Kompaktes Exzerpt von Morgan

Aus atterpedia
Version vom 13. Mai 2024, 19:54 Uhr von Admin (Diskussion | Beiträge)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Morgan 1983, Alexandra (London): Die Silexpfeilspitzen vom Mondsee, OÖ, im Rahmen des Jung- und Spätneolithikums Zentraleuropas. In: Friesinger, H. (Hrsg.) Archäologia Austriaca, Band 67, Österr. AdW, Wien 1983:1–95.

Vorwort: Im Rahmen einer Dissertation bei Richard Pittioni, der als Verwalter der Sammlung dem Institut für Ur- und Frühgeschichte in Wien vorstand, wurde schließlich von Alexandra Morgan ein Ausschnitt des Fundmaterials, und zwar die Silexpfeilspitzen (Archaeologia Austriaca 67, 1983) vorgelegt. Es wäre durchaus wünschenswert, dass in weiterer Folge auch die übrigen Materialien, aufgeschlüsselt in einzelne Publikationen, in den MPK erscheinen. So könnte man eine wissenschaftliche Schuld Österreichs abtragen und den Wunsch von Frau Elisabeth Ruttkay erfüllen, die diese Aufgabe als Lebenszweck ihrer späten Jahre ansah.
Univ.-Prof. Dr. Herwig Friesinger, Wien, Mai 2013

4.2 Jung- und spätneolithische Silexpfeilspitzen im zentraleuropäischen Raum (S. 54–61)

4.3 Die Mondsee-Gruppe (S. 61)

4.3.1 Der Ursprung der Mondsee-Gruppe (S. 61–73)

Das keramische Fundgut, welches bisher die Grundlage zur Erforschung der Mondsee-Gruppe gebildet hat, lässt sich in zwei Gruppen einteilen:

  • Feingemagerte, furchen- und stichverzierte, weißinkrustierte Ware mit kleinen, bauchigen Henkelkrügen oder Töpfen;
  • Grobgemagerte und schlechtgebrannte Gebrauchskeramik für größere Töpfe mit fingertupfenverziertem Mundsaum.

Innerhalb dieser beiden Gruppen kann man keine weitere Untergliederung vornehmen, auch mangels einer durch Grabungen belegten Stratigraphie. So musste sich die Forschung in ihrer Suche nach den Wurzeln der Mondsee-Gruppe mit einer vergleichenden Studie der keramischen Formen und Verzierungselemente begnügen.

Franz und Weninger (1927: 17f.) führen die Unterschiede zwischen verzierter und unverzierter Keramik auf verschiedene Einwanderungsetappen zurück. Die verzierte Keramik soll in einem bandkeramischen, von Kulturen wie Laibach-Vucedol und Jordansmühl beeinflussten Substrat wurzeln, wobei Jordansmühl selber eine Mischgruppe von Lengyel und nordischen Elementen sei. Da aber Franz und Weninger ein solches bandkeramisches Substrat im Mondseegebiet nicht erfassen, nehmen sie an, dass die Vergesellschaftung der Elemente, die zu der Bildung der Mondsee-Gruppe geführt hat, schon vor einer eventuellen Einwanderung in dieses Gebiet stattgefunden haben muss.

In der unverzierten Keramik sehen Franz und Weninger deutlich nordische Einflüsse mit entsprechendem Formengut in Böhmen, Mähren und Bayern, besonders aber eine enge Verwandtschaft mit der südbayrischen Altheimer Gruppe.

Deshalb glauben Franz und Weninger an zwei Einwanderungsetappen:die erste, aus dem Nordosten, bringe eine bandkeramisch-nordische Mischkultur – und möglicherweise auch die Kupferbearbeitung – mit sich, während die zweite Welle wahrscheinlich aus Bayern komme. Einflüsse aus dem Bereich der Schweizer Pfahlbaukulturen seien gering: sie bestehen lediglich aus einigen gemeinsamen „nordischen“ Zügen.

Pittioni versucht die verschiedenen genetischen Elemente genauer zu bestimmen. Auch er sieht in der Mondsee-Gruppe – neben der Badener Kultur – einen Ausdruck „nordischer“ Einflüsse auf ein “donauländisches“ Substrat (1954: 174 f. und 210 ff.). Obwohl er im oberösterreichischen Kerngebiet die Etappen dieser Umformung nicht verfolgen kann, glaubt er in den Funden der Waltra-Höhle bei Jamm und dem Buchkogel bei Wildon, beide in der Steiermark, eine Vorstufe der Mondsee-Gruppe zu erkennen. Das „nordische“ Element führt er auf Einflüsse der TBK zurück, wie er sie etwa in seinem „Typus Retz“ (1954: 181 f.) zu erfassen glaubt, während er das „donauländische“, bzw. bandkeramische Substrat spezifisch in der Münchshöfener Gruppe, deren Verbreitungsgebiet sich z. T. mit dem der späteren Mondsee-Gruppe deckt, sieht (1954: 165 f.).

Auch Willvonseder (S. 328 ff.) hält die Münchshöfener Gruppe für einen genetischen Bestandteil der Mondsee-Gruppe. Er zählt z.B. alle Funde aus Stadl-Paura, die Beninger der Lengyel-Kultur zuweist, zu Münchshöfen, sowie auch diejenigen von Maxglan, während Hell in den letzteren auch viele andere Einflüsse zu erkennen glaubt (1954: 26 ff.). Willvonseder erfasst in Oberösterreich und dem Salzburger Becken eine lokale Ausprägung der Münchshöfener Gruppe, die folglich zu einem Bestandteil der Mondsee-Gruppe wird. Er lehnt Franz und Weningers Theorie von der Einwanderung einer schon außerhalb dieses Raumes modifizierten bandkeramischen Kultur ab (1963–68: 337).

Ferner versucht Willvonseder auch das nordische Element genauer zu bestimmen und glaubt es in der westslowakischen Gajary-Gruppe (Tocik 1961: 343) zu erkennen. Diese Gruppe weist Ähnlichkeiten mit Jordansmühl auf; auch Pittionis „Typus Retz“ könnte vielleicht auf sie zurückgeführt werden. Zeitlich wird sie zwischen einem späten Lengyel und der Badener Kultur eingeschaltet. Eine späte Ausprägung dieser Kultur, etwa durch Vucedol umgestaltet, könne man in Jevisovice B erfassen.

Für Driehaus (1960:122) ist hingegen im Salzburger Becken kein typisches Münchshöfen vertreten, sondern vielmehr reine Stichbandkeramik und Rössen. Obwohl er für Maxglan den Münchshöfener Einfluss gelten lässt, schiebt er im Salzburger Becken zwischen Münchshöfen und Mondsee noch Michelsberg ein (1960: 132). Bestimmend für die Eigenprägung der Mondsee-Gruppe bewertet er aber die Ähnlichkeit mit Jevisovice C1/Ohrozim – d. h. auf einander einwirkende Elemente der TBK und kannelierter Keramik – ohne deshalb an eine massive ethnische Verschiebung zu glauben (1960: 218f.)

Zusammenfassend können wir sagen, dass die Mondsee-Gruppe in einem bandkeramischen Substrat wurzelt, welches wahrscheinlich eine mehr oder weniger lokale Ausprägung der Münchshöfener Gruppe ist. Dabei dürfen wir die Einflüsse auf letztere von Kulturen südosteuropäischen Ursprungs nicht unterschätzen.

Auf dieses lokale Substrat wirken sich Einflüsse aus, deren Ursprung wiederum im Nordosten Europas – in der TBK – zu suchen sind. Wahrscheinlich haben wir es aber hier mit schon modifizierten Ausprägungen der TBK, wie der Jordansmühler Kultur oder Jevisovice C1, zu tun.

Wie wir sehen, herrscht über dieses genetische Schema in der Forschung eine gewisse Einigkeit. Jedoch die unmittelbaren Impulse, welche zu der Bildung der Mondsee-Gruppe geführt haben, können noch nicht eindeutig bestimmt werden. Wir wollen versuchen, in einem späteren Kapitel dieses Problem von einem anderen Winkel zu durchleuchten, und zwar durch die Beziehungen der Mondsee-Gruppe mit den etwa zeitgleichen, benachbarten jung- und spätneolithischen Kulturen Zentraleuropas (S. 65 ff.)

4.3.2 Die Verbreitung der Mondsee-Gruppe (S. 62–63)

Das spezifische Fundgut der Mondsee-Gruppe – stich- und furchenverzierte, weißinkrustierte Keramik, kleine Flachbeile aus Serpentin und Knaufäxte (Franz und Weninger 1927) – ist uns aus mehreren Fundstellen in den Ländern Oberösterreich, Niederösterreich und Salzburg bekannt.

Das weitaus zahlreichste Material stammt aus den Ufer- bzw. Pfahlbaustationen des Mondsees und Attersees. Die Mondsee-Stationen wurden schon eingehend besprochen (S. 1 ff.). Am Attersee kennen wir die Stationen Seewalchen I, II und III, Attersee, Aufham, Misling I und II, Kammerl, Weyregg, Puschacher (Willvonseder 1963–68), sowie Abtsdorf (Czech 1978: 89) und Litzlberg (Czech 1979: 12). Auch am Traunsee, bei Ort und Altmünster, kamen Mondsee-Scherben und Flachbeile zum Vorschein (Franz 1928: 104; Offenberger 1976b: 116).

Eine verhältnismäßig dichte Streuung von Funden weist der untere Lauf der Enns auf. Außer dem Steinschlägeratelier von Hargelsberg zwischen Enns und Steyr werden noch der Sonnbichl an der Mündung des Mühlbachtales in die Enns, die Wallermauer und die Rebensteinmauer im Mühlbachtal selbst, sowie die Langensteinerwand und die Püchlermauer im Laussatal genannt (Reitinger 1969: 57). Weitere Funde in St. Peter in der Au und Seitenstetten im Gebiet des Urlbaches weisen auf eine Verbindung zum Ybbstal hin (Kyrle 1918: 45). Dies sind die östlichsten Ausläufer der Mondsee-Gruppe. [Ruttkay (1981: 269) weist jetzt auch auf mondseeartige Keramik aus Ossarn bei Herzogenburg, NÖ und Grünbach am Schneeberg, NÖ hin, d. h. viel weiter östlich als das „klassische“ Siedlungsgebiet der Mondsee-Gruppe (Salzkammergut, Traun und unterer Lauf der Enns.)].

Nördlich der Enns, aber in unmittelbarer Nähe ihrer Einmündung in die Donau, liegen Streufunde aus Mauthausen, Edtsdorf und Limberg, sowie aus Frankenburg an der Gusen vor. Eine weitere Gruppe von Fundstellen erstreckt sich westlich von Linz bis zum Inn: Ottensheim, Lindbruck bei Waizenkirchen, Mattighofen-Moos, St. Georgen bei Obernberg und Braunau (Reitinger 1969: 56). Leider sind diese Funde ausschließlich Steingeräte, die weniger aussagekräftig sind als Keramik. Auch dass die Fundstreuung eindeutig den Wasserwegen folgt, beweist vielleicht, dass es sich hier um Handelswege und nicht um ein Siedlungsgebiet der Mondsee-Gruppe handelt.

Etwas abseits der Fundstreuungslinie Enns-Donau-Inn, möglicherweise auf einer durch weitere Funde noch nicht belegten Verkehrslinie Traun-Donau, liegt die Paura (Gem. Stadl-Paura, OÖ). Diese Höhensiedlung unterhalb der Einmündung der Ager in die Traun, südlich von Lambach, wurde durch E. Beninger 1956–58 eingehend untersucht und teilweise ausgegraben (Beninger 1961). [s. auch J. Driehaus, Rezension von Beninger in Bonner Jahrbücher 171, 1971, S. 678–680.] Sie weist eine dauernde Besiedlung vom Mittelneolithikum bis in die frühe Bronzezeit auf. Sie gilt als Landsiedlung der Mondsee-Gruppe, obwohl Beninger dieser Zuweisung im Lichte der überaus unklaren Stratigraphie nicht ohne Einschränkungen machen kann (1961: 138f.). Für Reitinger (1969: 57) ist hier Mondseekeramik über einer Münchshöfener Schicht bewiesen.

Besonders zahlreich sind die Fundstellen im Salzburger Becken: Salzburg-Liefering, Salzburg-Landeskrankenhaus, Maxglan, der Rainberg, Morzg, der Hellbrunner Berg, der Grillberg bei Elsbethen, Hallwang und Muntigl. Östlich davon werden noch der Schlossberg bei Mattsee und der Tannberg bei Köstendorf genannt. Im Süden, in Richtung der Kupferbergbauzone des Mitterbergs sind uns der Georgberg bei Kuchl und besonders der Götschenberg bei Bischofshofen bekannt. Pittioni erwähnt ferner ein Mondseebeil bei St. Veit im Pongau und schließt ein Vordringen der Mondsee-Leute jenseits der Tauern nicht aus. Am westlichen Rande des Salzburger Beckens erscheint Mondsee-Keramik am Auhögl bei Ainring (Ldkr. Laufen, Oberbayern).

Leider können wir nicht immer annehmen, dass es sich bei diesen Fundstellen um Siedlungen der Mondsee-Gruppe handelt. Es ist besonders schwierig, an Hand der Berichte Martin Hells ein klares Bild zu gewinnen. Hells Grabungen sind immer kleinflächig und meistens auf gestörtem Siedlungsboden. Er veröffentlichte weder Stratigraphien noch genügend Fundmaterial; seine kulturellen Zuweisungen sind oft umstritten. Für Hell ist das gesamte Mondsee-Fundgut im Salzburger Becken lediglich Importware innerhalb von Altheimer Siedlungsgebiet, ein Niederschlag der bergmännischen Tätigkeit der Mondsee-Leute (s. Hell, gesamtes Literatur-Verzeichnis, insbesondere 1955:14; ferner Driehaus 1960: 120 ff; Pittioni 1954: 213; Willvonseder 1963–68: 342 ff.).

4.3.3 Die Pfeilspitzen der Mondsee-Gruppe (S. 63–65)

In diesem Kapitel untersuchen wir alle Pfeilspitzen aus Fundstellen der Mondsee-Gruppe, mit Ausnahme des vorliegenden Materials vom Mondsee, selbst.

Neben der großen Anzahl der Pfeilspitzen aus See stammt die nächst zahlreiche Gruppe aus den Stationen des Attersees. Insofern wir aus Willvonseders Beschreibung und Abbildungen Schlüsse ziehen können, sind die Attersee-Pfeilspitzen mit denen vom Mondsee identisch.

Außer den Pfeilspitzen aus den Attersee-Stationen sind nur sehr wenige Pfeilspitzen bekannt, welche man zu der Mondsee-Gruppe zählen kann (wegen fehlender Vergesellschaftung mit Mondseer Keramik: Hell, Willvonseder, Beninger, Pittioni, untere Enns).

4.3.4 Beziehungen der Mondsee-Gruppe zum Jung- und Spätneolithikum Zentraleuropas (S. 65–69)

Als erster lenkte Reinecke in seiner Bearbeitung von Altheimer Funden (1924: 13f.) die Aufmerksamkeit auf eine Verwandtschaft zwischen Altheim und Mondsee. Mit Recht wies aber Pittioni (1954: 212) auf den Mangel an Verzierung auf der Altheimer Keramik hin. Da auch die Mondsee-Gruppe z. T. unverzierte Keramik führt, versucht Pittioni diesen Unterschied durch „zeitliche Momente“ zu erklären. [Willvonseder glaubte, dass bei der Bergung der Keramik aus den oberösterreichischen Seen eine Auswahl zugunsten der verzierten Keramik stattfand (1963–68: 251).]

In seiner Altheim-Monographie untersucht Driehaus eingehend die möglichen Beziehungen zwischen den zwei Gruppen (1960: 115 ff.). Die Unterschiede in der Keramik gehen s. E. weit über den Mangel an Verzierung hinaus und lassen sich nicht durch eine zeitliche Staffelung erklären. Weitere Unterschiede sieht Driehaus auch im Fels- und Knochengerät, sowie in dem Fehlen der typischen Mondsee-Tierplastiken. Lediglich das Silexgerät sei ähnlich, besonders die Sicheln und die Pfeilspitzen, „die denen der Altheimer Gruppe in der Variationsbreite entsprechen“ (1960: 117). Diese Feststellung bezieht sich ganz besonders auf das Ersetzen – vor allem in Altheim – der herkömmlichen Klingentechnik durch den Gebrauch von Plattensilex (vgl. Maier 1964: 62).

Leider konnten wir die Altheimer Pfeilspitzen nicht untersuchen, noch ist es möglich an Hand der Abbildungen eine gründliche Auswertung zu unternehmen. Wir haben aber folgende Vergleiche aufstellen können:

Von den 56 abgebildeten Pfeilspitzen (Driehaus 1960: Taf. 37 u. 38) haben wir 31 Exemplare gemessen; die weiteren 25 waren beschädigt. Die Messungen ergaben folgende Durchschnittswerte für Altheim gegenüber Mondsee (Gruppe I–III):

  • Länge: 34 mm gegenüber 28mm
  • Breite: 20 mm gegenüber 19 mm
  • L zu B: 1,72 gegenüber 1,53

Somit sind die Mondsee-Pfeilspitzen in ihrer Form etwas gedrungener als die Altheimer Exemplare. Interessant ist, dass auch in Altheim die Durchschnittsbreite innerhalb der idealen Breite für die Schäftung bleibt (S. 48, 50).

Die Ausbildung der Schneiden, meist leicht konvex, seltener gerade und ganz selten konkav, sowie die häufige Asymmetrie der Flügelausbildung im Bereich der Basis entspricht völlig dem vorliegenden Material.

Einen gravierenden Unterschied finden wir hingegen in der Basisausbildung. Unter den 174 Pfeilspitzen aus Altheim selbst haben laut Driehaus nur 3 Spitzen eine gerade Basis (1960: 29), während in unserem Material die Pfeilspitzen mit gerader Basis über 27% ausmachen.

Driehaus hebt auch hervor, dass alle Pfeilspitzen, mit einer Ausnahme, aus Plattensilex hergestellt sind. Dies ist in See nicht der Fall, aber der Plattensilex ist bei den Pfeilspitzen mit eingezogener Basis (Gruppen I u. II) viel häufiger als bei den Pfeilspitzen mit gerader Basis (Gruppe III), besonders wenn man alle jene Exemplare mitzählt, die zwar keine Matrix aufweisen – und deshalb nicht ausdrücklich als Plattensilex bezeichnet wurden – aber deren Farbe und Struktur (“graubraun mit schwarzen Flecken“ oder „graubraun gebändert“) dem Plattensilex genau entsprechen.

Ferner unterstreicht Driehaus, dass in Altheim „grob zugeschlagene Stücke gänzlich fehlen“. Nun ist aber gerade wieder bei der Mondsee-Gruppe III (mit gerader Basis) die Bearbeitung viel gröber: während bei den Gruppen I und II 43% und 49% der Flächen vollständig retuschiert sind, ist dies nur bei 30% in der Gruppe III der Fall. Ferner sind bei den Gruppen I und II nur 17 bzw. 18% der Flächen unretuschiert, bei Gruppe III 30%. Schließlich sind in letzterer Gruppe auch die Schneiden öfter steil retuschiert.

Wir stellen also fest, dass die Pfeilspitzen der Mondsee-Gruppe III mit ihrer geraden Basis, der seltenen Verwendung von Plattensilex und ihrer groben Bearbeitung sich stark von den Pfeilspitzen aus Altheim abheben. Sie haben einen „altertümlichen“ Charakter, der etwa an Rössener oder sogar an bandkeramische Pfeilspitzen erinnert. Sicher wäre es voreilig, aus diesen Betrachtungen chronologische Schlüsse ziehen zu wollen, zumal z. B. auch die Schnurkeramik grob- bzw. randretuschierte Pfeilspitzen (meistens aber mit eingezogener Basis) führt und Altheim in der Forschung früher angesetzt wird als die Mondsee-Gruppe. [Anm.: was heute als umgekehrt angesehen wird.]

Die chronologische Stellung der Altheimer Gruppe ergibt sich für Driehaus aus den folgenden Betrachtungen:

  • Die enge Verwandtschaft mit dem mitteldeutschen/böhmischen Baalberge und dem mährischen Jevisovice C2 – noch vor der Herausbildung von Salzmünde und Jevisovice C1 – stellt Altheim in eine relativ frühe Phase des Jungneolithikums (Driehaus 1960: 209).
  • Die Beziehungen Altheims zur Pfyner Gruppe. In diesem Zusammenhang bringt Driehaus (1960: 210) keine genaueren zeitlichen Anhaltspunkte. Es könnte sich auch um die Übernahme gewisser Züge handeln, die eine zeitliche Staffelung zwischen Pfyn und Altheim nicht ausschließen.
  • Wegen der räumlich einander ausschließenden Verbreitung nimmt Driehaus (1960: 136) an, dass Altheim und Michelsberg nebeneinander – jedoch einander gegenseitig ablehnend – bestanden haben müssen. Lüning (1967: 149 u. Tab. I) behauptet, dass dies während den Stufen IV/V von Michelsberg der Fall war. Somit ergibt sich auch eine zeitliche Überlappung Altheim-Pfyn, denn für Lüning ist Pfyn zeitgleich mit der Michelsberger Stufe IV.

Die Mondsee-Gruppe setzt Driehaus allgemein später an als Altheim:

  • Wegen der Beziehungen der Mondsee-Gruppe zu Jesivovice C1/sub>, während sich Altheim schon zur Zeit von Jevisovice C2 herausgebildet hat (1960: 209) hat.
  • Driehaus zählt jenes Keramikmaterial im Salzburger Becken, welches Hell durchwegs für Altheimer Material hält, zu Goldberg III, der Gruppe, welche Altheim in ihrem Verbreitungsgebiet ablöst. Somit müssen die zahlreichen Mondseefunde, die mit dieser Keramik vergesellschaftet sind, auch später als Altheim sein. Nur am Auhögl bei Ainring, am Rande des Salzburger Beckens, sieht Driehaus ein Überlappen Altheim-Mondsee (1960: 131).

Die Ähnlichkeit zwischen der Mondsee-Keramik und der Vucedol-Keramik [früher „Laibach-Vucedol“ oder „Slawonische Kultur“, jetzt allgemein als „Vucedol-Kultur“ bezeichnet] wird immer wieder hervorgehoben und auf genetische und chronologische Beziehungen hin untersucht. U. E. macht die Mondsee-Keramik mit ihrer relativen Formenarmut und ihrer viel gröberen Ausführung doch einen sehr verschiedenen und primitiveren Eindruck. Leider ist es uns nicht gelungen, das Silexmaterial der Vucedol-Kultur einzusehen: die meisten Veröffentlichungen bringen keine Abbildungen von Silexmaterial. Laut Laviosa-Zambotti (1943: 253) sind die Pfeilspitzen z. T. lorbeerblattförmig.

Die Vucedol-Kultur dehnt sich über ein weites Siedlungsgebiet aus, welches sich von Sirmien und Bosnien über Slawonien und Westungarn bis in die Slowakei erstreckt. Ob es auch Siedlungen dieser Kultur in Österreich, Böhmen und Mähren gegeben hat, ist umstritten (Willvonseder 1940: 19f.).

Genetisch weist Vucedol sowohl Lengyel- bzw. bemaltkeramische, wie auch Badener Elemente auf. Sie ist ebenfalls mit der Lasinja-Kultur (Leben 1973) verwandt, obwohl es nicht klar ist, ob sich die Vucedol-Kultur aus der Lasinja-Kultur entwickelt hat oder ob sie in einem Badener (bzw. Kostolacer) Substrat wurzelt (s. z. B. Zeravica und Luka 1978: 102). Laut Tasic (1969: 114 ff.) lassen sich sowohl Pittionis Typus Pölshals-Strappelkogel wie auch das Fundmaterial vom Laibacher Moor und die Mondsee-Gruppe direkt auf Lasinja zurückführen.

Bandi (1966: 506 f.) sieht die Herausbildung von Laibach und Vucedol als die Folge einer Bewegung der Schnurkeramiker in südöstlicher Richtung, wobei sich ein Teil der Urbevölkerung zwischen Drau und Save nach Westen zurückzog, wo sich die Vucedol-Kultur herausbildete, während ein anderer Teil sich mit den neuen Siedlern vermischte und die „Laibacher Moor-Mischkultur“ begründete. Laviosa-Zambotti (1943: 404) hingegen nimmt eine Bewegung von Süden nach Norden an. So erklärt sie die im Vergleich mit Vucedol primitiver wirkende Keramik der Mondsee-Gruppe.

Es ist aber nicht klar, ob sich die Einflüsse aus Norditalien direkt auf Vucedol ausgewirkt haben. Franz (1931: 105 ff.) bemerkt z. B., dass die Keramik aus dem Keutschachersee in Kärnten gar nicht derjenigen aus dem Laibacher Moor gleiche: „sie gehört vielmehr zur oberitalienischen Pfahlbaukultur" und ähnle auch der Keramik vom Kanzianberg, vom Strappelkogel und anderen südsteirischen und Kärntner Fundstellen. Childe (1929: 212 ff.) sieht in Vucedol auch Einflüsse aus dem Ostmittelmeerraum.

In Österreich untersuchte Pittioni einerseits den Einfluss von Laibach-Vucedol auf die Badener Kultur und andererseits „das Wirksamwerden der Einzelgrabkultur“ (bzw. der Schnurkeramik). Seiner Meinung nach wurden weder das südliche Salzburg noch Oberösterreich von diesen kulturellen Strömungen erfasst. Eben deshalb habe die Mondsee-Gruppe ihre eigene typische Ausprägung noch lange beibehalten können. Pittioni hebt nur die möglichen Laibach-Vucedol-Elemente in seinem Typus Pölshals-Strappelkogel hervor, der vielleicht über die Funde der Waltrahöhle oder des Kanzianbergs mit der Mondsee-Gruppe in einer gewissen (genetischen) Beziehung stehe (1954: 169 ff u. 208 ff). Auf eine direktere Beziehung zwischen der Vucedol-Kultur und der Mondsee-Gruppe weist Pittioni u. W. nicht hin.

Die chronologische Stellung der Vucedol-Kultur ergibt sich aus den erwähnten Kontakten. Während Dimitrijevic (1956) die ältere Phase für zeitgleich mit Baden-Kostolac hält, ist sie für Garasanin (1961) und Novotny (1966) einwandfrei jünger. Tasic, der nur die Lasinja-Gruppe als zeitgleich mit Kostolac betrachtet, setzt den Anfang von Vucedol unmittelbar vor den Beginn der Bronzezeit, in absoluten Daten etwa zwischen 2600 und 2200 v. Chr., während er die jüngste Phase noch im Übergang zwischen der mittleren und späten Bronzezeit zu erfassen glaubt (Tasic 1960: 156). Für Neustupny ist die Vucedol-Kultur älter als die GBK, was in absoluten Daten etwa mit den frühen Daten von Tasic übereinstimmt. In Österreich spricht sich Pittioni für die Gleichzeitigkeit von einem späten Baden, den Einflüssen der Laibach-Vucedol-Kultur, einer jüngeren Phase der Einzelgräberschicht (bzw. Schnurkeramik) und der GBK aus (1954: 242). Die C14-Daten vom Laibacher Moor, dem Keutschacher- und Hafnersee liegen zwischen 3900 und 2400 und könnten etwa für den Zeitpunkt des Herausbildens der Vucedol-Kultur gelten.

Obwohl die Badener Kultur zumindest eine zeitlang die Mondsee-Gruppe im Osten begrenzt, haben die möglichen Kontakte, welche wir wohl annehmen dürfen, im Fundgut keinen Niederschlag gefunden. Die Pfeilspitzen der Badener Kultur, von denen wir in der Literatur nur eine sehr kleine Auswahl aus dem Karpatenbecken (Banner 1956) und aus Niederösterreich (Bayer 1928) kennen, weisen viel öfter eine gerade als eine eingezogene Basis auf. Sie scheinen meist ganzflächig aber nicht sorgfältig gearbeitet. Matrixspuren sind nicht vorhanden, woraus man schließen kann, dass der Plattensilex hier nicht oder selten benutzt wurde. Die oft grobe Formgebung und ungleichmäßige Ausbildung der Schneiden (konvex/konkav) tragen zu einem „altertümlichen“ Eindruck bei. Insoferne man überhaupt von einem so kleinen Muster Schlüsse ziehen kann, gleicht das Material unserer Gruppe III oder den Gruppen I.3 und II.3. Pittioni sieht im Fehlen von Querschneidern den „durch die nordische Einwirkung erfolgte(n) Kontinuitätsbruch“ (1954: 202), wobei er wahrscheinlich an die Querschneider in bemaltkeramischem und Münchshöfener Kontext denkt (1954: 157 u. 167.)

Leider haben wir zu wenig Silex-Material gefunden, um jene im Osten Zentraleuropas verbreitete Kulturen zu untersuchen, die entweder bei der Herausbildung der Mondsee-Gruppe eine Rolle gespielt haben können oder sonst durch die Forschung mit ihr in Beziehung gebracht worden sind. Für die Gajary-Gruppe, Jevisovice C2, C1 und B und Rivnac gibt es z. T. ausführlichere Fundkataloge der Keramik, während die Spaltindustrie wenig oder gar nicht erwähnt oder abgebildet wird (s. z. B. Medunova-Benesova 1964 und 1972, Tocik 1961, Ehrich und Pleslova-Stikova 1968). Lediglich für die Jordansmühler Kultur kennen wir neben einer Keramik die einige Ähnlichkeit mit der Mondsee-Keramik aufweist, auch einige Pfeilspitzen (Novotny 1950: Abb. 23). Diese sind dreieckig, mit gerader oder nur leicht und unregelmäßig eingezogener Basis. Die Schneiden sind gerade oder konvex aber nicht unbedingt symmetrisch, die Retuschen sind eher an den Rändern als auf den Flächen. Zwei Exemplare tragen Spuren der Matrix, dürften also aus Plattensilex sein. Diese Pfeilspitzen ähneln sowohl denen der Badener Kultur wie dem vorliegenden Material.

Inwiefern die Kulturen im Westen Zentraleuropas auf die Mondsee-Gruppe Einfluss gehabt haben, ist schwieriger zu bestimmen. Wie schon erwähnt, scheint die Michelsberger Kultur in unserem Raum kaum eine Rolle gespielt zu haben. R. A. Maier weist auf weiträumige Beziehungen, wie z. B. mit Fontbouisse, Schussenried oder Polling (1962).

Während die Keramik der in Südfrankreich dem Chasséen folgende Fontbouisse-Gruppe in ihrer Verzierung (Halbkreis- und Bodenmuster) an die Mondsee-Keramik erinnert, ist das Pfeilspitzeninventar (lorbeerblattförmige, rhombische oder Pfeilspitzen mit Stiel und Widerhaken) völlig anders (Audibert 1954: 443 ff.: Bailloud 1961: 502).

Hingegen haben Schussenried und die Mondsee-Gruppe eine ganze Reihe von gemeinsamen Zügen (s. auch Reinerth 1936):

  • In der Keramik: Formen (Trichtertöpfe und Henkelkrüge), Verzierungstechnik (Tiefstich und z. T. auch Inkrustation), Verzierungsmotive (Fingertupfenleisten, hängende Dreiecke, usw.).
  • Siedlungsweise: Moor- und Uferrandsiedlungen.
  • Die gemeinsame Verwandtschaft mit Jordansmühl.

Auch die Pfeilspitzen scheinen – wiederum von einem sehr kleinen Muster her zu schließen – recht ähnlich. Sie sind dreieckig, meist mit leicht eingezogener Basis, beidflächig, einflächig oder nur randretuschiert (s. z. B. Lüning und Zürn 1977: 51 und Taf. 58, 2; 70, 2; 90, 3; 100, 5; 105, 12; 110, 2; 114, 5). Eine Pfeilspitze mit konvexer Basis (Taf. 114, 8) gehört vielleicht nicht in die Schussenrieder Schicht.

Mit dem nähergelegenen Polling (Ldkr. Weilheim, Bayern) welches seinerseits sowohl mit Altheim wie mit Aichbühl/Schussenried und Lutzengüetle verwandt ist, hat die Mondsee-Gruppe weniger gemeinsam. Aber die Pfeilspitzen gleichen dem vorliegenden Material in jeder Beziehung: gerade oder eingezogene Basis, feine Flächenretuschen aber auch Exemplare mit gröberen Randretuschen, Gebrauch von Plattensilex. Eine Ausnahme bilden 5 mandelförmige Pfeilspitzen, die einen völlig anderen Eindruck machen als die Pfeilspitzen mit konvexer Basis unserer Gruppe IV. Die sogenannten Lanzenspitzen erinnern in ihrer Bearbeitung, insbesondere im Basisbereich, an einige unserer Halbfabrikate.

Wegen der Beziehungen zwischen Altheim und Pfyn, auf welche Driehaus aufmerksam macht, liegt es nahe, auch nach etwaigen Kontakten zwischen der Mondsee-Gruppe und den Schweizer „Pfahlbaukulturen“ zu suchen. Driehaus sieht hier gemeinsame Züge in Keramik und Felsgerät sowie – bis zu einem gewissen Grad – im Pfeilspitzenmaterial. Das übrige Silexmaterial, mit seiner ausgeprägten Klingentechnik und dem gänzlichen Fehlen von Plattensilex wirke völlig anders; auch das Knochengerät sei verschieden (1960: 146). Auf das Metallinventar kommen wir noch zu sprechen.

Wir kennen einige Pfyner Pfeilspitzen (Baer 1959, Winiger 1971: Taf. 47, 2–14, 16, 17): sie sind dreieckig, mit gerader oder eingezogener Basis. Eine Ausnahme bilden 2 Stielspitzen und eine Pfeilspitze mit konvexer Basis. Oft lässt sich noch die Herstellung in Klingentechnik erkennen. Einige Exemplare weisen Spuren von Matrix auf. Wenigstens eine Fläche ist meistens ganz retuschiert; die Schneidenretusche ist manchmal steil. Allgemein machen diese Pfeilspitzen einen gröberen Eindruck als das Altheimer Material und ähneln eher den gröberen Stücken aus See.

Das gleiche darf man auch von den Pfeilspitzen der Cortaillod-Kultur sagen. Hier kennen wir ein umfangreiches Material, besonders die 98 Pfeilspitzen von Burgäschisee-Süd (Bandi 1973: 9ff.). Die Ähnlichkeiten mit unserem Material sind zahlreich. Wie in See hat etwa ein Viertel der Exemplare eine gerade, die Hälfte eine mehr oder weniger stark eingezogene und nur 3 Stücke eine konvexe Basis. Eine Pfeilspitze hat eine rhombische Form (Tafel 8d).

Nach den Messungen, die wir an den Abbildungen (M 1 : 1) vorgenommen haben, entspricht die Variationsbreite der Pfeilspitzen der aus See. Die Messungen ergaben folgende Durchschnittswerte für Burgäschisee-Süd gegenüber Mondsee (Gruppe I–III):

  • Länge: 30 mm gegenüber 28mm
  • Breite: 18 mm gegenüber 19 mm
  • L zu B: 1,64 gegenüber 1,53

Wir finden in Burgäschisee-Süd verhältnismäßig wenige sehr kleine Exemplare, was wahrscheinlich eher ergologisch als typologisch erklärt werden kann. Die Schneiden sind konvex oder gerade, nie konkav; aber sie haben öfter als in See eine ungleiche Ausbildung. Zahlreiche Stücke haben eine asymmetrische Basis. Ferner weisen viele Spitzen – auch solche mit eingezogener Basis – eine gewisse Seitenständigkeit auf: in See war dieses Merkmal eher an den Pfeilspitzen mit gerader Basis zu sehen.

Der wichtigste Unterschied ist, dass in Burgäschisee-Süd die Flächen viel seltener muschelig bearbeitet sind. Viel öfter lässt sich hier die Struktur des Grundtyps erkennen, sei es ein grober Abschlag oder ein Klingenfragment. Andererseits weisen mehrere Exemplare auch verschiedentlich Retuschierung (steil/flach) der Flächen im Basisbereich auf. Die unfertigen Stücke oder Halbfabrikate sind, wie bei unserem Material, meist nur im Spitzenbereich bearbeitet.

Da wir beim Mondsee-Material öfters die Möglichkeit eines zeitlichen Unterschieds zwischen den gröber wirkenden Pfeilspitzen mit gerader Basis (Gruppe III) und den flächenretuschierten Pfeilspitzen mit eingezogener Basis (Gruppe I und II) erörtert haben, möchten wir dieses Problem auch in Burgäschisee-Süd untersuchen. Hier liegt laut Bandi [Bandi 1966, H.-G.: Die Auswertung von Ausgrabungen im neolithischen Uferdorf Seeberg. Burgäschisee-Süd, Kt. Bern, Paleohistoria 12, 17–32.] eine einzige Besiedlungsphase vor, d. h. zumindest, dass es keine Siedlungsunterbrechungen mit darauffolgenden Wiederbesiedlungen gegeben hat. Die 17 vorhandenen C14-Daten erstrecken sich von ca. 5075–4400 BP, d. h. über eine Zeitspanne von etwa 700 Jahren. Aber nach verschiedenen Erwägungen meinen Müller-Beck und Oeschger (1967: 165): „Es ist besser auf eine positive Aussage über die relative Siedlungsdauer nur auf Grund der C14-Daten zu verzichten. Es ist unwahrscheinlich, dass die Siedlung länger als rund 300 Jahre bestanden habe“.

Da bisher die genauen stratigraphischen Befunde der Grabung noch nicht veröffentlicht worden sind, wissen wir nicht, ob sich eventuell Schichtenpakete voneinander unterscheiden lassen und ob eine Feingliederung der Pfeilspitzen möglich ist.

Die Pfeilspitzen, die wir aus anderen Fundorten der Cortaillod-Kultur kennen, entsprechen denen von Burgäschisee-Süd. Sogar Stationen wie Vallon des Vaux (Kt. Waadt) und Petit-Chasseur (Kt. Wallis), deren Keramik so stark von der üblichen Cortaillod-Keramik abweicht, dass man hier von Einflüssen von Chassey bzw. Lagozza *) spricht, weisen sehr ähnliche, vielleicht etwas gröber bearbeitete Pfeilspitzen auf, die mit jenen von Chassey oder Lagozza nichts zu tun haben. Bemerkenswert sind einige Pfeilspitzen aus Muntelier, einem Fundort der Cortaillod-Kultur im Kt. Freiburg, die eine gänzlich unretuschierte, durch Bruch gebildete Basis aufweisen. Vielleicht gehört das eine oder andere Exemplar unserer Gruppe V diesem Typus an.
[*) Das französische Chasséen (Bailloud 1964 und 1971; Bailloud und Mieg de Boofzheim 1955; Phillips 1971) und die norditalienische Lagozza-Kultur (Laviosa-Zambotti 1939; Brea 1956; Guerreschi 1967) bilden mit Cortaillod einen großräumigen neolithischen Kulturkomplex. Gemeinsame Züge weist vor allem die Keramik, viel weniger hingegen die Gesteinsindustrie oder die Siedlungsform auf. Ganz verschieden sind vor allem die Pfeilspitzen (S. 57f.): nur die Pfeilspitzen der Cortaillod-Kultur gleichen dem vorliegenden (Anm.: Mondseer) Material.]

Vergleicht man nun die Pfeilspitzen von Mondsee, Cortaillod und Altheim, so nimmt Mondsee in Form und Bearbeitung etwa eine „Mittelstellung“ zwischen Cortaillod mit groben und seltener flächenretuschierten Stücken mit gerader oder eingezogener Basis und oft ungleichmäßiger Schneidenausbildung, und Altheim mit sehr schön bearbeiteten, symmetrischen Exemplaren mit ausschließlich eingezogener Basis ein. Natürlich müssten diese Beobachtungen durch eine viel exaktere Aufnahme des Materials bestätigt werden; und auch dann können wir vorerst daraus keine weiteren, besonders keine chronologischen Schlüsse ziehen.

Die Horgener Kultur, die auf dem Schweizer Plateau Cortaillod und Pfyn ablöst, weist in ihrem Pfeilspitzenmaterial auch Ähnlichkeiten mit den Pfeilspitzen von Mondsee auf. Aber nur die frühen Horgener Schichten führen ausschließlich dreieckige Pfeilspitzen mit gerader oder eingezogener Basis. Diese werden allmählich in den Lüscherzer Fundschichten durch Pfeilspitzen mit konvexer Basis, rautenförmigen Stücken oder Stielspitzen abgelöst (Itten 1970: 26 u. Abb. 6; Voruz 1977: Abb. 11, 13, 16, 18).

Die Möglichkeit von Kontakten zwischen der Mondsee-Gruppe und Pfyn bzw. Cortaillod, hoben auch Sangmeister und Strahm (1973) wegen der Ähnlichkeiten gewisser Metallfunde und dem Gebrauch von „Arsenbronze“ hervor. Diese arsenhaltige Kupferlegierung, deren frühester Gebrauch in der Pyrenäenhalbinsel belegt ist, sei über das Mittelmeer, den Balkan und den nördlichen Rand der Alpen in die Schweiz gelangt (1973: 218 ff.)

Der Metallhandel im Ostalpenraum und die daraus erwachsenden Süd-Nord und Ost-West Verbindungen dürften auch die öfters hervorgehobenen Kontakte von Altheim, Mondsee und Vucedol mit den norditalienischen kupferzeitlichen Kulturen von Remedello und Rinaldone erklären, Kontakte, welche Maier (1964: 82) auch auf das frühbronzezeitliche Polada erstreckt.

Die Pfeilspitzen von Remedello sind entweder blattförmig-langgezogen oder dicke Stielspitzen (Müller-Karpe 1974: 181 u. Taf. 439; Radmilli 1975: Taf. 36), während Rinaldone nur Stielspitzen zu führen scheint (Müller-Karpe 1974: 180 u. Taf. 437; Radmilli 1975: Taf. 34). In der frühbronzezeitlichen Polada-Kultur treten neben den Stielspitzen auch dreieckige Pfeilspitzen mit eingezogener, gerader, konvexer oder rhombischer Basis auf (Barich 1971: 108ff.). Das Erscheinen dieser Formen in Norditalien muss hervorgehoben werden, denn sie entspringen keiner bodenständigen Tradition. Aspes und Fasani betrachten sie als Import der mitteleuropäischen GBK (1974: 325 ff.).

Kontakte mit der Schnurkeramik oder der Glockenbecherkultur sind im Fundgut der Mondsee-Gruppe nicht zu erkennen. Beide Kulturen sind sowohl in Oberösterreich (Reitinger 1969: 76 u. 82) wie im Salzburger Becken spärlich belegt (Hell 1944–50: 173 ff. und 1953 f.; Pittioni 1954: 239, 251).

Dieser schematische Überblick zeigt, wie schwierig es ist, das Wesen der Beziehungen zwischen der Mondsee-Gruppe und ihren räumlich-zeitlichen Nachbargruppen zu erkennen. Das Heranziehen der Pfeilspitzen als Vergleichsmaterial trägt zu einem noch komplizierteren Gesamtbild bei. So haben wir z. B. zeigen können, dass die Pfeilspitzen von Altheim nur einem Teil der Pfeilspitzen vom Mondsee entsprechen. Andererseits kann die Ähnlichkeit der Pfeilspitzen von Pfyn bzw. Cortaillod vielleicht die an Hand der Metallgeräte vorausgesetzten Kontakte mit dem Mondsee bestätigen.