacial landforms in the North Alpine Foreland, Austria. (vgl. v.a. Abb. 7, S. 288 zum Seeabfluss durch Endmoränen: "verändert nach Schreiner": Hegau und westlicher Bodensee. = Sammlung Geologischer Führer - besorgt am 22.4.22. Neuere Literatur: → Bernhard Salcher, University of Salzburg, Department of Geography and Geology, PhD

Salcher, Bernhard; Starnberger, Reinhard; Götz, Joachim: → Sediment‐landform associations of major glaciations in the North Alpine Foreland. Abb. 6 XXI International Congress of the Carpathian Balkan Geological Association (CBGA 2018); Berichte der Geologischen Bundesanstalt, v. 126, p. 289 – 304.

Ellwanger, D. et al.: → Quaternary of the southwest German Alpine Foreland (Bodensee-Oberschwaben, Baden-Württemberg, Southwest Germany), Quaternary Science Journal 2011, Vol. 60, Nr. 2-3, p. 306-328. - es sind v.a. die Moränenbildungen unterschiedlicher Eiszeiten zw. Ober-/Untersee und beim Abfluss des Bodensees von Interesse.

Huber (Zürichsee, Sihl, Limmat)

Schindler, Conrad: → Geologie von Zürich und ihre Beziehungen zu Seespiegelschwankungen: S. 297: Schindler wischt Hinweise auf Seekreidefunde und "Moräne" (Seekreideablagerungen?) in größerer Tiefe (19-20 m) mit den „Sünden eines längst verstorbenen Bohrmeisters“ vom Tisch.

Janik, V.: → Die Pfahlbausiedlung See/Mondsee im Blickfeld landschaftlicher Forschung. Jahrbuch des OÖ Musealvereins, Linz, 1969; S. 181 - 200.

Suter, Peter et al.: → Um 2700 v. Chr. – Wandel und Kontinuität in den Ufersiedlungen am Bielersee: S. 145, ad "Nidau": Die erhaltenen Kulturschichten liegen in 4 bis 6 m Tiefe unter dem heutigen Gehniveau unterhalb von Ablagerungen der Moderne sowie Seekreide-, Lehm-/Silt- und Torfschichten ... Im südlichen Siedlungsareal – landseitig der spätbronzezeitlichen Station Nidau, Neue Station – finden sich erneut Schlagdaten des 39. Jahrhunderts v. Chr.; ihre 14C-Daten fallen in den Zeitraum 3950 bis 3800 v. Chr.

Lukas, S., Rother, H.: → Moränen versus Till: Empfehlungen für die Beschreibung, Interpretation und Klassifikation glazialer Landformen und Sedimente. (zur Zusammensetzung von Moränenmaterial)

Rother, H. u. Wansa, S.: → Gletscherablagerungen und glazigene Vollformen (Lockergesteine). Geologische Kartierungsanleitung in der Geowissenschaftlichen Sammlungen im Bereich der Staatlichen Geologischen Dienste Deutschlands.


111 Pfahlbaustationen: Örtlichkeit, Seehöhe, heutige Lage unter/über Wasser

Im Folgenden werden Informationen zu den 111 UNESCO-Pfahlbaustationen gebracht unter Verwendung von

  • Google-Earth: Damit wurde die Tiefen-Lage der 111 Stationen an den Seerändern einzeln abgeschätzt, wobei man bei den bei Sonnenschein aufgenommenen Google-Bildern wegen der unterschiedlichen Farbe einfach seichte von tieferen Stellen unterscheiden kann. [Dieses Vorgehen wurde dadurch erforderlich, da es überraschenderweise zu den meisten Pfahlbau-Stationen keine Tiefenangaben gibt.]

Die 56 Schweizer Stationen weisen eine durchschnittliche Seehöhe von 429 m ü.A. auf; die fünf österreichischen Stationen zeigen durchschnittlich 479 m ü.A.; 18 Stationen in Süddeutschland liegen auf 485 m ü.A.; die 11 französischen Stationen auf 367 m ü.A.; die 19 italienischen Stationen liegen auf nur 167 m ü.A. und die beiden slowenischen Stationen liegen auf 288 m ü.A.

45 Stationen liegen auf einer Seehöhe zwischen 400 und 449 m ü.A. und weitere 25 Stationen liegen auf Seehöhen zwischen 450 und 600 m ü.A. (2 Stationen auf 612 m und 652 m ü.A.); 17 Stationen haben Seehöhen zwischen 350 und 399 m ü.A.

In den nachfolgenden Tabellen werden angegeben:

  • UNESCO-Nummer und Örtlichkeit der Station, See-Name samt Seehöhe über Adria und vor allem die
  • konkrete Lage der Pfahlbau-Station
    • am Seerand im Flachwasser (einige wenige Meter Tiefe: entsprechend der Anmutung in Google-Earth)
    • oder trocken auf dem heutigen Ufer
  • geschätzte Ausdehnung der Strandplatte Richtung See (ev. auch deren Länge parallel zum Ufer)
Höhenverteilung Schweizer Pfahlbaustationen; die niedrige-Seehöhe-Stationen liegen am Genfersee

Es gibt offenbar eine besonders bevorzugte Seehöhe für die „klassischen“ Pfahlbaustationen, wie der eingefügten Tabelle und der Grafik zu entnehmen ist. Einerseits sind das die Seehöhen zwischen 400 und 450 m mit 44 Stationen, andererseits liegen sogar 66 der 111 UNESCO-Pfahlbaustationen – das sind knapp 60 % – innerhalb von nur 120 Höhenmetern: und zwar zwischen 395 m und 514 m ü.A.

Es ist wohl davon auszugehen, dass sich diese Gegebenheiten noch verstärken, wenn man sich auf vergleichbare Rahmenbedingungen konzentriert wie z.B. Beschränkung auf die ehemaligen Gletscherrandgebiete nördlich der Alpen oder die französischen Stationen. Allein 45 der 56 Schweizer Stationen liegen innerhalb eines engen Bereichs von nur 60 Höhenmetern und zwar von 400–460 m ü.M.

Wie den Tabellen zu entnehmen ist, liegen die Pfahlbaustationen ganz überwiegend unter Wasser – und regelmäßig in vergleichsweise wenig tiefem Wasser (einige Meter). Hinsichtlich der Pfahlbauten, die heute am trockenen Land liegen kann nur vermutet werden, dass diese zu einer Zeit mit hohem Wasserstand errichtet worden sind. Bei solchen Stationen dürfte es demnach nicht mehrere Kulturschichten mit zwischengelagerter Seekreide geben (was einfach zu überprüfen ist).

Die Pfahlbaustationen unter 400 Höhenmetern zeigen offenbar einen anderen Siedlungszugang.

Da die 111 Stationen bereits eine Auswahl darstellen, können die hier gebrachten Auswertungen nur qualitativ sein: für eine generelle Aussage müssten alle über 1000 Stationen in zeitlicher und räumlicher Dimension systematisch untersucht werden, was aber über den hier gesteckten Rahmen hinausgeht; wissenschaftlich relevant (und interessant) wäre dies allemal.

Verteilung der 111 UNESCO-Pfahlbaustationen auf Höhenbereiche
Höhenverteilung der 111 UNESCO-Pfahlbaustationen
Höhenbereich in m ü.A. Anzahl
über 600 m 2
550-600 m 9
500-550 m 6
450-500 m 9
400-450 m 44
350-400 m 17
300-350 m 0
250-300 m 6
200-250 m 7
150-200 m 0
100-150 m 3
50 -100 m 5
3-50 m 3

Gletscherrandseen; Seehöhe, Fläche, Einzugsgebiet, Abflussgefälle, Siedlungsalter

Der Alpenraum zum Höhepunkt der letzten Eiszeit; © Geologische Bundesanstalt; Idee van Husen (2013)

Zitat: © Geologische Bundesanstalt (Hrsg.): → Der Alpenraum zum Höhepunkt der letzen Eiszeit.. Geologische Bundesanstalt: → Quartär/Rocky Austria: Seitenende: "Grafiken stehen für Forschung und Lehre zur Verfügung" mit dortigem → Download-Link.

Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen: Wikipedia, Daten zu den Stationen ...; → Liste der größten Seen in der Schweiz

  • Zürichsee 406 m, 90,1 km2; 1800 km2; Limmat MQ 101 m³/s; "Sihl" kann Limmat verlegen; Limmat 5 m auf 1 km nach Sihl-Treffen: > 5 ‰ Gefälle; 4250 v.Chr.;
  • Egolzwil 597 m (bei Wauwil ~3-km2-See; heute 6 m tiefe "Wanne" durch "Ron" rundherum trockengelegt) ; 4280 v.Chr.
  • Bodensee 395 m, 536 km2; 11.487 km2; Rhein MQ 251 m³/s; Stein am Rhein/Diessenhofen: 10 km - 16 m: 1,6 ‰ Gefälle; bei Stein mehr; 4000 v.Chr.
  • Zugersee 413 m, 38,3 km², 212 km² Einzugsgebiet, MQ = 6 m³/s; auf 2,2 km – 6 m = 3 ‰ Gefälle
  • Genfersee 372 m, 581 km2; 7.975 km2; Fluss "Arve" kann Rhone verlegen; 1 km 3 m: 3 ‰ Gefälle; 4000 v.Chr.
  • Sempachersee 504 m, 14,5 km2; 4000 v.Chr.
  • wegen Juragewässerkorrektionen nur Abschätzungen der Abflussgefälle:
    • Bielersee 429 m, 40 km2; ~3200 km2 (o. Aare ...→ Richard La Nicca, Bern 1842); 4000; Flüsschen "Schüss" kann Zihl verlegen; Alte Zihl 1,5 km rd. 5 m bei Port: 3,5 ‰ Gefälle;
    • Neuenburgersee 430 m, 218 km2; 2.670 km2; 4000; wahrscheinlich mit 5-km-Kanal mit (vor-)abgesenkt
    • Murtensee 429 m, 22,8 km2; 693 km2; ursprünglicher Abfluss nach Nordosten: 10 km (Kallnach) fast ohne Gefälle; 3000 v.Chr.

  • Savoyische Seen ~430-550 m; 3500 v.Chr.

  • Federsee 578 m, 1,4 km2; 35,4 km2; 4000 v.Chr.
  • Starnberger See (bis 1962 Würmsee) 584 m, 58,4 km2; 314 km2; Würm mäandert lustlos ohne Moräne mit wenig Gefälle; 4000 v.Chr.
  • Ammersee (Altheimer Gruppe) 533m, 46,6 km2; 993 km2; Amper nach 12 km 528 m: 1 ‰ Gefälle; 3500 v.Chr.

  • Attersee 469 m, 46,2 km2; 464 km2; Ager MQ 17,1 m³/s, HHQ 110 m³/s; 3,6 ‰ auf 34 km; 4000 v.Chr., Ndf VRI 4310 ± 90 v.Chr.
  • Mondsee 481 m, 13,8 km2; 247 km2; Seeache MQ 9,14 m³/s, HHQ 73,4 m³/s; Gefälle 4 ‰ auf 3 km; VRI 4910 ± 130 v.Chr.
  • Keutschachersee 506 m, 1,3 km2; 30 km2; VRI 5420 ± 60 v.Chr.
    • Mattsee|Obertrumer See|Grabensee: alle 503 m – Mattig in 8 km 491 m: 1,5 ‰ Gefälle;
    • Wallersee: 506 m – Fischbach fließt km-lang flach dahin;
    • Wolfgangsee: 538 m – Ischler Ache fließt 4 km bis 514 m mit ≈ 6 ‰ Gefälle;
    • Fuschlsee: 665 m – max 2 ha Strandplatten; entwässert in Mondsee;

  • Lago di Varese 238 m, 15 km2; 112 km2; 5300 v.Chr.
  • Gardasee 65 m (größte Tiefe 346 m), 370 km2; 3556 km2; 2200 v.Chr.
  • Ledrosee 655 m; 2,2 km2; 111 km2; 2000 v.Chr.
  • Lago di Viverone, 230 m, 5,8 km2; 25,7 km2; 1450 v.Chr.

Hydrologie der Salzkammergut-Seen für die Kanal-Pfahlbauern

Niederschlagsverteilung Traunsee-Gebiet 12.+13.9.1899
Linz < 50 mm; Attersee 250 mm; Hallstättersee > 350 mm

Extremniederschläge im Traungebiet September 1899

Flögl 1980, Helmut & Blaschke, Hans: → Die Hochwasserretention der Salzkammergutseen. Sonderband Hochwasser-Abwehr des Landes OÖ, 1980, 20 Seiten.

Das extremste Hochwasserereignis wurde aufgrund der Niederschläge von nur zwei Tagen – am 12.+13.9.1899 – verzeichnet. (Nach: K.k. Hydrographischer Dienst in Österreich (1904): Das Traungebiet und die Verwertung des Retentionsvermögens der Salzkammergut-Seen zur Milderung der Hochwassergefahren.)

Die Niederschläge nur dieser beiden Tage betrugen in Linz weniger als 50 mm; beim Attersee rd. 250 mm; im inneren Salzkammergut 300 mm und beim Hallstättersee sogar über 350 mm.

Aber auch Niederschlagsereignisse der jüngeren Zeit z.B. 2.-5.6.2013 konnten regional ziemlich stark ausfallen:

  • Weißenbach v. 2.6.2013 Pegel 303 cm mit HQ 114 m³/s und einer Jährlichkeit von 200 Jahren
  • See/Mondsee 3.6.2013 Pegel 356 cm mit HQ 94,1 m³/s und einer Jährlichkeit von 25 Jahren
  • Raudaschlsäge 5.6.13 Pegel 108 cm mit HQ 93,5 m³/s und einer Jährlichkeit von 15 Jahren

Hydrologischer Vergleich der Seen

Hydrologischer Vergleich Attersee : Mondsee : Wolfgangsee : Traunsee
Einzugsge-
biet E [km²]
Seefläche
F [km²]
Verhältnis
E / F
Seeinhalt
[Mio. m³]
Abfluss MQ
in [m³/s]
Durchfluss-
dauer [a]
Hochwasser
1899 [cm]
HHQ-Speicherg
1899 [Mio m³]
Attersee 462 46,8 10,1 3.944 17,0 7,2 146 68,2
Mondsee 247 14,2 17,4 510 9,1 1,8 236 33,5
Wolfgangsee 123 13,2 9,2 619 5,4 3.9 187 24,6
Traunsee 1417 25,7 58,0 2.302 70,0 1,0 354 90,8

Daten: Rosenauer 1932: F.: → Über das Wasser in OÖ.; Flögl 1980:Die Hochwasserretention der Salzkammergutseen

Von allen in Frage kommenden Seen zeigt der Attersee von vornherein die günstigsten Hochwasserverhältnisse. Unter Berücksichtigung des Zwei-Seen-Systems mit dem Mondsee konnten für den Attersee aber noch zusätzliche Verbesserungen erzielt werden.

Wie der obigen Tabelle zu entnehmen ist, kam der Traunsee schon wegen seiner extremen Hochwasserverhältnisse für eine neolithische Besiedlung nie in Betracht: Die Seespiegel-Schwankung zwischen Mittelwasser und Hochwasser betrug mehr als vier Meter.

Das Attersee-Mondsee-System

Vergleich Mondsee : Attersee : (Attersee ohne Mondsee)
MQ = mittlerer Abfluss; HHQ = höchster Hochwasserabfluss
Einzugs-
gebiet [km²]
Seefläche
[km²]
MQ
[m³/s]
HHQ
[m³/s]
Mondsee allein 247 13,8 9 73
Attersee mit Mondsee 463 60,0 17 110
Attersee ohne Mondsee 217 46,2 8 37

Wie der Tabelle und den für Pfahlbausiedlungen besonders bedeutsamen Hochwasser-Verhältnissen HHQ (= höchster Hochwasserabfluss) entnommen werden kann, sind die Hochwässer des Mondsees (Abfluss 73 m³/s bei kleiner Seefläche) die hauptsächliche Ursache für die Attersee-Hochwässer des gemeinsamen Systems Mondsee-Attersee (110 m³/s). Diese sind für den Attersee im Gesamtsystem dreimal so schwierig wie für den Attersee allein (37 m³/s - wegen des geringeren direkten Einzugsgebietes und der viel größeren Seefläche).

Extrem-Hochwasser am Attersee 11.-20.9.1899

Wie der obigen Tabelle zu entnehmen ist, verdoppelt sich der alleinige Attersee-Abfluss bei Hochwasser (37 m³/s) nur auf das Doppelte des Normal-Abflusses (17 m³/s), wenn man den gleichzeitigen Hochwasserabfluss des Mondsees verhindern kann.

Wenn man den Attersee besiedeln wollte, musste man die drohenden Hochwässer des Mondsees beherrschen.

Wenn man für ein Starkregenereignis eine Verhinderung der Abflusswelle des Mondsees in den Attersee für die Dauer von 3 Tagen annimmt, erhöht sich bei dieser Wasserrückhaltung der Spiegel des Mondsees um ~ 1 ½ m (73 m³/s x 3.600 s x 24 h x 3 Tage = 18,9 Mio. m³ geteilt durch 13.8 Mio. m² Seefläche = 1,37 m). Mit einer Vorabsenkung um 3 m liegt man auf der sicheren Seite.

zu beherrschende Hochwasserereignisse am Mondsee

Wie der nebenstehenden Grafik zu entnehmen ist, bringt das stärkste Hochwasserereignis am Mondsee innert eines Jahrhunderts einen Seespiegelanstieg um maximal 2 ½ m.

Wenn man den Mondsee-Abfluss z.B. um rund 3 m vorab absenkte, hätten die Auswirkungen eines Starkregen-Ereignisses auf den Attersee durch entsprechenden Aufstau des Mondsees minimiert werden können.

Damit die Pfahlbauten in See/Mondsee auch bei einer Hochwasserrückhaltung des Mondsees auf dem Trockenen blieben, wäre eine Absenkung des Mondsees um rund 4–5 m zielführend gewesen (vgl. Janik-Veröffentlichung mit 6 m bei Möbelfabrik).

Seeretention HW 9/1920: - - - Abfluss ohne Retention [m³/s]

Es ist allgemein geläufig, daß bei steigenden Zuflüssen zu einem See dessen Wasserstand einige Zeit steigen muß, bis der Abfluß gleich groß wird wie der Zufluß. Dieser Effekt wird Seeretention genannt. Ebenso wird bei fallenden Zuflüssen der Seeabfluß nachhinken und sich erst allmählich dem kleiner werdenden Zufluß anpassen.

Die vergleichsweise beherrschbaren Hochwässer von Mondsee und Attersee stehen in starkem Kontrast zu den Verhältnissen am Traunsee: Der Hochwasserabfluss des Traunsees hätte 1920 ohne Seeretention 1400 m³/s betragen, wies aber trotz der Seeretention noch immer einen Wert von 1050 m³/s auf - das ist rund das 6fache von Mondsee und Attersee. Der Traunsee war für die Kanal-Pfahlbauern sicher nicht beherrschbar.

Durch die natürliche Seeretention kommt es auch zu einer Reduktion der ohne diese (theoretisch) auftretenden Seespiegel-Erhöhungen des Attersees: 1918: 90 cm (statt 320 cm ohne Retention); 1920: 130 cm (statt 350 cm); 1954: 110 cm (statt 280 cm); 1959: 130 cm (statt 490 (!) cm). Im Jahr 1959 betrug vor / während des Hochwassers der Abfluss 30 / 115 m³/s bei einem Seestand von 469,40 / 470,20 m ü.A.

Die höchsten Wasserspegeldifferenzen zwischen Hochwasserspitze und dem Ausgangswasserspiegel unmittelbar vor der Hauptwelle betrugen für den Attersee 1899: 1,05 m; für den Mondsee 1899: 2,28 m und für den Traunsee 1897: 3,35 m (!).

Die Hochwässer weisen bei den im folgenden angeführten Jährlichkeiten (= Auftretenswahrscheinlichkeiten alle ... Jahre) folgende Abflussmengen auf:

  • See (See-Ache): 40 m³/s (jährlich); 80 m³/s (alle 10 a); 100 m³/s (alle 30 a); 120 m³/s (alle 100 Jahre)
  • Raudaschlsäge: 43 m³/s (jährlich); 85 m³/s (alle 10 a); 110 m³/s (alle 30 a); 140 m³/s (alle 100 Jahre)

Kein hoher/niedriger Wasserstand wegen feuchtem/trockenem Klima

Abfluss aus Attersee abhängig vom Wasserstand

Wie der Abbildung der „natürlichen Konsumtionskurve“ des Attersee-Abflusses (Flögl 1971) entnommen werden kann, steigt der Abfluss in Abhängigkeit von der Seehöhe exponentiell an, wie man auf einfache Weise durch Drehen der Abbildung (Wasserstands-Achse liegt dann als Abszisse unten) - und damit dem Vertauschen der beiden Achsen - erkennen kann.

So beträgt der Attersee-Abfluss bei einer Seehöhe von 469,0 m: 20 m³/s; bei einer Seehöhe von 469,5 m: 50 m³/s; bei einer Seehöhe von 470,0 m bereits 110 m³/s und bei einer Seehöhe von 470,5 m über 230 m³/s.

Die beiden angefühten Punkte bezeichnen die Wasserstände und Abflüsse der extremen Hochwässer der Jahre 1899 und 1959.

Demgegenüber wird der Attersee bei einer Seehöhe von 468,5 m abflussfrei.


Die Attersee-Pfahlbauten werden (geschätzt) in Seehöhen von ca. 464 - 467 m ü. A. gefunden.

[Anm.: Die österreichischen Pfahlbauten werden nach Abschätzungen aufgrund Google-Earth-Bildern in Seetiefen von ca. 464–467 m ü.A. gefunden, wobei hierzu bestimmte Sichttiefen für das Wasser angenommen werden. Mit Ausnahme von Schweizer Arbeiten (z.B. Suter - Kleiner Hafner) gibt es in den Veröffentlichungen nur selten konkrete Tiefenangaben.]

Verwendete Literatur

K.k. Hydrographischer Dienst in Österreich (1904): Das Traungebiet und die Verwertung des Retentionsvermögens der Salzkammergut-Seen zur Milderung der Hochwassergefahren. Hrsg. vom k. k hydrographischen Zentral-Bureau, Wien. Verlag W. Braumüller, Wien 1904.

Rosenauer 1932, F.: → Über das Wasser in OÖ. JBOÖMV 1932:356–378.

Flögl 1980, Helmut; Blaschke, Hans: → Die Hochwasserretention der Salzkammergutseen. Hochwasser-Abwehr (Sonderband des Landes OÖ) 1980, 20 Seiten.

Nachtnebel 2008, Hans-Peter et al.: → Wasserwirtschaftliche Entwicklung in Überflutungsgebieten. Institut für Wasserwirtschaft, Hydrologie und konstruktiven Wasserbau, BOKU. 255 Seiten. Teil Attersee S. 17–36.

BMLFUW 2015: → Hochwasser Juni 2013 – Ereignisdokumentation; BMLUFUW Sept. 2015, 90 Seiten.

Erste Chronologisierung der Kulturen und die erstmalige "lange Chronologie"

Vergleich von "langer" mit kurzer Chronologie

Gross 1991, Eda; Ruoff, Ulrich: → Die Bedeutung der absoluten Datierung der jungsteinzeitlichen Kulturen in der Schweiz für die Urgeschichte Europas. In: Lichardus, J. (ed.): Die Kupferzeit als historische Epoche. Symposium Saarbrücken und Otzenhausen, Saarbr. Beitr. zur Altertumskunde 55, Bd. 1, 1991:401–420.

Die erstmalige „lange Chronologie“ von Eda Gross 1991

Die hier gebrachte Arbeit von → Eda Gross hat besondere forschungsgeschichtliche Relevanz, da sie mit dieser ihrer Arbeit erstmals – in einem damals noch durch und durch ablehnenden Milieu (v.a. Lichardus, Kossack) – die Sichtweise der langen Chronologie vertreten hat.

Dabei hat sie erstmals vorhandene 14C-Daten mit den dendrochronologischen Daten der Schweizer Pfahlbauten miteinander verknüpft und damit eine Umrechnung von 14C-Daten in die Absolutchronologie der Baumringalter ermöglicht – und damit erstmals eine realitätsnahe Kalibrierung der Radiokohlenstoffmethode geschaffen.

Diese Sichtweise stieß bei damaligen "Autoritäten" auf heftigen Widerstand, da dadurch viele chronologische Annahmen um Jahrtausende verschoben wurden – und damit Lehrmeinungen geändert und Lehrbücher umgeschrieben werden mussten.

Die Abbildung zeigt die enormen Auswirkungen der „langen Chronologie“ gegenüber der „kurzen Chronologie“, wenn man allgemein bis zu dieser Veröffentlichung davon ausgegangen ist, dass Egolzwil zeitgleich mit der 1. Dynastie Ägyptens (3000 v. Chr.) gewesen sei. Die Frühdynastie I in Mesopotamien und Troja Ia (2700 v. Chr.) hätten dem jüngeren Cortaillod entsprochen. Das Frühminoisch I von Kreta und das Frühhelladisch I von Griechenland (um 2600 v. Chr.) hätten parallel zum Pfyn der Schweiz bestanden.

Demgegenüber bestand Egolzwil 1.300 Jahre vor der 1. Dynastie Ägyptens, 1.600 Jahre vor Mesopotamien und Troja und 1.700 Jahre vor Kreta und Hellas. Die Kulturen von Cortaillod und Mondsee/Attersee blühten ein Jahrtausend vor der 1. Dynastie Ägyptens, 1.300 Jahre vor Mesopotamien und Troja Ia und 1.400 Jahre vor Kreta und Hellas.

Die Mondsee-Kultur blüht ein Jahrtausend vor Ägypten

erstmals kalibrierte neolithische Daten in CH, BRD, DDR, CSSR, PL und Österreich

Die nächste Abbildung rückt mehrere frühere – und zeitlich zumeist zu "kurze" – Chronologien in ein völlig neues und realitätsnäheres Bild.

Eda Gross hat mit dieser Arbeit erstmals realistische chronologische Daten zu den einzelnen Kulturen sowohl von Schweiz, Deutschland, DDR, CSSR, Polen und Österreich sowie von den südöstlichen Ländern Ungarn, Jugoslawien, Bulgarien, Rumänien und Griechenland auf eine gemeinsame Basis gestellt und diese sogar mit den bis dahin „ältesten Kulturen“ Ägypten, Mesopotamien, Troja, Kreta, Griechenland in einen neuen, einheitlichen Zeitrahmen gestellt.

Der von Eda Gross im Jahre 1991 eingeführte wissenschaftlich fundierte Ansatz zur Kalibrierung von 14C-Daten besteht bis heute weiter und wird für die Kalibrierung von 14C-Daten weiterhin intensiv eingesetzt.

Damit wurden viele grundlegende österreichische Arbeiten (Pittioni 1954, Ruttkay 1981 usw.) zu den Pfahlbauten an den Salzkammergutseen und die daran beteiligten Kulturen in einen neuen Zeitrahmen gestellt und viele Annahmen wurden "über den Haufen" geworfen.

So beginnt die Epi-Lengyel-Gruppe in Österreich um etwa 4.100 v.Chr. – was mit dem Abbruch der Kulturen in Bulgarien, Rumänien und Jugoslawien um 4.200 v. Chr. gut zusammenpasst. Mondsee I startet um 3.900 v. Chr. und läuft bis 2.600 v. Chr. Die Baden-Kultur beginnt erst um 3.400 v. Chr.

In der Schweiz liegt die Egolzwiler Gruppe um 4.300 v. Chr. ziemlich richtig; die Cortaillod-Gruppierung folgt gleich auf Egolzwil; parallel zu dieser entwickelt sich die Pfyn-Gruppe etwas zeitverzögert, gefolgt von Horgen ab etwa 3.700 v. Chr.

Die erste Abbildung bringt den Vergleich der kalibrierten 14C-Daten mit der dendrochronologischen Datierung des schweizerischen Neolithikums (linke Spalte) und den Vergleich der kalibrierten 14C-Daten aus historisch datierten Komplexen Ägyptens mit der historischen Chronologie (rechte Spalte).

Die mittlere Abbildung bringt kalibrierte 14C-Daten der neolithischen Kulturen in Schweiz, BRD, DDR, CSSR, Polen und Österreich; die rechte Abbildung jene von Ungarn, Jugoslawien, Bulgarien, Rumänien, Griechenland, Anatolien und Ägypten.

Das zu Ende gehende Mesolithikum der Jäger und Sammler

Kind 2016, Claus-Joachim: → Die letzten Jäger und Sammler – Das Mesolithikum in Baden-Württemberg. Denkmalpflege in Baden-Württemberg Ausgabe 35.1, 2016. 7 Seiten.
Diese Broschüre bringt eine recht erhellende Darstellung zu den letzten Jägern und Sammlern, ihrer Umwelt und dem Leben im Mesolithikum; mit Gliederung in der Jagdperiode in Haupt- und Außenlager.

Stäuble 2013, Harald; Wolfram, Sabine: → Bandkeramik und Mesolithikum: Abfolge oder Koexistenz. Conf. Paper 2013.

Stäuble bringt auf S. 121 eine recht erhellende Darstellung eines Schemas von möglichen Kontakten zwischen mesolithischen Jägern/Sammlern und neolithischen Bauern/Viehzüchtern und ihren Folgen. Nach dem dargestellten Schema wird in drei grundsätzlich mögliche Entwicklungen zwischen den Jägern/Sammlern und den Ackerbauern/Viehzüchtern unterschieden:

a) Verdrängung/Konflikt (Vernichtung, Vertreibung, Isolation)
b) Toleranz und/oder Vermeidung und
c) Integration/Assimilation (Einsickern, Kommerzialisierung, Aneignung, Übernahme/Assimilation).

Diese Möglichkeiten sind wohl in einzelnen Gebieten Mitteleuropas unterschiedlich zum Zuge gekommen. Es gab sicher Unterschiede in den flachen Lössgebieten Polens, Deutschlands und Nordfrankreichs und den eher bergigen Gebieten der Alpen und dem Alpenvorland. So endete das Mesolithikum in der Schweiz z. T. erst um etwa 4.000 v. Chr., wobei die Jäger und Sammler in den bergigen Gebieten unbehelligt blieben.

Ähnliches ist auch für den uns interessierenden Raum in Oberösterreich anzunehmen, der ja von den neolithischen Ackerbauern und Viehzüchtern eher gemieden denn angestrebt wurde. In den Gebieten südlich der Donau gab es zu Beginn der Pfahlbauernzeit an den oberösterreichischen Seen sicher noch immer mesolithische Jäger und Sammler. Ob sich das Verhältnis zwischen den ehemals „Einheimischen“ und den „Zuwanderern“ friedlich oder konfliktreich gestaltete kann heute nicht mehr beurteilt werden.

(Seltene) kriegerische Auseinandersetzungen um 5000 v. Chr.

Etwa 500 Jahre nach Ankunft der Neolithiker (5.500 v. Chr.) in den fruchtbaren Lössgebieten gab es offenbar – wenn auch seltene – kriegerische Auseinandersetzungen, wobei nicht klar ist, ob mit anderen neolithischen Gruppen oder mit den ursprünglichen mesolithischen Jägern und Sammlern.

Biermann 2012, Eric: → Krieg in der Vorgeschichte: Die Interpretation archäologischer Funde und Befunde im interkulturellen Vergleich am Beispiel steinerner Keulenköpfe des Mesolithikums bis Mittelneolithikums. In: Mitteleuropa im 5. Jt. v. Chr. Neolithikum und ältere Metallzeiten.
(Karten ab S. 345 ff. zeigen eine Häufung der Keulenköpfe im mittel- und norddeutschen Raum, aber keine Keulenköpfe im zentralen österreichischen Raum; jedoch einige an der Salzach und doch mehrere im Gebiet der Altheimer Kultur.)

Christensen 2004, Jonas: → Warfare in the European Neolithic. Acta Archaeologica, vol. 75, 2004:129–156. HQ Überblick; schlechtes Verhältnis von LBK mit Jägern/Sammlern … Befestigungen

Meyer 2018,, Chr. et al.: Patterns of Collective Violence in the Early Neolithic of Central Europe. In: A. Dolini et al. (eds.), Prehistoric Warfare and Violence, Quantitative Methods in the Humanities and Social Sciences (2018) Überblick zu den 3 Massakern (~5.000 v.Chr.)

Frayer 1997, David: OFNET (Bavaria): → Evidence for a Mesolithic Massacre. In: Troubled Times: Violence and Warfare in the Past (1997) Volltext: sind mesolithische Jäger/Sammler um 5.500 v.Chr. (14C: 7.560–7.360 BP); und → Google book mit high quality pictures

Peter-Röcher 2002, Heidi: → Krieg und Gewalt: Zu den Kopfdepositionen in der Großen Ofnet-Höhle und der Diskussion um kriegerische Konflikte in prähistorischer Zeit, 2002. Prähistorische Zeitschrift 77, 2002:1–28. Sie sieht in Ofnet kein Massaker, sondern ein besonderes "Kopfbestattungs-Ritual".


Schletz (Niederösterreich; ~5200 v.Chr.)

Die befestigte neolithische Siedlung Schletz bei Asparn in NÖ wurde 1983 ausgegraben. Im Laufe der systematischen Untersuchungen ergaben sich völlig unerwartete Ergebnisse. Es wurden 67 Individuen auf dem Grund eines ovalen Grabens gefunden. Ohne Ausnahme weisen deren Überreste multiple traumatische Schädel-Läsionen aber auch Bissspuren von Carnivoren auf. Die demographischen Analysen zeigen, dass die gesamte Bevölkerung dieser frühen bäuerlichen Siedlung vollständig ausgelöscht und über Monate unbeerdigt liegen gelassen wurde. Die Befunde legen nahe, dass dieses Genozid-Szenario für das endgültige Verlassen dieser Siedlung verantwortlich war. Die Alters- und Geschlechterverteilung weist auf ein Fehlen junger Frauen hin, was als eine Entführung bzw. Frauenraub durch die Angreifer interpretiert wird. Es gibt keine direkten Skelett-Nachweise auf die Angreifer am Platz; demgegenüber weist die Gleichförmigkeit der Strontium-Verhältnisse alle 67 Individuen als Einheimische aus.

Herxheim – 1000 rituelle Menschenopfer (Rheinland-Pfalz; 5100 v.Chr.)

Die Ausgrabungen zeigen, dass in Herxheim knapp vor 5000 v. Chr. ganz außergewöhnliche Rituale stattfanden, in deren Verlauf insgesamt mehr als 1000 Menschen getötet und dann zerlegt wurden. Man entfernte akribisch alles Fleisch, alle Sehnen und das übrige Weichgewebe von den Knochen, die danach klein zerschlagen wurden. Die Schädel erfuhren eine Sonderbehandlung: die Akteure der Ritualhandlungen schlugen mit gezielten Steinbeilschlägen Gesichtsschädel und Schädelbasis ab, so dass nur noch das Schädeldach (Kalotte) übrig blieb. Von diesen schalenartigen Schädelkalotten fanden sich in den Ausgrabungen etwa 500, dazu noch zahlreiche Fragmente von weiteren Schädeldächern, was die Zahl der Toten weiter erhöht. Die menschlichen Überreste wurden mit anderen wertvollen Artefakten in größeren oder kleineren Fundkonzentrationen in die offenstehenden Grabenanlagen deponiert. Strontiumisotopen-Analysen erbrachten überraschende Ergebnisse: Von fast 100 menschlichen Individuen erwiesen sind rund 90 als „Fremde“, d. h., nicht in Herxheim oder Umgebung geborene oder aufgewachsene Opfer. Bei den Analysen fielen hohe Strontium-Anteile auf: Die Personen wuchsen offenbar in höheren Mittelgebirgsgegenden mit Granit- bzw. Gneissuntergrund auf. Dies ist erstaunlich, da bisher Belege einer Besiedlung der Mittelgebirge durch Bandkeramiker fehlen. Die Vermutung, es handle sich bei den Opfern von Herxheim also um Mesolithiker, die als Gefangene in Herxheim bei Ritualhandlungen getötet wurden, widerlegen DNA-Analysen. Diese belegen, dass sich die DNA der Opfer gut in das Spektrum bandkeramischer Menschen einfügt. Damit gibt es eine ungeklärte Diskrepanz zwischen den Strontiumisotopen-Analysen und den genetischen Untersuchungen – die Identität der Toten von Herxheim ist bislang unbekannt.

Talheim (Baden-Württemberg; ~ 5000 v. Chr.)

Das Massengrab, das nahe Talheim in Baden-Württemberg gefunden wurde, datiert in einen Zeitraum, der etwa 7000 Jahre zurückliegt. Es enthielt die Skelettreste von 34 Individuen des frühen Neolithikums, das durch die Kultur der Linearbandkeramik repräsentiert wird. Diese Menschen scheinen die Opfer eines Massakers geworden zu sein, wie es die zahlreichen tödlichen Kopfverletzungen, ernsten Pfeilschusswunden und die Niederlegung aller Toten in der gleichen Grabgrube andeuten. Es wird angenommen, dass das Grab Mitglieder der gleichen Gemeinschaft enthält, die von einer anderen Gruppe angegriffen und getötet wurden.

Kilianstädten (Rhein-Main; ~ 5000 v. Chr.)

Christian Meyer, Christian Lohr, Detlef Gronenborn, Kurt W. Alt: → The massacre mass grave of Schöneck-Kilianstädten reveals new insights into collective violence in Early Neolithic Central Europe. PNAS | September 8, 2015 | vol. 112 | no. 36 | 11217–11222

Mit dem untersuchten linearbandkeramischen Massengrab von Kilianstädten in Baden-Württember werden neue schlüssige und unbestreitbare Nachweise für ein Massaker vorgelegt. Mindestens 26 Personen wurden gewaltsam durch stumpfe Gewalteinwirkung auf den Schädel und Pfeilverletzungen getötet, bevor sie in einem Massengrab wild zusammengewürfelt verscharrt wurden. Die Unterrepräsentation von getöteten Frauen auf eine mögliche Entführung jüngerer Frauen hindeuten, wie auch an anderen Fundorten vermutet wurde. Ebenso könnte die geringe Anzahl von Teenagern unter den Opfern auf ihre höheren Fluchtchancen im Vergleich zu jüngeren Kindern oder älteren Erwachsenen zurückzuführen sein, da diese das flinkste demografische Segment darstellen und nicht durch Kinderbetreuung oder körperliche Gebrechen belastet sind. Alternativ könnten sie auch gefangen genommen worden sein, um sie in die Gemeinschaft des Angreifers zu integrieren. Interessanterweise fällt diese Alterslücke in Kilianstädten mit jener Periode der Linearbandkeramiker zusammen, in der Kinder im mittleren Alter anscheinend viel aktivere und anerkanntere Mitglieder ihrer Gemeinschaften wurden und daher, wie die jüngeren Frauen im reproduktiven Alter, als ein bevorzugtes Bevölkerungssegment für die Gefangennahme betrachtet worden sein könnten. In Kilianstädten wurde auch ein völlig neues Gewaltmuster festgestellt: das absichtliche und systematische Brechen der unteren Gliedmaßen (Schien- und Wadenbeine). Die Häufigkeit dieser festgestellten Perimortem-Frakturen deutet entweder auf Folter und/oder Verstümmelung der Toten hin. Es wird vermutet, dass damit eine Verfolgung der Angreifer auch durch Geister der Getöteten verhindert werden sollte.

Halberstadt (Sachsen-Anhalt; ~5000 v. Chr.)

Meyer, Chr. et al.: → Early Neolithic executions indicated by clustered cranial trauma in the mass grave of Halberstadt. Nature Communications vol. 9, 2018.

Ein jungsteinzeitliches Massengrab im Süden von Halberstadt gibt Rätsel auf: Die neun enthaltenen Leichen stammen von 7 erwachsenen Männern zwischen 25 und 40 Jahren, einem 16-20 Jahre jüngeren Mann und einer Frau zwischen 21 und 26 Jahren, die vermutlich brutal hingerichtet wurden. Alle Opfer wurden durch einen gezielten Schlag meist auf den Hinterkopf getötet und anschließend verscharrt. Die Strontium-Isotopen-Analyse der Skelette aus Halberstadt weist sie einem völlig anderen Lebensraum zu, das heißt, dass die Aggressoren offenbar von den Verteidigern überwältigt und hingerichtet worden sind.

Keutschacher See und Hafner See

Dworsky 2021, Cyril; Meyer, Lieselore: → Die jungsteinzeitlichen Pfahlbauten in Kärnten. Sonius 2021, S. 3–8.

Meyer 2020, Lieselore: → Der Hafnersee - Unbekannte Pfahlbauten.

Kleine Zeitung Kärnten: → Verborgener Schatz im Hafnersee; 7.1.2021

Offenberger 2014, Johann: → Die neolithische „Inselsiedlung“ im Keutschacher See (Kärnten) – Eine kritische Betrachtung. ÖAB; Historica – Austria, Band 12, Jg. 2014. 55 Seiten.

Klemun 1995, Marianne: → Die Erforschung des vorgeschichtlichen „Pfahlbaus" – ein kontroversielles Kapitel der internationalen prähistorischen Forschung des 19. Jahrhunderts und Ferdinand Hochstetters Entdeckung der Keutschacher „Pfahlbauten" (1864). Carinthia II, Klagenfurt. S. 215–238.


Samonig 2003, Bertram: → Die Pfahlbaustation des Keutschacher Sees. Mitteilungen der Prähistorischen Kommission: Studien zur Pfahlbauforschung in Österreich. Materialien II; 260 Seiten. ÖAW 203 Online Edition. [Anm.: Die einzelnen Kapitel sindals PDF downloadbar: u.a.: → 60 Tafeln mit Abbildungen; 96 Seiten → Katalog. OPEN ACCESS

S. 27: … dass in einem bestimmten Zeitabschnitt die Seeuntiefe trocken fiel und in Form einer kleinen, flachen Insel aus dem See ragte. Bei den jahreszeitlich bedingten Hochständen wurde sie überspült, wobei es zu sandigen Absätzen kam. Mit einem geringen Anstieg des Wasserspiegels kam es zur Bildung von Radizellentorf, bis eine neuerliche Auffüllung des Seebeckens eine Überflutung verursachte, in deren Folge dann die bislang gebildeten Ablagerungen durch Wellenschlag bis auf geringe Reste zerstört und abgetragen wurden (Mossler 1954, 92).

Diese Deutung sah der Geologe Fritz Brandtner (Wien, Untersuchung von Moor- und Seeböden) durch das Auffinden eines Bachbettes im südöstlichen Seebereich bestätigt. Das Bachbett mit Holz- und Holzkohleeinschwemmungen lag ca. 1,5 m unter dem heutigen Wasserspiegel. Für Brandtner ist dies ein Beweis für starke Seespiegelschwankungen. Seiner Meinung nach wurde der Pfahlbau in einer Trockenperiode angelegt. Beim Wiederansteigen des Seespiegels sind Hölzer und Holzkohlestücke aus der Siedlung in das Bachbett eingeschwemmt und durch Torfbildung überdeckt worden. Wenn das zutrifft, befand sich der Pfahlbau zur einen Hälfte im Wasser, da Pfähle bis in sechs Meter Tiefe vorhanden sind, und zur anderen Hälfte auf festem Untergrund (Anm.: Diese zweite Vermutung von Brandtner trifft höchstwahrscheinlich zu, wie neue Untersuchungen von Cichocki im August 2001 ergaben. Lt. Mündl. Mitt. von O. Cichocki.)

Aktuelle IntCal20 Kalibrationskurve für die nördliche Hemisphäre

Artikel: The IntCal20 Northern Hemisphere Radiocarbon Age Calibration Curve (0–55 cal kBP) Zs. Radiocarbon 62. doi: 10.1017/RDC.2020.41. Download des Artikels: → als HTML und → als PDF

Datenquelle für die Kalibrationskurve: https://www.intcal.org/https://www.intcal.org/data.htmlhttps://www.intcal.org/curves.htmlhttps://www.intcal.org/curves/intcal20.14c.

IntCal20-Daten von 6.500 bis 4.500 calBP ≈ 4.500 bis 2.500 v. Chr.
Normalverteilung: 68,3 % der Werte im Intervall [X ± 1σ]; 95,4 % der Werte im Intervall [X ± 2σ]; mit σ (Sigma) als Standardabweichung

Die weiter unten auszugsweise angegebenen Daten der IntCal20-Kalibrationskurve werden in der Grafik für die Jahre 6.500 bis 4.500 Jahre vor heute dargestellt. Dabei erkennt man einerseits, dass die 14C-Daten ein um 600 - 850 Jahre zu geringes Alter gegenüber dem kalendarischen Alter ausweisen, andererseits dass es zu jedem 14C-Alter mehrere kalendarische Alter gibt.

Den unten angegebenen 14C-Daten von IntCal20 kann ebenfalls entnommen werden, dass diese Daten nicht für einen bestimmten Zeitpunkt X (den wahrscheinlichen Erwartungswert) sondern nur für einen bestimmten Zeitraum angegeben werden können. Diese Abweichungen vom physikalisch ermittelten Zeitpunkt X werden mittels Standardabweichung um diesen Wert (X ± σ = X ± Sigma) angegeben.

Beispiel aus dem IntCal20-Datensatz: (mit: 0-Punkt calBP = 1950 n. Chr.)

calBP, 14C age, Sigma, Delta 14C, Sigma (Daten durch Beistriche getrennt)

6000,5276,17,71.4,2.3

5995,5248,16,74.5,2.2

5990,5228,16,76.6,2.2

5985,5207,16,78.7,2.1

5980,5200,16,79.0,2.1

5975,5207,17,77.4,2.3

5970,5218,18,75.3,2.4

5965,5230,17,73.1,2.3

5960,5239,17,71.1,2.3

5955,5244,18,69.9,2.4

5950,5242,18,69.5,2.4

Curiosa

"Pfahlbauten" - Monopol

Der beschreibende Begriff „Pfahlbauten“ ist seit dem 4. Juni 2004 (nun verlängert bis 31.10.2033) eine eingetragene Marke [= ein immaterielles Monopolrecht] beim Deutschen Patent- und Markenamt. Inhaber der Wortmarke → „Pfahlbauten“ mit der Registernummer 30355957 ist der Verein für Pfahlbau- und Heimatkunde e. V. [= "Unteruhldingen"].


"Geheime" Gesetze?

Wie den nachstehenden offiziellen Informationen zu entnehmen ist gibt es ein - sehr sinnvolles - gesetzliches Tauchverbot zum Schutz von Pfahlbauten. Die diesbezügliche Regelung ist aber nicht auffindbar (weder RIS noch Oberösterreich noch BH-Bescheid).

Pohl 2022, Henrik: → Welterbetag 2022: Pfahlbauten hautnah – Eine Tauchexkursion zur Siedlung See am Mondsee: „Die Fundstellen der Pfahlbauten in den österreichischen Seen unter Wasser sind nicht nur verborgen und damit so unsichtbar wie unzugänglich, auch gehört zu den Schutzmaßnahmen der Welterbestätten ein allgemeines Tauchverbot. Dies kann durch personalisierte Ausnahmegenehmigungen (z.B. zur Erforschung und Kontrolle der Fundstellen) aufgehoben werden und dient dazu, den unkontrollierten Zugang zu den empfindlichen Siedlungsresten einzuschränken.“

Dworsky 2018, Cyril: „… wäre es schon möglich zu einer der unter Wasser gelegenen prähistorischen Siedlungen, die Teil des UNESCO-Welterbes sind, in den Attersee, Mondsee oder Keutschacher See zu tauchen. Wirklich praktikabel ist das aber nicht. Schon alleine, weil die → Pfahlbauten in Österreich alle in Tauchverbotszonen liegen.“

Auskunft der → Oö Landesregierung vom 26.2.2013: „… teilen wir Ihnen mit, dass im Jahr 2012 insgesamt 3 Ausnahmegenehmigungen vom Tauchverbot im Attersee/Mondsee erteilt wurden. Zweck dieser Ausnahmen vom Tauchverbot waren: Entfernung von Müll, Monitoring unterwasserarchäologischer Fundstellen bzw. fotograph. Dokumentation von Arealen für Pfahlbauten.“


Der (logische) Test-Prüfer zum Pfahlbauproblem

Der Test-Prüfer: Lüdi, Werner: → Pfahlbauprobleme; In: "Bericht über das Geobotanische Forschungsinstitut Rübel in Zürich" 1950:108-139; v.a. S. 126 ff.

S. 134: „Angesichts der vielen gegen Zersetzung empfindlichen Fundstücke, wie Gewebe, bearbeitete Hölzer, Samen und andere Pflanzenreste, ist eine Häufung der Kulturschicht auf trockenem Boden kaum erklärlich, vermutlich am ehesten, wenn man annimmt, die ganze Siedlung sei durch plötzliche Überschwemmung zerstört worden und dabei dauernd unter das Wasser gekommen.“

Rucker, Christian: Untersuchung des energetischen Potentials einer verzögerten Hochwasserabgabe aus dem Attersee. Diplomarbeit 2007, Institut für Wasserbau und Wasserwirtschaft, TU Graz

Eichen und deren Wachstum

Hannes Mayer: Waldbau auf soziologisch-ökologischer Grundlage; Gustav Fischer-Verlag 1977, 513 S.

Mátyás, Gabor: → Rekonstruktion der nacheiszeitlichen Einwanderung der Eichen in der Schweiz anhand ihrer Chloroplasten-DNA. (vgl. insbesondere auf Seite 12 die Abb. 1: „Pollenhinweise zur postglazialen Einwanderung der Eichen in die Schweiz“ mit der dortigen Isochore (9.000 Jahre vor heute)).

ad Schindlers Grafik: (Anm.: Z. B. hätten die Pfähle enorme Längen aufweisen müssen, wenn er auf seinem minimalen Seespiegel (403,5 m) beharrte: Pfahlfundierung ~ 1 m in Seekreide auf Kote 400 m (lt. der Abb.) plus seine Schätzung für Seehochstände von ~ 407,5 m (S. 310) plus 1 m "Freibord" der Fußböden ergäben ~ 10 m lange – sich nicht wesentlich verjüngende – Pfähle bis zur Fußbodenhöhe. Auf Fragen, wie damit die Pfähle im 3,5 m tiefen Wasser – auf Flößen mit zumindest 5 m hohem Aufbau – zielgerichtet eingerammt werden und mechanisch stabil (Sturmwellen) zu errichten wären, geht er nicht ein.)

→ vgl. hierzu auch --> LÜDI !!!

Skriptum Waldwachstum Professur Forsteinrichtung und Waldwachstum ETH Zürich

Eichenbewirtschaftung im Alpenvorland OÖ LWKa OÖ BOKU HQ BILDER

BUCH: https://www.wald-und-holz.nrw.de/fileadmin/Publikationen/Broschueren/Eichenkonzept_Wald_und_Holz_NRW_022015.pdf

Eiche - Baum- und Stammform

WACHSEN EICHEN in SOLCHE HÖHEN ? Stangenholz: Bestände mit einem durchschnittlichen BHD von 7 bis 14 cm

Deutsche Eiche HQ BILDER 5m Stammumfang 20-25 cm; = 4 cm Durchmesser

Schlankheit als Risiko Kriterium für das Versagen von Bäumen entdeckt Forschungszentrum Karlsruhe in der Helmholtz-Gemeinschaft

https://www.plantopedia.de/eiche-wachstum/ junge Eichen wachsen schneller als ältere; 40 bis 70 mm pro Jahr sind möglich; 2 m Höhe erreicht das Jungbäumchen nach etwa 4-5 Jahren; nach zehn Jahren liegt die Höhe zwischen 4 und 7 m; mit jedem Jahr verlangsamt sich das Wachstumstempo (Endgröße 15 - 35 m)

Das Wachstum von Eichen und Roteichen: Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg

https://www.waldwissen.net/de/lebensraum-wald/baeume-und-waldpflanzen/laubbaeume/eichenarten-in-oesterreich WACHSTUMs-BILD

https://www.waldwissen.net/de/waldwirtschaft/waldbau/bestandespflege/eichepflege-und-qualitaet-der-baeume STANGENHOLZ

Literatur-Sammlung

ETHZ-Suche

Jungsteinsite.de: http://www.jungsteinsite.de/

Univ. Würzburg: Vorlesung: → Neolithikum 1 – Literaturliste

Univ. Würzburg: Vorlesung: → Neolithikum 2 – Literaturliste – alle Kulturen in Mitteleuropa

Plattform – Zeitschrift des Vereins für Pfahlbau und Heimatkunde e.V. 23/24, 2014/15. (Gunter Schoebel) → Der Südwesten – Zur Situation während des Nationalsozialismus; S. 54–71.


Matthias Hardt: → Seen und Kulturlandschaftsentwicklung in Mitteleuropa - Von den Feuchtbodensiedlungen des Neolithikums bis zu den modernen Tagebaufolgelandschaften. In: Siedlungsforschung. Archäologie – Geschichte – Geographie 27, 2009, S. 7–30. (Überblick zu Pfahlbauten)

Staudacher-Buchau, W.: Gab es in vorgeschichtlicher Zeit am Federsee wirklich Pfahlbauten?; Praehistor. Zs. 1925, 16(1), p. 45-58.

Reinerth, Hans: Die Pfahlbauten des Federseemoores. Praehistor. Zs. 1927

Reinerth, Hans: Zur Pfahlbaufrage. PrHistor. Zs. 1927. Die Pfahlbauten standen seit der Eiszeit wg. TROCKENHEIT auf dem TROCKENEN.
«Wir müssen deshalb für alle bisher ohne Unterschied als Pfahlbauten bezeichneten Steinzeitdörfer am See annehmen, daß sie nicht im Wasser, sondern an dessen Ufer errichtet waren, so daß die Hauptmasse der Häuser auf trockenen Boden ohne Pfahlrost errichtet werden konnte und nur die äußersten Häuser, die den Verkehr mit dem See vermittelten und bei Hochwasser unter Wasser kamen, Pfahlbauten waren.»

Ischer, Theophil: → Waren die Pfahlbauten der Schweizer Seen Land- oder Wassersiedlungen? Anzeiger für schweizerische Altertumskunde 1928 VERSUCH: "VERNICHTUNG von REINERTH"

Lüning, Jens: → Zum Kulturbegriff im Neolithikum Prähist. Zeitschr. 47, 1972, 145-173.

Schier, Wolfram: → Extensiver Brandfeldbau und die Ausbreitung der neolithischen Wirtschaftsweise in Mitteleuropa und Südskandinavien am Ende des 5. Jahrtausends v. Chr. Prähistorische Zs., 2009.

Schier, Wolfram, Ehrmann, Otto u. Rösch, Manfred: → Experimentelle Rekonstruktion eines jungneolithischen Wald-Feldbaus mit Feuereinsatz – ein multidisziplinäres Forschungsprojekt zur Wirtschaftsarchäologie und Landschaftsökologie, Prähistorische Zs., 2009.

KULTURELLES:

Dusseldorp, Gerrit L., Amkreutz, Luc: → Foraging for Farmers? An evolutionary perspective on the process of Neolithisation in NW Europe – A case study from the Low Countries Prähitorische Zs. 2015

Przybyła, Marcin: → Mating systems in prehistoric populations. An evolutionary approach and archaeological evidence Prähistorische Zs. 2013

RESEARCHGATE-Quelle zu JACOMET

Jacomet, St.: → Plant economy and village life in Neolithic lake dwellings at the time of the Alpine Iceman (--> Arbeiten wd. des Jahres …) Zs. Vegetation History and Archaeobotany · January 2009

Jacomet, St. et al.: → Archäobotanik am Zürichsee. Ackerbau, Sammelwirtschaft und Umwelt von neolitischen und bronzezeitlichen Seeufersiedlungen im Raum Zürich. Ergebnisse von Untersuchungen pflanzlicher Makroreste der Jahre 1979-1988. ZUSAMMENFASSUNG

Jacomet, St.: → Soziale Verhältnisse vor 5400 Jahren (betrifft: Spezialisierungen in Arbon Bleiche; Zuwanderer vom Wr. Becken)

Jacomet et al.: → Bauern, Fischerinnen und Jäger: Unterschiedliche Ressourcen- und Landschaftsnutzung in der neolithischen Siedlung Arbon Bleiche 3 (Thurgau, Schweiz)?

Jacomet et al.: → Archäobiologie als sozialgeschichtliche Informationsquelle: ein bislang vernachlässigtes Forschungspotential

Jacomet, St. et al.: → Bauern, Fischerinnen und Jäger: Unterschiedliche Ressourcen- und Landschaftsnutzung in der neolithischen Siedlung Arbon Bleiche 3 (Thurgau, Schweiz)?

Jacomet, St., Leuzinger, Urs u. Schibler, Jörg: → Die jungsteinzeitliche Seeufersiedlung Arbon I Bleiche; Teil 3 Umwelt und Wirtschaft (2004)

Jacomet, St. et al.: → Neolithic Lake Dwellings in the Alpine Region (HQ allgem. Darstellg.)

Jacomet, St. u.Schibler, Jörg: → Subsistenzwirtschaft aus archäo(bio)logischer Sicht (2010)
... jedoch ist nicht mit einer häufigen Verlegung der bewirtschafteten Flächen zu rechnen: Diese müssen einen großen Wert dargestellt haben, hatte man sie einmal dem Wald abgerungen. Mit traditionellen Methoden (Pflanzensoziologie, ökologische Zeigerwerte, Arealkunde) ausgewertete Unkrautspektren, mindestens des Jung- und Endneolithikums, deuten jedenfalls auf dauerhaft bewirtschaftete Flächen hin (zusammenfassend etwa Hosch & Jacomet 2004, 128 ff.).